Colberg a/Ostsee, 28th August 1909
Max Reger to Gustav Bock, Ed. Bote & G. Bock
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- Max Reger
Bock
Berlin
Sehr verehrter Herr Dr. Colberg.
Anbei sende ich „eingeschrieben“ die Abzüge […]
die Korrekturabzüge der Nummern 37–43 der Schlichten Weisen op. 76 und der Drei Duette für Sopran und Alt mit Klavierbegleitung op. 111a wurden am selben Tag per »eingeschriebene Drucksache« versendet (vgl.Postbucheintrag)
- Sacred songs op. 110
- Schlichte Weisen op. 76
- Three Songs op. 111b
- Drei Duette op. 111a
- Die Nonnen op. 112
- Wiegenlied WoO VII/42
Max Reger, Briefe an den Verlag Ed. Bote & G. Bock, hrsg. von Herta Müller u. Jürgen Schaarwächter, Stuttgart 2011 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XXII), S. 124–126
1.
Colberg a/Ostsee
28. Aug. 1909.
Sehr verehrter Herr Dr.!
Anbei sende ich „eingeschrieben“ die Abzüge der „Schlichten Weisen“ op. 76 37–43 u. der 3 Duette op. 111 a an Sie ab; sagen Sie bitte, Ihrem Korrektor, dass er genauestens die Korrektur der Stecher überwacht! Neuer Abzug an mich von all diesen Sachen an mich nicht nötig; ich erwarte sehr die Korrekturen der Motette op. 110 No. 1 u. der Frauenchöre op. 111 b. u. c!
Nun eine andere Sache: vor 2 Jahren hab’ ich Herrn Hinrichsen (C.F. Peters) ein kleines Wiegenlied, das ich seiner Frau zur Geburt des 4. Kindes widmete, gegeben; dieses Wiegenlied ist bisher nicht erschienen; Lauterbach & Kuhn waren s. Zt. damit einverstanden, dass dieses Wiegenlied ohne Opuszahl [WoO VII/42] bei C.F. Peters erscheint; auf mein Betreiben hin wird dieses Lied Herr Hinrichsen nun herausgeben; ich gestatte mir, Sie hiermit offiziell davon zu verständigen, damit Sie nicht erstaunt sind, wenn bei C.F. Peters ein Lied von mir erscheint, von dessen Existenz Sie nichts wissen, (seit unser Vertrag in Kraft getreten ist) Ich bitte Sie, aber mir Ihr Einverständnis damit mitzuteilen! (Dieses können Sie in diesem Falle ja mir nicht verweigern, da ja die Verlagsübernahme von Peters vor 2 Jahren mit Einverständnis von Lauterbach & Kuhn erfolgt ist)
Ferner: wegen meines Chorwerks „Die Nonnen“ [op. 112] für Sopran[,] Alt[,] Tenor, Bass, (also gemischten Chor) mit Orchester! (ohne Solisten!) da ich mit diesem Werke fertig bin u. nun mit dem Klavierauszug in den allernächsten Tagen fertig werde, so ist’s an der Zeit, diese Geschichte mal zu besprechen!
Das Werk muss schleunigst in Druck[,] vom 7. September ab steht Partitur und Klavierauszug zu Ihrer Verfügung! Es wäre nun im Interesse des Druckes der Partitur des Werkes von grösstem Nutzen, wenn wir mündlich über die Sache verhandeln könnten, u. gestatte ich mir daher die dringendste Bitte an Sie, sehr verehrter Herr Dr., dass Sie mich so gegen 8. oder 9. September hier in Kolberg aufsuchen; Sie haben bequeme Eisenbahnverbindung von Berlin nach hier u. lässt sich mündlich ja alles viel, viel besser besprechen!
Sie nehmen dann Partitur und Klavierauszug mit nach Berlin von hieraus. Dauer des Werkes: eine gute halbe Stunde. Nun gestatte ich mir Ihnen betr. des Honorares einen Vorschlag zu machen: in den Vereinbarungen die ich mit Herrn Commercienrath im Januar a.c. getroffen habe, haben wir für Orchesterwerke etc. ein Honorar von 10.000 M. (Zehntausend M) festgesetzt. Soviel will ich aber garnicht haben: ich biete Ihnen hiermit das Werk für 8000 M. (Achttausend M) an mit dem Klavierauszug. Nun gestatte ich mir, Ihnen den Klavierauszug d.h. das Manuskript des Klavierauszuges zu verehren! Ich hoffe, dass Sie mit diesem Vorschlage einverstanden sind. Ich mache Ihnen diesen Vorschlag, weil Sie dieses Jahr schon so viel von mir erworben haben und s.Z. bei Uebernahme des Verlages Lauterbach & Kuhn eine solch hohe Summe bezahlt haben.
Ich glaube, annehmen zu dürfen, dass Sie das Gefühl gewonnen haben, dass ich nicht derjenige bin, der auf „Strauss’schen Bahnen“ wandelnd, die Herren Verleger lediglich zum „Geldabnehmen“ benutze; im Gegenteil, mein Bestreben ist es, mit den Herren Verlegern stets auch auf menschlichen gutem Fusse zu stehen, wie es doch eigentlich zwischen gebildeten Leuten selbstverständlich ist! – Aus diesen Gründen mache ich Ihnen den Vorschlag von nur 8000 M. für das neue Chorwerk incl. Klavierauszug! Bitte, verständigen Sie also Herrn Commercienrath baldigst, [und lassen mir] ebenso genauestens Antwort zukommen. Damit Sie auch mal Grund zu herzerfrischendem Lachen haben, folgende Geschichte: Zu Berlin lebt doch der berühmte Komponist Hugo Kaun, der ein grosser „Neidhammel“ ist! Vor einiger Zeit war dieser „vorurteilsfreie“ Jünger in Apoll in Gesellschaft bei Bekannten von mir, natürlich – folgend seinem Herzensdrange – begann Herr Kaun sofort eine geharnischte Rede gegen mich, deren glänzendes Endresultat darin gipfelte, dass ich als Komponist der grösste Dilettant der Jetztzeit wäre. Herr Kaun wurde zwar sofort von den anstehenden Herren – besonders von einem früheren Schüler von mir – gehörig zugedeckt. Mir macht die Sache aber solchen enormen Spass, dass ich für weiteste Verbreitung dieser prachtvollen Geschichte eifrigst sorgen werde. Bitte, teilen Sie diese brillant für den „Narrenspiegel“ sich eignende Historie doch umgehendst Herrn Commercienrath mit meinen besten Grüssen mit. – Ich aber beabsichtige, nachdem ich nur zu sehr einsehe, dass ich wirklich der grösste Dilettant bin, demnächst bei Herrn Kaun Unterricht in der Harmonielehre zu nehmen. Die Korrekturabzüge von den Frauenchören op. 111 b. & c. sind heute eingetroffen; nun fehlt nur noch die Motette [op. 110 Nr. 1], die ich ebenfalls baldigst erwarte!
Mit besten Grüssen
Ihr ergebenster
Reger.
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Max Reger to Gustav Bock, Ed. Bote & G. Bock, Colberg a/Ostsee, 28th August 1909, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01004405.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
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