Wiesbaden, 17th July 1896

Max Reger to Heinrich Reimann

Object type
Letter
Date
17th July 1896 (source)
Sent location
Wiesbaden
Source location

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Sehr geehrter Herr Dr!
Schon seit Mitte April warte ich auf Antwort, ob Sie meine Zusendung […]

Regesta
erkundigt sich nach dem Erhalt der Orgelsuite op. 16 und einiger Bach-Bearbeitungen • wünscht Rezension [in der Allgemeinen Musikzeitung] von Otto Leßmann • kündigt baldige Übersendung eines Klavierkonzerts und einer Symphonie an [WoO I/4 und I/5, beide verschollen] • beklagt sich, dass der Briefwechsel abgerissen sei und darüber, dass ihn Leßmann aus dem Kreis seiner Mitarbeiter gestrichen habe • lästert über die Liedkompositionen von Hermann Bischoff, einem Mitarbeiter der Allgemeinen Musikzeitung: »ganz u. gar unreife Erzeugnisse eines jungen Mannes, der nur bisher in Wagner gewüstet hat« • erkundigt sich nach Dr. Seiffert
Remarks

Zuschreibung des Briefes an Heinrich Reimann in: Die Max-Reger-Sammlung im Stadtarchiv Weiden i.d. OPf., hrsg. von der Stadt Weiden in Zusammenarbeit mit den Weidener Musiktagen, Stuttgart 2007, S. 174.

Referenced works

Publications

Der junge Reger. Briefe und Dokumente vor 1900, hrsg. von Susanne Popp, Wiesbaden 2000 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XV), S. 280 (auszugsweise; dort noch als unbekannt)

1.

Wiesbaden, 17. July 1896.

Verehrtester Herr Dr!
Schon seit Mitte April warte ich auf Antwort, ob Sie meine Zusendung nebst Brief erhalten haben. Ich sandte Ihnen meine Orgelsuite [op. 16] nebst einem Arrangement Bach’scher Orgelwerke [RWV Bach-B1 oder -B2] – habe aber seitdem nicht eine Zeile Nachricht von Ihnen erhalten. Ich bitte Sie nochmals die Suite in der Zeitung des Herrn O. Leßmann besprechen zu wollen. In nächster Zeit kann ich Ihnen mit einem Klavierkonzert u. einer Symphonie [WoO I/4 und 5] dienen u. gehen diese Sachen direkt an Sie ab, sobald sie erschienen sind. Wie geht es Ihnen sonst? Mir will es ja so gar nicht recht einleuchten, daß mir alle brieflichen Weckrufe ausgehen – aber ich glaube, in diesem Falle sind Sie der Schuldige! Trotzdem ich ja die heillose Arbeit kenne, die auf Ihren Schultern ruht, so dächte ich doch, daß Sie für mich einen Augenblick Zeit haben, um mit einer Postkarte auf meinen Brief u. Sendungen antworten zu können.
Wie gefällt Ihnen überhaupt die Suite? Alles dies interessiert mich sehr – – u Sie hüllen Sich in unentwegtes Schweigen? Warum? Warum? Seit Januar erhalte ich auch nicht mehr die Zeitung des Herrn O. Leßmann! Welche Gründe Herrn Leßmann bewogen haben mögen, mich auf solche nicht mißzuverstehende Art aus der Reihe seiner Mitarbeiter zu streichen, weiß ich ja nicht! Im Übrigen unter uns gesagt; Herr H. Bischoff schreibt jetzt ja viel in der Zeitung! Ich weiß nicht, ich kenne nur ein Heft Lieder von ihm, welches Dr O. Bie seinerzeit besprach – u. welche Besprechung mir ganz contre coeur war, da Herr Dr. O Bie doch sehen mußte, welchen blühenden Unsinn diese Lieder enthalten. Entweder bin ich musikalisch nicht bei Trost (wie man in Bayern sagt) oder ist’s Herr H. Bischoff nicht! Nicht, daß ich mich sträubte gegen eine neue Erscheinung – aber die Lieder kommen mir so unglaublich schülerhaft in Allem vor, als ganz u. gar unreife Erzeugnisse eines jungen Mannes, der mir bisher in Wagner gewüstet hat. Also dies unter uns gesagt.
Was macht denn eigentlich Dr. Seiffert? Man hört ja gar nichts mehr von ihm? Lebt er noch? Oder ist er so in den Armen der Liebe verstrickt, daß er nur die Einsamkeit sucht

Besten Gruß
Ihr ergebenster
Max Reger
Wiesbaden

2.

Charlottenburg d. 17/V 93.

Sehr geehrter Herr Dr, Die Compositionen Ihres Schülers Max Reger habe ich mit grossem Interesse durchgesehen. Das ist eine ausserordentlich intensive musikalische Natur, die manchem Kopfschmerzen machen mag! Es weht ein jugendfrischer kräftiger Zug durch all’ diese Sachen u. man kann mit Bestimmtheit erwarten, daß, nach dem so manches sich in ihm geklärt und objektiver geworden – seine eigenste Künstlerindividualität noch bestimmter u deutlicher hervortritt, als sie sich jetzt bereits bemerkbar macht. Ich gratuliere Ihnen von Herzen zu solch trefflichem Schüler! – Sie wünschen Nachträge zu meinen Personalien in Ihrem Lexicon. Da ist wenig zu sagen; höchstens daß ich seit 2 Jahren „Custos der kgl. Bibliothek“ (schöner Titel?!!) bin. Ediert habe ich – ausser Ambros II 3 – nur die 2 Hefte deutscher Lieder („Das deutsche Lied“ bei Simrock in Berlin), denen allerdings jetzt zum October 2 neue Hefte als Fortsetzung u. 2 Hefte französischer, englischer, italienischer, spanischer, schwedischer, dänischer, polnischer + russischer Volkslieder folgen werden. Mit aufrichtigster Hochschätzung Ihr
ergebener
HReimann.

Object reference

Max Reger to Heinrich Reimann, Wiesbaden, 17th July 1896, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006862.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.

Information

This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.