München, 26th November 1902
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
N.Mus.ep. 2066
- Max Reger
Meine sehr verehrten Herren!
Nun habe ich 2 Briefe von Ihnen zu beantworten […]
gelocht
- Aus meinem Tagebuche op. 82
- Fifty-two Easy Preludes on the most common protestant chorales op. 67
- Twelve Songs op. 66
- Six Songs op. 68
- Seventeen Songs op. 70
- Romanze G-dur WoO II/10
Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 47–50
1.
München, Wörthstr. 20 I.
26. Nov. 1902.
Meine sehr verehrten Herren!
Nun habe ich 2 Briefe von Ihnen zu beantworten, was endlich heute ausführlich geschehen soll! Vielen Dank für die Besprechungen! Seien Sie mir nicht böse, wenn ich Sie bitte an Blätter wie Bayerischer Kurier keine Rezensionsexemplare mehr zu senden! Ebenso ist es mit den Münchener Neuesten Nachrichten! Der Musikkritiker dieses Blattes (Dr. R. Louis) steht so unter dem Banne der Schillings-Thuille’schen Partei hier, daß er nicht fähig ist, meine Art zu verstehen! Das ist meine Ansicht! Bitte sehr – à strengste Diskretion! Darüber mal mündlich mehr!
Die Abzüge op 68 werden Sie erhalten haben; da so wenig fehlt, ist neuer Abzug nicht nötig!
Bitte, lesen Sie in „Die Musik“ Nr. 4 (II. Jahr) Seite: 278 – Deutsche Gesangskunst 1902 Nr. 22 / 23 Seite: 305 „Max Regers Gebet“ und „Glückes genug“ sind für den Konzertsaal wohl zu weihevoll. (N.B. „Gebet“ ist mein 1. Lied, das ich mit 17 Jahren schrieb!)
Die Sache mit dem Kunstwart! Glauben Sie mir: ich bin es so sehr schon gewöhnt, daß über mich die unglaublichsten Urteile gefällt werden, daß man mir alles abspricht etc. etc. – aber glauben Sie, daß jene Herren sich überhaupt die Mühe genommen haben, das, was ich schaffe, wirklich anzusehen?
Wer von ernsthaft schaffenden Künstlern war bisher solchen schiefen und ungerechten Urteilen nicht ausgesetzt? Deshalb bitte ich Sie sehr, wenn Sie mal ein solches Urteil über mich hören sollten – und das wird gewiß noch oft geschehen – dann nicht zu verzagen – sondern dem zu vertrauen: daß ich Ihnen nie etwas zum Verlage senden werde, das ich nicht in jeder Beziehung gegen jede schärfste Kritik zu vertreten im Stande bin! Und ich glaube hoffen zu dürfen, daß mein reklameloses Streben Ihnen diese Garantie wohl bieten wird.
Die Berufung Straubes freut mich so sehr, so sehr! prachtvoll!
Meine Anfrage betr. der Liedersendung an [Ludwig] Hess haben Sie falsch verstanden; ich meinte nicht, daß Sie op 66 an ihn senden möchten; sondern ich wollte bloß wissen, ob Sie mein op 66 an ihn gesandt haben, damit ich nicht vielleicht auch an ihn sende! Also op 68 werde ich dann an Hess senden! Besten Dank für die Sendung! Die neue Kritik aus „Musik– und Theaterwelt“ hat mich sehr amüsiert.
Selbstredend werden die bewußten Klavierstücke alle leicht! Haben Sie da – bitte sehr – keine Sorge!
Vorerst erhalten Sie 17 Gesänge op 70! Wundervolle Dichtungen!
Die Romanze [WoO II/10] in der „Neuen Musikzeitung“ war Mist; es besteht Gefahr, daß mir deshalb der Titel: „Ökonomierat“ verliehen wird! Nee, sowas gebe ich Ihnen nie! Für die „Hausmusik“ erhalten Sie von mir sehr anständige, aber leichte (technisch!) Musik! Anders tut’s Max Reger nicht! Das ist Ihr und mein Nutzen!
Das Choralvorspiel [später Opus 67 Nr. 52] sende ich Ihnen mal per Gelegenheit; halt; es liegt diesem Briefe bei; Sie haben hiermit alle Rechte auf dasselbe!
Wegen des Reger–Liederabends – so muß ich Ihnen da was schreiben: ich bitte aber herzlichst um strengste Diskretion. Der Tenorist Franz Bergen gibt am 3. März wahrscheinlich einen Liederabend in Leipzig, in dem er unter meiner Begleitung 10 Hugo Wolf und 10 Reger singt!
Nun hoffe ich sehr, daß wir auf die Kosten kommen, wenn vorher ordentlich Propaganda gemacht wird, worum ich Sie schon jetzt bitte! Sollte sich aber ein Defizit ergeben, so wäre ich Ihnen sehr, sehr verbunden, wenn Sie mir in dieser Weise hülfen, daß Sie 150 M als höchsten Beitrag beisteuern würden, welche 150 M ich dringendst bitte allmählich mir an den Honoraren zu verrechnen d.h. mir abziehen zu wollen! Ich wäre Ihnen sehr dankbar dafür, wenn Sie auf diesen meinen Vorschlag eingehen würden! Bergen ist ein sehr intelligenter Sänger mit schöner Tenorstimme! Wie gesagt, wenn Sie beide, meine sehr verehrten Herren für das Konzert kräftiglichst Propaganda machen würden, so wäre es wohl zu erreichen, daß das Konzert ohne Defizit abschlösse und wenn es eines gibt, so wäre die höchste Summe, um die ich Sie da bitten würde, welche 150 M ich bitte, nach und nach mir dann an den Honoraren freundlichst abziehen zu wollen!
Sind Sie nun damit einverstanden?
Anbei auch die Liste der Sänger und Sängerinnen zurück; ich habe mir gestattet, diejenigen, von denen mit Sicherheit zu erwarten ist, daß Sie sich nie mit meiner Musik beschäftigen, gestrichen; ich bitte sehr, an die gestrichenen Namen in Zukunft keine Exemplare mehr zu senden, bitte aber auch dringendst, diesen meinen Vorschlag ja nicht als einen Eingriff in Ihre Rechte auffassen zu wollen! Das liegt mir vollständig ferne! An die mit Blei durchgestrichenen Namen sende ich in Zukunft selbst die Lieder! Bitte, heben Sie sich also beiliegendes Verzeichnis freundlichst auf!
Eine Frage: Darf ich die Kritiken, welche Sie mir senden, behalten – oder soll ich Ihnen dieselben zurücksenden? Bitte, Auskunft darüber!
Am 4. Dezember singt hier Frl. Vollmar außer anderen Liedern von mir: Freundliche Vision, Du bist mir gut, und Kindergeschichte aus op 66. In den Berliner Blättern muß jetzt gerade zu lesen sein über den Liederabend der Frau Susanne Dessoir, die gestern (25.) 6 Lieder von mir sang! Sonst wüsste ich nun nichts Neues mehr für heute! Meine Frau freut sich sehr auf die freundlichst in Aussicht gestellten Weisen von H. Bischoff.
Der Druck der Bachkantate [RWV Bach-H1] und der Choralvorspiele [op. 67] kann vor Weihnachten nicht mehr fertiggestellt werden, da ich immens zu tun habe! Ich sitze jeden Abend bis 11 ½ Uhr am Schreibtisch – trotzdem werde ich natürlich die Abzüge so bald als möglich erledigen!
Nun allerschönste Grüsse an Sie beide von meiner Frau und mir
von Ihrem herzlichst ergebensten
Max Reger.
Object reference
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 26th November 1902, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005246.html, last check: 9th November 2024.
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