Leipzig, 6th May 1908

Max Reger to Fritz Stein

Object type
Letter
Date
6th May 1908 (source)
Sent location
Leipzig
Source location
unknown
: Autographenhandlung J.A. Stargardt, Katalog 694, Juni 2010, Los 756

Senders
  • Max Reger
Recipients
Herrn Universitätsmusikdirektor
Prof. Fr. Stein
Jena
Sophienstraße 7
Thüringen

Incipit
Lieber Freund!
Also: Euer Psalm ist vollendet; ich bin soeben dabei die Instrumentation […]

Regesta
teilt mit, dass der Psalm vollendet sei und nur noch die Instrumentation fertiggestellt werden müsse • erläutert das weitere Vorgehen zur Herstellung des Aufführungsmaterials • muss eingestehen, dass das Werk nicht leicht sei • bittet den E., bei Herrn Liebmann einen kürzeren Text für den Weihegesang zu bestellen • berichtet, dass er zum Mitglied der königlich schwedischen Akademie ernannt wurde • bittet den E., ihn in der Zeit 20.–24. Mai zu besuchen • berichtet, dass seine Frau ins Sanatorium musste und dort noch drei Monate bleiben muss • will mit Marteau intensiv sprechen, fürchtet aber, dass dieser dem E. nicht wird entgegenkommen können • schlägt zwei Konzerte im Winter vor
Remarks

Publications

Max Reger, Briefe an Fritz Stein, hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1982 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 8), S. 23–25

1.

[gedruckter Briefkopf:]
[links:] Max Reger.
[rechts:] Leipzig, den 6. Mai 1908.
Felixstraße 4, II.

Lieber Freund!

Also: Euer Psalm [op. 106] ist vollendet;Note: Reger hatte sich zunächst auf die Komposition des ersten Teils (Takt 1–152) beschränkt, um den Rahmen des Festgottesdienstes zum 350-jährigen Jubiläum der Universität Jena, in dem die Uraufführung stattfinden sollte, nicht zu sprengen. ich bin soeben dabei die Instrumentation fertig zu stellen, den Klavierauszug zu machen nach u. nach; es war eine heillose Arbeit! Nun, wegen der Länge: die Sache dauert 10–11 Minuten! Gedruckt kann natürlich von dem Psalm nichts werden vorher; das ist unmöglich; ich sende Dir Partitur, Klavierauszug u. je ein Exemplar der Chorstimmen bis spätestens 31. Mai zu; das ist der allerletzte Termin! Wenn Ihr Euch mit Copisten in Verbindung setzt, könnt Ihr die Chorstimmen bis 10. Juni alle bequem fertig haben! Du kannst aus dem Klavierauszug selbst die Chorstimmen mit abschreiben u. je eine Chorstimme sende ich von vorneherein mit! Also geht die Sache schnell!

Du kannst dann die Orchesterstimmen aus der Partitur ausschreiben lassen, wozu Du ja nochmals 6 Wochen Zeit hast, da Ihr doch alles Ende Mai bekommt – also mehr als 6 Wochen Zeit! Ich selbst werde versuchen, Euch von jeder Chorstimme mindestens 2–3 Exemplare schon gleich mitzusenden, damit das Abschreiben der Chorstimmen dann noch schneller geht.

Leicht ist der Psalm [op. 106] nicht; aber er geht in Tempo maestoso, sodaß alle Koloraturen (nicht Choleraturen) alle zu machen sind – außerdem ist der Chor immer von Orgel oder Orchester gestützt! Du hast aber von 10. Juni an wirklich fast 6 Wochen Zeit –; Du mußt eben die Gesellschaft beim „Ehrzipfel“ packen u. eben gehörige Extraproben – einzelne Stimmproben ansetzen, dann geht die Sache nicht schwer zu machen! Eine offizielle Einladung zum Feste hab’ ich merkwürdiger Weise noch nicht erhalten! Das ist doch toll!

Anbei ist der Text von Geheimrat Liebmann!Note: Ebenfalls zum 350-jährigen Jubiläum der Universität Jena sollte Reger für die Einweihung eines neuen Gebäudes einen Weihegesang [WoO V/6] des Jenenser Philosophen Otto Liebmann vertonen. Dieser Text durchkomponiert dauert mindestens 30 Minuten; bitte, sprich Du doch mit Liebmann, daß er zu Eurem Fest mir möglichst balde einen ganz kurzen Text liefert u. mir die Erlaubnis gibt, beiliegenden Text später extra zu komponieren! Das Beste ist Geheimrath Liebmann macht mir für Euer Fest extra einen möglichst kurzen Text, der durchkomponiert höchstens 10 Minuten dauert u. gibt mir die Erlaubnis, daß ich beiliegenden Text als Werk für sich später komponieren darf! Du mußt natürlich die Sache sehr diplomatisch anfangen! Dabei kannst u. mußt Du so nebenbei bei all den Herrn Geheimräthen einfließen lassen, daß ich soeben zum Mitglied der königlich schwedischen Akademie ernannt worden bin! Daß also ich so gar nicht unwürdig wäre, Dr.h.c. zu werden! – Aber, die Hauptsache ist, daß der neue Text von Geheimrath Liebmann baldigst bei mir eintrifft! Bitte, ordne Du alles höchst diplomatisch!

Wenn das Bachfest hier vorbei ist, so bitte ich Dich mich hier zu besuchen, damit wir den Psalm durchgehen können! Das Bachfest ist am 18. Mai abends zu Ende; am 25. Mai habe ich König’s Geburtstag;Note: Bei den feierlichkeiten dirigierte Reger den Universitäts-Sängerverein zu St. Pauli. am 25. Mai abends fahre ich nach Darmstadt; komme am 28. Mai abends wieder heim; wenn Du also zwischen dem 20.–24. Mai mich besuchen würdest, so wäre ich Dir sehr dankbar, damit wir den Psalm [op. 106] zusammen durchnehmen können!

Straube ist begeistert davon; er hat ihn genau angesehen, findet, daß er nicht leicht ist, aber trotzdem bei Fleiß herauszuholen ist; nachdem Du aber 6 Wochen Zeit hast, ist ja all dies gut in Ordnung; Du mußt nur Spezialstimmproben ansetzen! Bitte, sag Du den Herren Geheimräthen unbedingt Folgendes: Ein Gelegenheitswerk hab’ ich den Herren nicht geliefert, sondern einen ganz echten Reger!

Nun zu unseren häuslichen Sachen: es thut mir unendlich leid, daß Deine Frau so schwach dran ist – meine Frau sitzt seit 3 Wochen in einem Sanatorium im südlichen Schwarzwald – muß noch 1/4 Jahr dort bleiben, weil sie durch die Folgen der Operation Lungengeschichten bekam; das muß zuerst ausgeheilt werden. Wir müssen eben alle beide hoffen; Deine Frau ist aber an u. für sich gesund; Blutarmut läßt sich heilen – aber meine Frau ist eben außer blutarm, lungenleidend noch entsetzlich nervös!

Daß Dein Opus 1 so schön gedeiht, ist famos! Wollen wir das Beste hoffen und wünschen!

Nun betreff Marteau! Ich werde in 10 Tagen wegen Jena sehr ernstlich mit ihm reden; aber ich fürchte fast, daß da wenig zu machen ist, da er ganz in den Klauen von Salter steht!Note: Norbert Salter war Marteaus und von 1906 bis 1910 auch Regers Konzertagent. Darüber alles mündlich demnächst; ich werde mir natürlich alle Mühe geben, Marteau Dir für 400 M zu verschaffen!Note: Die Jenaer Erstaufführung von Regers Violinkonzert op 101 am 11. Januar 1909 spielte letztlich Carl Wendling.

Selbstredend komme ich mit Vergnügen nach Jena; ich dirigiere mal die „Serenade“ op 95, die Du ja schon gekauft hast, spiele an demselben Abend mit einem Schüler von mir Klavierkonzerte (2) für 2 Klaviere mit Begleitung von Orchester von J.S. Bach! Note: RWV Bach-H7 und -H8. (Die 2 Konzerte sind sehr kurz und wundervoll!!)

Also merke Dir folgendes vor für nächsten Winter:
ein Abend: Reger: Serenade op 95 für Orchester
(1. Abend) Bach 2 Concerte für 2 Klaviere mit begl. des Orchesters.
Außerdem dirigiere ich noch an diesem Abend das Meistersingervorspiel!
2:) Abend (zweiter Abend) Kammermusik:

da spiele ich mein neues Trio [op 102] u. noch irgend was anderes in Kammermusik! Ich wäre Dir sehr dankbar, wenn Du mir möglichst balde die definitiven Daten für beide Abende mittheiltest!

Nun viele beste Grüße von
Haus zu Haus stets
Dein
Rex mager.

Object reference

Max Reger to Fritz Stein, Leipzig, 6th May 1908, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01008734.html, last check: 22nd November 2024.

Information

This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.