München, 26th December 1904
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 195
- Max Reger
Lauterbach & Dr Kuhn
Leipzig
Rossstrasse 18
Meine Lieben!
Vorerst die dringendste Bitte, all das Nähere betr. meiner Berufung […]
Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 423–425
Max-Reger-Festschrift 1973, hrsg. von den Staatlichen Museen Meiningen, Meiningen 1974 (= Südthüringer Forschungen, Bd. 10), S. 75
1.
[Gedruckter Briefkopf:]
Max Reger
München
Preysingstrasse 1bI.] München, den 26. Dec. 1904.
Meine Lieben Vorerst die dringendste Bitte, all das Nähere betr. meiner Berufung an die Akademie gegen jedermann à strengste Diskretion! Vor Allem das à discretion, daß man mir nach 1 Jahre schon Gehaltserhöhung um 1450 M u. den Titel eines kgl. Professors versprochen hat! Gelt, à discretion dies alles! Zu niemand drüber reden!
Nun noch etwas ebenfalls à discretion + bitte dringendst darum! Also der bayerische Kultusminister wollte mich (auf Betreiben des bayerischen Landtages) schon vor einem Jahre an die Akademie berufen; allein Stavenhagen, der dortmalige Direktor u. „Sprachrohr“ der Schillings= u. Thuillepartei hintertrieb die Sache! Bitte à strengste Diskretion!
Nun etwas, was ich Euch bitte überall erzählen zu wollen: Thuille hat sich am Tage nach der amtlichen Bekanntmachung meiner Berufung - krank gemeldet! Das ist doch entzückend!
Nun schönsten Dank für Eure beiden so lieben Briefe; Dir, mein lieber Herr Dr meinen u. meiner Frau verbindlichsten, herzlichsten Dank für Dein u. Deiner Frl. Braut Bild, über welche Conterfei's wir uns sehr gefreut haben! Das ist ja hochfein, daß Ihr beide nach Berlin kommt; bitte, bestellt Euch umgehendst im Hospiz St. Michael, Wilhelmstraße 34 S. W in Berlin Zimmer! Wir wohnen da! Daß Ihr 2 Karten neben meiner Frau bekommt, dafür sorge ich; Ihr müßt eben im selben Hospiz wie wir wohnen; ich gebe Euch dann die Karten zum 3. u.4. persönlich! Das ist ja glänzend, wenn Ihr beide in Berlin seid!
Sonst ist nicht viel mehr heute zu vermelden! Wir fahren morgen Dienstag (27.) nachts nach Frankfurt a/M, wohnen in Frankfurt a/M im Hospiz, Taunusstraße 35; am 31. Dec. in aller Frühe fahren wir nach Berlin, kommen da abends 5 Uhr an. Also meine Adressen wißt Ihr nun!
Bitte, sagt niemand was, daß ich in Berlin am 3. Überschuß habe; das Geld verreise ich ja wieder! Gestern hab' ich für unsere beiden Billete wieder 184 M bezahlt! Meine Frau geht nicht mit nach Essen, da das zu theuer würde; mein Billet: München, Frankfurt a/M, Berlin, Essen, München kostet 105 M.
Ja, es ist eine „teure“ Sache das Reisen!
Noch etwas à discretion: Das Direktorium der Akademie Mottl, Bußmeyer u. Günthner hab' ich geschlossen hinter mir! Alle drei sind mir eine Stütze; vor Allem hat das imponiert, daß ich sofort mit neuen Plänen zur Ausgestaltung der Akademie hervorgetreten bin!
Thuilles Stellung ist sehr erschüttert; er war zu schlampig; er hat alle „reichen“ Schüler aus der Akademie herausgezogen u. zu seinen Privatschülern gemacht; das hat sehr „verschnupft“ im Ministerium!
Auf mich scheint man größte Hoffnungen im Direktorium der Akademie wie im Ministerium zu setzen, worauf ich ihnen sofort mit Ansichten herausrückte, daß wir die Münchner Akademie zum führenden Musikinstitut von ganz Deutschland machen sollten! Ich war so frei, da direkt faßbare Pläne zu entwickeln!! Wie die Herren merkten, daß ich so hinaus will, waren sie (nach meiner Berufung!) Feuer u. Flamme! Ich war aber so frei zu sagen: „wer von den Herren Professoren nicht mitthun will, den können wir einfach nicht mehr brauchen!“ Kurzum, wir kriegen die Sache schon so, wie ich es haben will, die Münchner Akademie als führendes Musikinstitut in Deutschland! Wenn das Ministerium merkt, worauf wir hinauswollen, dann kriegen wir alle Gelder, die wir brauchen! Nach der Sauwirtschaft - ein anderer Ausdruck wäre falsch - die Stavenhagen da als Direktor trieb, ist ja das Ministerium heillos froh, wenn mal ein anderer Zug in die Sache kommt! Und daß das geschieht, dafür sorge ich schon - denn die Bahn für mich ist frei! Überdies habe ich sofort deutlichst erklärt, daß ich sofort ganz gehörigen Radau schlagen würde, wenn ich merken würde, daß gegen mich in der Akademie intriguiert würde - gleichviel von welcher Seite! Kurzum ich führte in der Unterredung eine Sprache, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ! Ich kann Euch nur sagen, daß die jetzige Akademie unter Stavenhagen derart auf den Hund gekommen ist, daß Mottl mir sagte, es wäre geradezu eine Schande, wenn man damit zu thun hätte! Das sagt doch gewiß genug!
Nun wird mir klar, warum man eine solche Stellung geschaffen hat, nachdem das Bedürfnis nach einer solchen neuen Stellung faktisch nicht da war, da die bisherigen Schüler genug Lehrer hatten!
Ich bitte Euch beide aber nochmals aufs dringendste, niemand nur je ein Sterbenswörtlein zu sagen, von dem was ich Euch da geschrieben habe! Also strengste Diskretion gegen jedermann! Bitte, dringendst darum!
Nun, herzlichste, schönste Grüße, Euch beiden meine Lieben,
Frau Lauterbach, Herrn u. Frau Oberjustizrath, Straubes von meiner Frau
besonders von Eurem
immer alten treulichsten
Max Reger
Bitte umgehendst Zimmer für Euch in Berlin bestellen!
Object reference
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 26th December 1904, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01008524.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.
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