München, 30th December 1903

Max Reger to Carl Lauterbach, Lauterbach & Kuhn

Object type
Letter
Date
30th December 1903 (source)
Sent location
München
Source location
DE,
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 173

Senders
  • Max Reger
Recipients
Lauterbach & Dr Kuhn
Leipzig
Rossstrasse 18

Incipit
Mein lieber Herr Lauterbach!
Vorerst bestätige ich Ihnen verbindlichst dankend den Empfang […]

Regesta
dankt für monatliches Honorar • übersendet Manuskript und 1. Korrekturabzug von op. 73 [Variationen und Fuge] • zweites Exemplar des Korrekturabzugs ging zu Übungszwecken an Karl Straube • übersendet Achtzehn Gesänge op. 75 • Tabelle: Abgleich verlagsseitiger Honorarzahlungen gegen vereinbarte Honorare • übersendet Kritik zu [Choralkantate] Vom Himmel hoch, da komm ich her«[WoO V/4 Nr. 1] als Werbematerial • durch zeitgenössisches Konzert, bei dem Reger übergangen wurde, sollte Reger »in München todt« gemacht werden • bevorstehende Reger-Artikel im Musikalischen Wochenblatt sowie in der Münchner Allgemeinen Zeitung • Kritiker in Berlin zeigen sich bezüglich seiner Lieder einsichtig • hat auf Kritik Arthur Smolians über die Beiträge zur Modulationslehre [Schriften A1] mit Arikel Ich bitte ums Wort! [Schriften A2] geantwortet • soll in Neuer Zeitschrift für Musik kommen • Walter Fischer engagiert sich als »getreuer Apostel« für Reger in Berlin • E. soll Freiexemplare von op. 67 [Choralvorspiele] und Schule des Triospiels [Bach-B8] senden • Radecke will die Werke am Institut für Kirchenmusik verbreiten • »an aller Orten regt u. „regert“ sichs gewaltig« • Wünsche für 1904
Remarks

sendet am gleichen Tag per eingeschriebenes Geschäftspapier das Manuskript und den Abzug von op. 73 sowie das Manuskript von op. 75 (vgl. Postbucheintrag)


Publications

Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 252–256

1.

[Gedruckter Briefkopf:]
Max Reger
München
Preysingstrasse 1bI. München, den 30. Dezember 1903.

Mein lieber Herr Lauterbach!
Vorerst bestätige ich Ihnen verbindlichst dankend den Empfang der 300 M pro Januar 1904. Leider haben Sie vergessen, an diesen 300 M den Betrag für das Bild von Hugo Wolf abzuziehen; bitte, vergessen Sie es bei der nächsten Sendung nicht!
Anbei sende ich Ihnen per eingeschriebenem Geschäftspapier in Rolle
1.) Manuskript u. 1 Abzug meines op. 73
Den 2. Abzug hab’ ich heute direkt an Herrn Straube gesandt, damit sich Herr Straube das Werk für seinen letzten Abend dieser Saison noch einspielen kann.
Ein erneuter Abzug von Op 73 ist nicht notwendig; doch bitte ich Herrn Dr Kuhn, daß er so freundlich ist, u. er (Herr Dr Kuhn) die betreffenden Fehler, die ich markiert habe, in neuen Abzügen, controlliert, ob selbe richtig in den erneuten Abzügen gemacht sind.

2.) befindet sich in der Rolle das Manuskript meiner 18 Gesänge Op 75. Als Honorar haben wir s.Z. am 8. Dez. mündlich 850 M (Achthundert und fünfzig Mark) festgesetzt, zu denen noch 150 M (Einhundert und fünfzig Mark) für meine Arbeiten letzten Sommer betreff des Nachlasses Hugo Wolf kommen.
Der Stand unserer Rechnung ist folgender:
Sie sandten mir 3600 M (12 x 300 ) 3600 M
–––––––
Ich sandte Ihnen:

28. Februar 1903 op 70 850 M
Es dur=Präl. u. Fuge (Bachbearb.) [RWV Bach-B7] 100 M
27. Mai Wolf–Chöre bearbeitet [RWV Wolf-B3] 80 M
" " Schule des Triospiels [RWV Bach-B8] 150 M
16. July Penthesilea 4 händig [RWV Wolf-B4] 300 M
16. Sept. Violin–Sonate Op 72 500 M
" " „vom Himmel hoch“ [WoO V/4 Nr. 1] 100 M
26. " „Trauungslied „Wohl denen“ [WoO VII/36] 20 M
26. " op 73 500 M
22. Nov. Streichquartett op 74 400 M
7. Dez. „O wie selig“ [später Opus 67 Nr. 52] 100 M
30. Dez. op 75 850 M
Arbeiten an Hugo Wolf Nachlaß 150 M
Summa: 4100 M

Es bleiben also 500 M (4100 – 3600 = 500 M) zu meinen Gunsten, welche 500 M ich Sie bitte an den 1800 M freundlichst abziehen zu wollen, so daß also 1300 M (1800 – 500 = 1300 M) (Eintausend und dreihundert Mark) noch meine Schuld an Sie beträgt!
Anbei diesem Brief finden Sie all die Kritiken aus Berlin, welche ich erhalten habe; bitte, lesen Sie auch jene, die über „vom Himmel hoch“ [WoO V/4 Nr. 1] gehen; lassen Sie Sich die Kritiken über „vom Himmel hoch“ kopieren, damit Sie nächsten Herbst ein ausgezeichnetes Reklamematerial für „vom Himmel hoch“ haben. Den „Sammler“, der auch diesem Briefe beiliegt, bitte Seite 6 u. 7 zu lesen (auch Herrn Dr Kuhn natürlich wie die anderen Kritiken ebenfalls lesen zu lassen) u. besonders das, was da im Sammler über den „modernen Abend“ zu lesen steht, mit innigem Behagen zu verdauen.
Sehen Sie, mein lieber Herr Lauterbach, der Zweck dieses 2. Modernen Abends war: Max Reger in München todt zu machen – u. erreicht worden ist ein Fiasko –; wen ich bis jetzt nur über diesen Abend, der während meiner Abwesenheit stattfand, sprach, jedermann ist entsetzt über jene unglaubliche Impotenz dieser Clique; NB. Ich brauche Ihnen gegenüber wohl nicht ausdrücklichst zu betonen, daß ich der Kritik im „Sammler“ wie auch dem Autor dieser Kritik (Dr Göring) wirklich vollständigst ferne stehe, daß also das Hereinziehen des Namens Reger in diese Kritik vollständigst ohne mein Wissen u. Zuthun geschehen ist.
Das Musikalische Wochenblatt eröffnet den Jahrgang 1904 mit einem Spezialartikel Max Reger (mit Bild) welcher Artikel durch 3 Nummern gehen soll. Bitte, besorgen Sie Sich die betreffenden Nº!
nicht vergessen!
In der wissenschaftlichen Beilage der Allgemeinen Zeitung (München) erscheint demnächst ein längerer Artikel: Max Reger. Ich sende Ihnen denselben sofort nach Erscheinen. Bitte, nicht vergessen: sehen Sie in der in den allernächsten Tagen erscheinenden Nº 1 (1904) der Allgemeinen Musikzeitung (Otto Leßmann) gehörig nach; Sie werden darin eine ausgezeichnete Kritik über „vom Himmel hoch“ finden!
In Berlin geht’s famos jetzt; denken Sie an, denken Sie an, einige Herren Kritiker, die mich letzten März so „verrissen“ haben, haben an mich geschrieben u. erklärt, sie sähen es nun vollständig ein, daß man meine Lieder nicht nach erstem Hören u. bloßem Durchspielen am Klavier beurtheilen könne! Wer hätte dies anfangs März 1903 zu denken gewagt??!!!
Herr Arth. Smolian, der getreu seiner Gewohnheit auf Reger zu schimpfen, natürlich auch über meine „Beiträge zur Modulationslehre“ [RWV Schriften A1] geschimpft hat, hat sich aber in der betr. Besprechung über dieses Werkes eine solche unglaubliche Blöße gegeben, daß ich ihm gründlichst heimgezahlt habe in einem Spezialaufsatze: „Ich bitte ums Wort“, welcher Aufsatz sich nur mit der Besprechung des Herrn Smolian über mein Buch befaßt u. nun in einer der allernächsten Nummern der Neuen Zeitschrift für Musik erscheinen wird. Ich bitte Sie dringendst, um absolute Diskretion wegen der gesammten Affaire Smolian gegen jedermann. Also Silentium – bitte dringendst; die Sache muß absolut geheim sein, daß Herr Smolian eines Tages ahnungslos erwacht u. sich sterblich blamiert fühlt!
Ich kann Sie nur des Einen versichern, daß es überall mit meiner Kunst famos vorwärts geht; in Berlin geht es sozusagen mit Riesenschritten; Walter Fischer, mein so getreuer Apostel, erwirbt mir tagtäglich neue, begeisterte Anhänger, selbst unter den Kritikern!!!!! „Vom Himmel hoch“ hat überall freudigste Begeisterung erweckt!
Nun eine höchst wichtige Sache: Bitte, senden Sie umgehendst nach Empfang dieses Briefes ein complettes Freiexemplar meines Op 67 und der Schule des Triospiels an Herrn Professor R. Radecke
in Berlin W.
Courbièrestraße 11. Es handelt sich um Einführung meines Op 67 u. der Schule des Triospiels [RWV Bach-B8] im Königlichen Akademischen Institut für Kirchenmusik zu Berlin; alles ist da schon in schönste Wege geleitet! Nur müssen Sie eben op 67 u. die Schule des Triospiels umgehendst an Radecke senden; da die Sache zu wichtig ist, bitte ich Sie sehr dringendst, die Sache nicht vergessen zu wollen, sondern umgehendst op 67 u. die Schule der Triospiels an Radecke zu senden, wofür ich Ihnen sehr verbunden wäre.
Apropos: Über die Schule des Triospiels [RWV Bach-B8] erhalte ich fortwährend die schmeichelhaftesten Zuschriften.
Die diesem Briefe beiliegenden Kritiken, erbittte ich mir alle, wenn dieselben Herr Dr Kuhn gelesen hat, zurückzusenden! Nur den „Sammler“ bitte ich Sie, behalten zu wollen. Lassen Sie Sich die 2 Kritiken über „vom Himmel hoch“ kopieren.
Nun zum Schlusse: wie geht es Ihnen? Hoffentlich haben Sie u. Ihre sehr geehrte Frau Gemahlin die Erkältung nun überwunden u. senden wir Ihnen beiden beste Wünsche zur baldigsten Genesung! Zum Jahreswechsel senden meine Frau und ich Ihnen, Ihrer sehr verehrten Frau Gemahlin, Ihren lieben Kleinen, Herrn Dr Kuhn, Herrn Oberamtsrichter Kunze unsere wärmsten u. allerbesten Glückwünsche. Möchte 1904 für Sie, die sehr verehrten Ihrigen u. Herrn Dr Kuhn nur allerbestes, allerschönstes bringen, kurzum all das, was Sie Sich selbst wünschen; dies wünschen wir Ihnen aufrichtigst u. herzlichst!
Was von meiner Seite aus geschehen kann, daß unser Verhältnis stets u. stets u. stets ein reines, ungetrübtes, nur freundschaftlichstes bleibt, daß unsere Beziehungen zu einander in jeder Hinsicht stets u. stets u. stets nur die angenehmsten bleiben u. immer bleiben werden – daß da von meiner Seite aus alles, alles geschieht u. geschehen wird – dessen brauche ich Sie wohl nicht extra zu versichern. Und so wollen wir denn getrosten Muthes ins neue Jahr schreiten.
Der Sieg, das allgemeine Anerkanntsein meiner Kunst, damit auch der große pekuniäre Nutzen für Sie, ist näher als wir selbst zu glauben wagen; an aller Orten regt u. „regert“ sichs gewaltig u. unaufhaltsam, so daß in baldigster Zeit für Sie die goldene Ernte kommen wird.

Nun bitte ich Sie sehr dringendst, mir den Empfang der 18 Gesänge Op 75 1903 baldmöglichst per Postkarte bestätigen zu wollen u. bin
mit Wiederholung unserer
besten Neujahrswünsche
Ihr
allzeit ergebenster
ebenso schönstens
grüssender
Max Reger.

Object reference

Max Reger to Carl Lauterbach, Lauterbach & Kuhn, München, 30th December 1903, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005536.html, last check: 9th November 2024.

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