John Henry Mackay
Lyricist
1.
1.1.
John Henry Mackay wurde am 6. Februar 1864 in Greenock, Schottland geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters zog er mit seiner deutschen Mutter Luise Ehlers nach Saarbrücken, wo er seine Kindheit verbrachte. 1883 trat er in Stuttgart eine Stelle als Lehrling in einem Verlagshaus an, in den folgenden Jahren besuchte er als Gasthörer einige Kurse in Philosophie, Literatur- und Kunstgeschichte an den Universitäten Kiel, Leipzig und Berlin. Ein beträchtliches Erbe – seine Mutter, die 1902 starb, stammte aus einer gut situierten Hamburger Kaufmannsfamilie – garantierte ihm für viele Jahre ein Auskommen und ermöglichte ihm ausgedehnte Reisen durch ganz Europa.1 Nach Aufenthalten in London, Paris, Rom und Zürich hatte er ab 1894 seinen Lebensmittelpunkt in Berlin.
Nach seinem Debüt mit dem Lyrik-Band Kinder des Hochlands (1885) erregte Mackay mit der anarchistischen Gedichtsammlung Sturm erstmals Aufsehen in der literarischen Welt. Die Novellen Existenzen und Nur eine Kellnerin sind hingegen dem literarischen Naturalismus zuzurechnen. Die Beschäftigung mit der Philosophie von Max Stirner und vor allem der Theorie des “individualist anarchism”2 in dessen Hauptwerk Der Einzige und sein Eigentum (1845) hatten tiefgreifenden Einfluss auf das künstlerische Schaffen und das Leben Mackays. Die Erforschung und Herausgabe von Stirners Schriften geriet ihm zu einer Lebensaufgabe; 1898 erschien seine Biografie Max Stirner: Sein Leben und sein Werk . Auf Basis der Stirner-Rezeption entstanden auch seine kulturphilosophischen und propagandistischen Schriften zum Anarchismus: The Anarchists: A Picture of Civilization at the Close of the Nineteenth Century (1891) sowie die gemeinsam mit dem Verleger Bernhard Zack herausgegebene Schriftenreihe Propaganda des individualistischen Anarchismus in deutscher Sprache (1895–1909), in der unter anderem Werke von Tolstoj und des engen Freundes Benjamin R. Tucker (Sind Anarchisten Mörder?) erschienen und in die auch Rudolf Steiner involviert war.
Ein zentrales Thema auch des künstlerisches Schaffens war für Mackay die Homosexualität, derer er sich um 1886 bewusst wurde.3 Ab den 1890er Jahren kreisen Mackays Werke wesentlich um das Thema der Liebe von Männern zu Knaben. In den unter eigenem Namen geschriebenen Gedichten (u.a. Das starke Jahr; 1890) wird diese nur implizit thematisiert, da das Geschlecht der Liebenden dort zumeist ungenannt bleibt.4 Ab 1905 begann Mackay im anarchistischen Journal Der Eigene, das offen gegen die Ächtung von Homosexualität eintrat, Gedichte und Erzählungen unter dem Pseudonym Sagitta (lateinisch: Pfeil) zu publizieren, die offen homoerotische Erfahrungen zum Inhalt haben. Im selben Zeitraum initiierte er das ehrgeizige siebenbändige Projekt Die Bücher der namenlosen Liebe (1906–1926), zu dem auch der autobiografische Roman Fenny Skaller gehört. In Deutschland wurden die ersten beiden Bände 1906 nach einem 19 Monate dauernden Prozess wegen Obzönität verboten und die Auflage eingezogen.5 Sie konnten, gemeinsam mit dem dritten und vierten Band, erst 1913 im Rahmen einer Gesamtausgabe in Paris erscheinen, die durch Zuwendung eines russischen Mäzens ermöglicht wurde. Zum Zeitpunkt des Prozesses in Deutschland, bei dem sich die Verteidigung auf die Kunstfreiheit berief, war das Pseudonym noch nicht gelüftet, wenngleich Mackay in den Fokus der Ermittlungen geriet und mehrere Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen musste. Erst 1923 machte Emil Szittya in Das Kuriositäten-Kabinett (Konstanz 1923, ebda. S. 155) den Klarnamen öffentlich. Noch kurz vor seinem Tod beschwerte sich Mackay 1933 brieflich gegenüber Tucker über die Indiskretion: “I did not lift the veil of Sagitta. One of these infamous communistic papers did it, some years ago, to hurt me, and now it is an open secret”6 Für den Privatdruck des Romans Der Puppenjunge. Die Geschichte einer namenlosen Liebe aus der Friedrichstraße (1926) setzte Mackay, der ohnehin wegen der Inflation verarmt war, letzte finanzielle Ressourcen ein. Er starb am 21. Mai 1933 in Berlin nach einer Herzattacke.
1.2. As lyricist
Vertonungen
Mackays Gedichte erfreuten sich bei den zeitgenössischen Komponisten einer gewissen Beliebtheit. Da der homosexuelle Hintergrund nicht bekannt war, wurden sie als traditionelle Liebeslyrik rezipiert. Vertonungen stammen unter anderem von Eugen d’Albert, Arnold Schönberg, Reger und Richard Strauss. Mit Strauss, den Mackay 1892 in Berlin kennen lernte und der insgesamt vier Texte des Dichters in Musik setzte, verband ihn auch eine Freundschaft. Seinem Vater schrieb Strauss am 7. April 1892 begeistert: “In Berlin hatte ich die reizende Bekanntschaft eines schottischen Dichters John Mackay gemacht, großer Anarchist und Biograph des Berliner Philosophen Max Stirner, des bedeutenden Antagonisten Schopenhauers und des Christentums, Vertreter des absoluten Egoismus, […]”.7 1899 gab Strauss mit seiner Frau Pauline de Ahna in der Berliner Volksbühne einen Mackay-Liederabend, bei dem Rudolf Steiner eine Rede hielt.8
Parallelvertonungen zu Reger
- Morgen!
- Richard Strauss, op. 27 Nr. 4 (1894)
Weitere Vertonungen (Auswahl)
- Richard Strauss: Heimliche Aufforderung op. 27 Nr. 3 (1894)
- Ders.: Verführung op. 33 Nr. 1 (1896)
- Ders. In der Campagna op. 41 Nr. 2 (1899)
- Eugen d’Albert: Frühlingsnacht op. 19 Nr. 6 (1899)
- Eugen d’Albert: Heimliche Aufforderung op. 21 N. 1 (1899)
- Arnold Schönberg: Am Wegrand op. 6 Nr. 6 (1903–1905)
1. Reger-Bezug
Reger lernte Mackays Gedicht Morgen!…. aus der Sammlung Das starke Jahr über die 1894 veröffentlichte Vertonung von Richard Strauss kennen. Seine eigene Vertonung stammt aus dem 1902 im Rahmen von Opus 66. Elsa von Bercken schrieb kurz nach der Verlobung :“Ist das nicht sonderbar, ich wollte Dich schon bitten das Lied „u Morgen wird die Sonne wieder scheinen“, in Musik zu setzen. Du hast es mir s. Z. von Strauß geschenkt, u. denk, ich lieb es nicht.”1 Weitere Lieder nach Gedichten von Mackay entstanden nicht, auch bestand kein Kontakt zu dem Autor.
Object reference
John Henry Mackay, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_01879.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
Information
This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.