München, 3rd October 1902

Max Reger to Karl Straube

Object type
Letter
Date
3rd October 1902 (source)
Sent location
München
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Only known from: Transcript, Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe | Ep. As. 3823


Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Liebster Carl!
Viel Dank für Deinen Brief; ich bin Dir herzlichst verbunden. daß Du um 250 M […]

Regesta
dankt dem E., dass dieser mit einem Konzerthonorar von 250 Mark einverstanden sei • klagt über einen Artikel von Weber über [Phantasie und Fuge über] B-A-C-H [op. 46] und die Musikgelehrten im Allgemeinen: »wie viel Intelligenzen findest Du da??? Leider reichen die 10 Finger für Deutschland« • erinnert den E. an dessen Reger-Artikel • kündigt die baldige Übersendung seiner neuen Zwölf Lieder op. 66 und das Klavierquintett op. 64 an und bittet, diese Werke in die Besprechung miteinzubeziehen • berichtet von der bevorstehenden Drucklegung der »50 Choralvorspiele« [später: Zweiundfünfzig leicht ausführbare Vorspiele op. 67] • erzählt von bevorstehender Hochzeit mit Elsa am 25. Oktober 1902 • erzählt, dass Elsa trotz rechtskräftigem Scheidungsurteil (»Grund: unüberwindliche Abneigung«) vom evangelischen Oberkonsistorium in Bayern die erneuten Trauung verweigert würde • verweist darauf, dass Elsas Großonkel selbst vor 40 Jahren Präsident des Konsistoriums gewesen sei und er schon so viele Choralphantasien über evangelische Choräle geschrieben habe • gibt an, dass Elsa den wahren Scheidungsgrund nicht angegeben hätte, um ihrem ersten Mann die Karriere nicht zu ruinieren • ermuntert den E. bezüglich [seiner Bewerbung an der Thomaskirche in] Leipzig • beklagt sich über das »Cliquenwesen«
Remarks

Publications

Max Reger, Briefe an Karl Straube, hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1986 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 10), S. 25f.

1.

München, Wörthstr. 35I

Liebster Carl!
Viel Dank für Deinen Brief; ich bin Dir herzlichst verbunden, daß Du um 250 M spielst u. werde ich morgen Prof. Weber benachrichtigen! Was Prof. Weber über BACH [op. 46] sagt! Aber ich bitte Dich! Sehe Dich mal in den Kreisen unserer Herren Kollegen u. wenn’s auch Professoren- u. alle möglichen Titel haben – wie viel Intelligenzen findest Du da??? Leider reichen die 10 Finger für Deutschland. Mein Vertrauen ist da ganz im Verschwinden! So z.B. erzählte mir Schuster, daß Dr. Altmann meine Quartette op. 54 für das „Verrrückteste“ hält! Nun meinetwegen! Gelt, den Regeraufsatz nicht vergessen; Du erhältst für denselben noch balde 12 neue Lieder op. 66 und Quintett op. 64; bitte diese beiden Sachen mit dem Artikel besprechen!
In baldiger Zeit gehen 50 Choralvorspiele [op. 67] von mir in Druck! Viel Dank für Erwähnung meines Namens in der Studie über Brahms Choralvorspiele! Besten Dank für BACH [op. 46] am 12. in Cöln (mein Namenstag am 12.)
Nun höre: unsere Hochzeit ist am 25. Oktober (Elsa’s Geburtstag) hier in München. Und nun etwas, worüber Dir die Haare zu Berge stehen werden! Aber ich bitte um strengste Diskretion. Also wir wollen uns doch evangelisch trauen lassen. Elsa ist doch von ihrem 1. Mann (Hauptmann) geschieden, Grund: unüberwindliche Abneigung steht im Scheidungsurtheil: daß kein Teil für den schuldigen Theil erklärt wird! Merke das wohl, ihr 1. Mann ist am 8. Oktober 1900 zum zweitenmal in die Ehe getreten, ist laut uns vorliegender Urkunde vom Pfarramt in Inowrotztar kirchlich, evangelisch getraut worden! Und Elsa u. mir verweigert in Bayern das Oberconsistorium die kirchliche Trauung! Ist das nicht toll, der Mann, in dessen Scheidungsurtheil wörtlich genau dasselbe steht, wird in Preussen anstandslos kirchlich getraut – u. in Bayern verweigert das Oberkonsistorium diese Trauung! Was sagst Du dazu! Der Humor ist, daß Elsa’s Großonkel Präsident dieses Oberkonsistoriums vor 40 Jahren war, daß ich bisher geschrieben habe op. 27, 30, 40I, II, 52I, II, III u. die Masse von Bearbeitungen! Und zwar entscheidet das Oberkonsistorium in Bayern diesen Fall so: weil im Scheidungsurtheil steht, daß kein Theil für den schuldigen Theil erklärt wird, – also auch kein Theil unschuldig ist! In Preussen hat man sich zu einer solchen Logik nicht „verstiegen“! Und noch ironischer wird die Sache, wenn man denkt, daß Elsa s.Z. ihre wirklichen Gründe, die sie zur Scheidung zwangen u. wegen welcher Gründe dann der Mann zum allein schuldigen Theil erklärt worden wäre, s.Z. nicht angegeben hatte, weil bei Bekanntwerden dieser Gründe Hauptmann v. B. hätte „gehen müssen“! Um ihm seine Carriere nicht zu verderben, schwieg sie – u. jetzt! Ich bitte Dich alles strengstens à discretion! Gelt die Sache ist fein!
Betreff Leipzig hast Du gute, sehr gute Aussichten! Hoffentlich wird’s was! Ich kümmere mich hier um gar nichts mehr; das Cliquenwesen nimmt immer mehr überhand! Es sind schreckliche Zustände; aber mir macht das nichts; ich arbeite meine Stiefel weiter.
Elsa ist seit mehr als 8 Tagen wieder nach Schneewinkl, kommt am 20. wieder u. wird am 25. Okt. meine tapfere Frau!
Nun leb wohl, nochmals herzlichsten schönsten Dank für Deine so liebe Bereitwilligkeit betr. Augsburg mit den besten Grüßen an Dich u. unbekannterweise an Dein Fräulein Braut

Dein Max Reger.

Object reference

Max Reger to Karl Straube, München, 3rd October 1902, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005227.html, version 3.1.1, 7th January 2025.

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