Weiden, 15th October 1900
Max Reger to Karl Wolfrum
- Max Reger
Sehr geehrter Herr!
Besten Dank für Ihren freundl. Brief; Sie finden anbei das gewünschte […]
- Six Trios op. 47
- Drei Choralphantasien op. 52
Max Reger, Briefe eines deutschen Meisters. Ein Lebensbild, hrsg. von Else von Hase-Koehler, Leipzig 1928, S. 82f. (dort als 15.11.1900)
1.
Weiden, Allee 22
Oberpfalz,
15. Oktober 1900.
Sehr geehrter Herr!
Besten Dank für Ihren freundl. Brief; Sie finden anbei das gewünschte Verzeichnis u. habe ich alles rot unterstrichen. Es freut mich sehr, daß die Kgl. Seminardirection meine Orgelwerke anschaffen will. Es sind op 27 u. 29 (bei Rob. Forberg in Leipzig erschienen) op 30, 33, 40 I, II, 46, 47 (diese bei Jos. Aibl Verlag in München) An Ihren Herrn Bruder in Heidelberg werde ich senden in den nächsten Tagen.
Ihre 2. Sonate (Orgel) kenne ich zu meinem größten Bedauern nicht; wo ist selbe erschienen? Daß Sie nicht unter die „Zahmen“ gehören freut mich sehr; denn „Zahmes“ wird genug geschrieben, u. freue ich jedesmal sehr einen Herren Collegen in der „Nichtzahmheit“ begrüßen zu können!
Für Ihr freundl. Urteil über meine Sachen an Herrn Stadtkantor Hohmann in Ansbach meinen besten Dank. Ich werde dem Herrn nächstens mal meine geistlichen Sachen für Chor zur Ansicht senden.
Daß sich unter Ihren Zöglingen fast keiner findet, der meine Trios [op. 47] gebrauchen kann, glaube ich sehr gerne. Auch, daß Sie durch offizielle Vorschriften gebunden sind – wie das ja immer in Staatsanstalten ist – u. bis der Staat einen „lebenden“ Komponisten in seinen Anstalten einführt – dazu braucht es sehr lange Zeit!
Wollte ja s.Z. der alte griechische Philosoph Plato die Musik überhaupt aus dem Staatsleben verbannt wissen – denn die Musik wäre so eminent „aufrührerisch“! Und es ist Thatsache – revolutionäre Ideen lassen sich am besten dem Notenpapier „anvertrauen“ indem es da keinen Zensor gibt!
Unsere Kritik ist – wenige Ausnahmen abgerechnet – heutzutage doch sehr fortschrittlich gesinnt!
Ob „reger“ auch noch einen Superlativ hat, ja das kann ich Ihnen nicht beantworten. Aber so viel kann ich sagen, daß ich consequent u. unbeirrt meinen Weg weiter gehen werde. Es haben sich in Bezug auf Orgel nun doch schon eine Reihe von Leuten gefunden, die sich mit grossem Eifer der Sachen annehmen u. selbe studieren. In Bayern allerdings fast gar nicht!
Nachdem ich als op 52 nun 3 Phantasien für Orgel vollendet habe (über 3 Choräle, jeder für sich) werde nun nächstens wieder an die Sonate [op. 60] gehen – obwohl ja die Sonatenform an u. für sich eigentlich für die Orgel nicht anwendbar ist! Unsere Orgelsonaten sind doch mehr Suiten! Ich habe deshalb die Verwendung des Chorals, wie Sie es thun, sogleich freudigst begrüßt, weil Sie damit den einzig richtigen Weg gefunden haben. Also nur zu in diesem Gebiete!
Sehr gespannt bin ich was Sie zu meinen Choralfantasien sagen! Sie werden dieselben, wenn sie nun angeschafft werden (eben für die Bibliothek), ja kennen lernen u. bedauere ich nochmals lebhaftest, davon leider kein Exemplar mehr zu haben.
Nun zum Schlusse die besten Grüße; es würde mich sehr freuen, mit Ihnen in steten lebhaften Briefwechsel zu treten.
Ihr
mit aufrichtigster u.
vorzüglichster Hochachtung
u. Werthschätzung
ergebenster
Max Reger
Object reference
Max Reger to Karl Wolfrum, Weiden, 15th October 1900, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005645.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.
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