Leipzig, 20th July 1909

Max Reger to Hugo Bock, Ed. Bote & G. Bock

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Letter
Date
20th July 1909 (source)
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Leipzig
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Senders
  • Max Reger

Incipit
Sehr verehrter Herr Commercienrath!
Mit besten Dank bestätige ich Ihnen den […]

Regesta
bestätigt Empfang des Honorars für op. 76 Nr. 37 bis 43 • verspricht, für Duette und Frauenchöre nur wenig Honorar zu verlangen • verspricht, die Partitur des Chorwerkes Die Nonnen noch im ablaufenden Jahr zu senden • freut sich, dass auch der E. keine Rezensionsexemplare von Werken versenden will • verweist auf die geringe Verbreitung von Zeitungen und darauf, dass die Signale [für die musikalische Welt] einem russischen Konservatorium gehörten und daher russische Musik favorisieren würden • lästert über den »„Tiefstand“« der Musikkritik in Deutschland • setzt in Kenntnis, durch seinen Schüler Siegwart von Eulenburg über Details aus der Münchner Komponistenschule informiert zu sein • berichtet vom Kompliment des bedeutendsten Organisten Amerikas, der Reger als Orchesterorganisten über Richard Strauss stellt: »Mit dem Liede u. der Kammermusik hätte ichs ja schon längst gethan! – Nun folgen noch die Chorwerke!« • bittet um genaues Erscheinungsdatum von Partitur und Stimmen des Streichquartetts op. 109 • gibt humorig bekannt, welcher Sekt zu welchem Anlass zu trinken sei • droht damit, sich seinen »Humor patentieren« zu lassen
Remarks
Referenced works

Publications

Max Reger, Briefe an den Verlag Ed. Bote & G. Bock, hrsg. von Herta Müller u. Jürgen Schaarwächter, Stuttgart 2011 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XXII), S. 103–106

1.

Leipzig, den 20. July 1909
Kaiser Wilhelmstr. 68 I.

Sehr verehrter Herr Commercienrath!

Mit bestem Dank bestätige ich Ihnen den Empfang des Cheks für op. 76 N. 37–43. Der Verlagsschein liegt unterschrieben diesem Briefe bei. – Nun erhalten Sie nur noch für dieses Jahr die Duette u. Frauenchöre [Opus 111], welche ich Ihnen zu ganz aussergewöhnlich kleinem Honorar geben werde, weil Sie mir beim Streichquartett [op. 109] so sehr freundlich entgegenkommen. Die Partitur des Chorwerkes „Die Nonnen“ [op. 112] erhalten Sie sicher noch in diesem Jahre; ich bin feste dabei schon, doch ist das ja eine „Heidenarbeit“. Es wird so Ende Oktober anfangs November sicher werden, denn solch eine Partitur enthält viel viel Arbeit. Dass Sie betr. der Nichtversendung der Recensionsexemplare genau so denken wie ich, ist mir eine grosse Befriedigung! Unsere Musikzeitungen (z.B. Leßmann’s oder Mus. „Wöchnerinnen“blatt) haben gar keine Verbreitung; die „Signale“ stecken ganz in den Händen eines russischen Conservatoriums, das unter allen Umständen für die russischen Komponisten grösste Propaganda machen will, welche Thatsache der „gute Deutsche Michel“ natürlich noch lange nicht begreifen wird. Ausserdem ist ein solcher „Tiefstand“ der kritisierenden Herren „erreicht“ worden, dass es gar nicht der Rede wert ist. Man schreibt da sogar gelegentlich mit „doppelten Federn“! Uebrigens hat mir Graf Siegwart Eulenburg, der jetzt mein Schüler ist, sehr interessante Details aus der „Münchener Komponistenschule“ – resp. „Versicherungsgesellschaft für gegenseitige Unsterblichkeit“ erzählt! Wenn mal ein vernünftiger Held der Feder zu Ihnen oder zu mir kommt, dass er einen Spezialartikel „verbrechen“ will, dann können wir (Sie u. ich) diesen Fall zu „Gemüte“ ziehen! Sonst hat es keinen Zweck! Bitte annoncieren Sie nichts! Das ist ebenso nutzlos! Wenn die Werke nicht für sich selbst sprechen, dann hilft alle „Treibhauspolitik“ nichts; die Sachen werden sich von selbst durchfressen! Herr Gott wenn ich dran denke: vor 7 Jahren war ich eine lächerliche Figur nach der Ansicht der massgebenden Herren; womit ich nicht die Münchener Kellner meine, die auch – „Mass“ gebend sind. Und heute? Vor einigen Tagen besuchte mich auch der bedeutendste Organist Amerikas,1 der mir erzählte, dass die amerikanischen Musiker der Ansicht wären, dass ich R. Strauß auch als Orchester Komponisten schon an die „Wand gedrückt“ hätte! Mit dem Liede u. der Kammermusik hätte ichs ja schon längst gethan! – Nun folgen noch die Chorwerke!

Sehr dankbar bin ich Ihnen, wenn Sie mir bis 27. July sicher Partitur von op. 109 senden! Bitte beantworten Sie mir die Frage: Wann erscheint denn op. 109 in Part. u. Stimmen?

Damit Sie in diesen traurigen politischen Zeiten mal ordentlich Zeit zum Lachen haben, theile ich Ihnen mit, welchen Sekt man bei den verschiedenen Feierlichkeiten trinkt –
a. Verlobung: „Burgeff grün“
b. Hochzeit: „Deinhardt“
c. Geburt u. Taufe: „Söhnlein“
d. 25 jährige Hochzeit „Mum“
e. goldene Hochzeit „Henkel trocken“
(Ist das nicht brillant?)

Sonst hab ich wieder eine Unmasse schöner erbaulicher Geschichten gesammelt, die ich dann in der „Bibelstunde“ bei Freund Wolfrum zu Nutz u. Frommen aller Bildungsbedürftigen predigen werde. Nächstens lasse ich mir meinen Humor patentieren! Ich hab’ vor acht Tagen wieder einen gloriosen Streich hier gespielt! Hab da an eine mir gut bekannte hohe Persönlichkeit einen langen Pumpbrief geschrieben, voller Inbrunst u. Geldnot, sodass der Familie heiss u. kalt wurde, u. der Betrag den ich ganz zum Schluss (nach 6 Seiten) mir erbat, war 0,17 M. Natürlich erlöstes Aufathmen! Aber grosses Halloh hier!

Nun nochmals besten Dank
Ihr ergebenster
Reger.


1
Gemeint ist wahrscheinlich Wilhelm Middelschulte.
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Max Reger to Hugo Bock, Ed. Bote & G. Bock, Leipzig, 20th July 1909, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01004393.html, last check: 8th September 2024.

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