Wiesbaden (Mainzerstraße 66) (nicht 66, 16th November 1890

Max Reger to Adalbert Lindner

Object type
Letter
Date
16th November 1890 (source)
Sent location
Wiesbaden (Mainzerstraße 66) (nicht 66
Source location

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Hochgeehrtester H. Lehrer!
Entschuldigen Sie, bitte, wenn ich erst heute Ihren […]

Regesta
Vortragsabend der Riemann-Studenten [am 8. November] war erfolgreich und soll auch in der Presse gut besprochen worden sein • mokiert sich über ignorante Journalisten allgemein und betont sich »jetzt schom arroganter Weise gar nicht um die Kritik zu kümmern« • erwähnt Gastkünstler Eugen Gura, Sophie Menter, Frl. Guillas [recte Gulyas] und das Frankfurter Streichquartett • beabsichtigt Konzerte zu besuchen • unterrichtet am Konservatorium Theorie und hat auch bereits einen Klavierschüler • ehemaliger Kommilitone Wak [recte Waack] wurde einstimmig zum Dirigenten des Musikvereins wiedergewählt • auch sonst bewirkt Riemanns Förderung leichtere Akzeptanz auf dem Berufsmarkt, wie auch Ferruccio Busoni, der seine Professur in Helsingfors Riemann zu verdanken hatte • Riemann »ist wie immer ein Pflegevater für mich« • Elisabeth Riemann hat heute ein Reger-Lied [wohl aus WoO VII/1–14] erstaufgeführt, will Reger-Lieder einstudieren und im Konservatoriumskonzert singen • erwähnt nochmals die geplante Aufführung des Streichquartetts [d-Moll WoO II/2] •
Remarks

eine Aufführung des Streichquartetts in Wiesbaden konnte nicht nachgewiesen werden

Referenced works

Publications

Der junge Reger. Briefe und Dokumente vor 1900, hrsg. von Susanne Popp, Wiesbaden 2000 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XV), S. 79–81

Max Reger, Briefe eines deutschen Meisters. Ein Lebensbild, hrsg. von Else von Hase-Koehler, Leipzig 1928, S. 21–22

1.

Wiesbaden, den 16 November

Hochgeehrter H. Lehrer!
Entschuldigen Sie, bitte, wenn ich erst heute Ihren freundlichen Brief vom 12. Oktober beantworte. Grund Zeitmangel
Ich habe doch ziemlich viel zu thun.
Das Konzert ist nun vorbei u. haben wir Riemannianer unsere Sache alle gut gemacht; die Kritik in der Wiesbadener Presse, die ich übrigens nicht gelesen habe – ich kümmere mich nämlich jetzt schon arroganter Weise gar nicht um die Kritik weil ich weiß wie kritisiert wird – nun die Kritik soll sich ja auch sehr anerkennenswert ausgesprochen haben.
Wurde neulich in Berlin eine Premiere gegeben – am anderen Tage standen vernichtende Kritiken in den Zeitungen über den Wert & Unwert des neuen Stückes – u. das Stück konnte unvorhergesehener Hindernisse halber nicht gegeben werden. Parbleu.
Zu hören bekommt man hier Alles. Neulich Gura, Sophie Menter, dann kommt die Jankopianistin Guillas – oder wie sie heißt ferner vorzügliches Streichquartett aus Frankfurt a M. Nun man muß aber auch etwas hören.
Im allgemeinen sind die Musikverhältnisse hier ja ganz gut wenn auch hie u da etwas Kohl gemacht wird.
Das Konservatorium ist nun prächtig im Gange u. ist Max Reger auch als Theorielehrer bei den Herrn angestellt, da H. Dr sie nimmer überkommen kann. Einen Klavierschüler habe ich, der schon ganz nett spielt Ihr [= Er] fing von vorne an u. spielt jetzt die Sonatinen v. Haydn Dussek etc in der Riemannschen Ausgabe, wo Sie auch Wag u Greling von Hamburg her als Phraseure finden werden. Wak ist in Riga brillant aufgenommen worden. Ist einstimmig zum Dirigenten des Rigaer Musikvereins wiedergewählt worden, so daß er ein Orchester von 80 Mann u. einen riesigen Chor unter sich hat. Ferner hat er das Referat für Musik bei der 1. Rigaer Zeitung auf Ersuchen der Redaktion übernommen.
Sie sehen man kommt als Riemanns Schüler doch weiter. Z.B. Busoni, der doch den 1. Rubinsteinpreis gewann, hat seine Stellung in Helsingfors allein Rieman zu verdanken. Ferner ist Rieman mit Perfall in München ebenfalls bekannt.
H. Dr ist wie immer ein Pflegevater für mich. Heute hat Frau Dr ein neues Lied von mir aus der Taufe gehoben. Sie will Lieder von mir einstudieren und im Konservatoriumskonzert öffentlich singen, wo auch mein Quartett aufgeführt wird.
Ferner munkelt man daß das nächste rheinische Musikfest hier sein soll.
Im Theater können Sie alle Novitäten (Sudermanns Ehre!) haben.
Es ist überhaupt ein großartiges Leben. Immer im Verkehr mit doch den bedeutenderen Männern von hier.
H. Dr scheint mit mir auch zufrieden zu sein.
Er schenkte mir Musikalien u schrieb hinein:
Meinem fleißigen Schüler Max Reger
was er bis jetzt noch keinem gethan.
NB. Ihre so unvergleichlich treue Wiesbadnerin habe ich nun kennen gelernt; ich werde mit Ihrer Obererlaubnis Ihre Rolle zu spielen versuchen u. soll viele Grüße u. große Sehnsucht nach Ihnen melden.
Entschuldigen Sie bitte meine Faulheit u seien Sie überzeugt, daß ich in der Musik zum meinem Besten nicht so faul bin
Ihr
Max Reger
Wiesbaden
(Mainzerstraße 66)
(nicht 66 sondern 66a)

Geben Sie guten Wein in Weiden
ja dann komme ich übers Jahr wieder!

Object reference

Max Reger to Adalbert Lindner, Wiesbaden (Mainzerstraße 66) (nicht 66, 16th November 1890, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01007887.html, last check: 12th November 2024.

Information

This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.