Fritz Stein

Correspondence, Dedicatee, Performer

Gender
male
Profession
musicologist, conductor
Birth
17th December 1879
Death
14th November 1961
MRI-Identifier
mri_pers_00095

Name
Friedrich Wilhelm Stein
Used Name
Fritz Stein
Nickname
Fritz

References to Reger
    Correspondence, Dedicatee, Performer
References to others
  • Akademische Konzertkommission
  • Bach-Verein Heidelberg
  • Bachverein Heidelberg (alt. Bach-Verein Heidelberg)
  • Staatliche akademische Hochschule für Musik
  • Universität Jena

1.

1.1.

Geboren wurde Fritz Stein am 17. Dezember 1879 als Sohn eines Lehrers in Gerlachsheim (Main-Tauber-Kreis). Er studierte zunächst evangelische Theologie und legte 1902 sein Staatsexamen in Karlsruhe ab. Parallel dazu war er während seiner Studienzeit in Heidelberg (ab 1898) Privatschüler Philipp Wolfrums und im Wintersemester 1900/01 in Berlin Schüler Heinrich Reimanns. Auf Anraten Wolfrums, dessen Assistent und Vertreter im Heidelberger Bach-Verein er wurde, wandte er sich beruflich der Musik zu. Ab 1904 setzte er seine Studien am Leipziger Konservatorium bei Stephan Krehl, Artur Nikisch und Paul Homeyer fort sowie an der dortigen Universität bei Hugo Riemann. Prägend wurde für ihn aber insbesondere der private Unterricht bei Karl Straube in dieser Zeit.


                             und Fritz Stein, 1908.
Karl Straube und Fritz Stein, 1908.

Durch Straube kam Stein mit Reger in persönlichen Kontakt. Querverbindungen bestanden überdies durch Philipp Wolfrum sowie durch Steins heimliche Verlobte (und spätere Ehefrau) Margerete Czerny.1 1906 wurde Stein als Universitätsmusikdirektor nach Jena berufen. Dort wirkte er außerdem als Stadtorganist, gründete den Akademischen Chor und baute das Collegium musicum der Universität wieder auf. 1913 folgte die Ernennung zum a.o. Professor für Musikwissenschaft. In Jena kamen 1907 bzw. 1911 seine Kinder Hedwig und Max Martin zur Welt. Steins Berufung zum Dirigenten der Meininger Hofkapelle in der Nachfolge Regers im Sommer 1914 blieb wegen des Ausbruchs des I. Weltkriegs und der folgenden Auflösung des Orchesters ohne Ergebnis. Er selbst meldete sich als Freiwilliger zum Sanitätsdienst. In dieser Zeit leitete er an der Westfront den “aus Berufssängern, Musiklehrern, Dirigenten, ehemaligen Thomanern und Kruzianern”2 bestehenden Kriegsmännerchor Laon, der überwiegend in Lazaretten und Krankenhäusern auftrat. Aus diesen Erfahrungen speiste sich auch seine Feldausgabe 1918 des Volksliederbuchs für Männerchor3

Nach dem I. Weltkrieg wechselte Stein als Organist an die Nikolaikirche in Kiel, wo er 1919 a.o. Professor und 1928 Ordinarius für Musikwissenschaft an der Universität wurde und 1925 als Leiter der Symphoniekonzerte den Titel eines städtischen GMD erhielt. 1933 wurde er Direktor der Staatlichen Hochschule für Musik in Berlin. Im »Dritten Reich« fungierte er unter anderem als Reichsleiter der Fachgruppe Musik im Kampfbund für deutsche Kultur (KfdK) sowie als Präsidialrat der Reichsmusikkammer und leitete mehrfach den Chor der Leibstandarte Adolf Hitlers. Mit dem Kriegsende verlor Stein seine Ämter. Aufgrund der Zerstörung seines Berliner Hauses verbrachte er die folgenden Jahre bei seiner Tochter in London und kehrte 1949, nach erfolgtem Entnazifizierungsverfahren, zurück nach Berlin. Stein widmete sich nun vermehrt wissenschaftlichen Arbeiten, insbesondere Vorträgen und Publikationen zu Max Reger. Fritz Stein starb am 14. November 1961 in Berlin.


1
Margarete Czerny war 1905 spontan bei einem Konzert in Mannheim als Klavierpartnerin Regers eingesprungen und von diesem als »ausgezeichnete[…] Partnerin« für ihr »Heldenstücklein par excellence« gefeiert worden (Brief an Vinzenz Czerny vom 17. Februar 1905). Zum Dank widmete er ihr die Sonatinen op. 89 Nr. 1 und 2.
Hermann Poppen berichtet über diese Episode: »Reger traute seinen Ohren nicht: eine Nicht-Berufsspielerin, die ein so neuartiges und schwieriges Werk [Beethoven-Variationen op. 86] nicht nur kennt, sondern sich mit ihm öffentlich zu spielen getraut? Er verlangt eine Probe, kommt dazu in die Stadthalle mit seinem braunen Velour[s]-Künstlerhut, läßt ihn elegant über die Stuhllehnen des Kammermusiksaales schnellen und freut sich wie ein Kind, als der Hut richtig an einer der oben herausstehenden Streben unserer Stadthallenstühle hängen bleibt, setzt sich an seinen Flügel und spielt mit Gretel Czerny los, läßt sich von dem ihm umwendenden Fritz Stein mitten im Spielen immer wieder eine frische Zigarette in den Mund stecken und anzünden (eine Technik, die auch wir Schüler später zu üben hatten) und nimmt hochbeglückt Gretel Czerny als Partnerin an. Nicht ohne zunächst am Fernsprecher den Konzertunternehmer in Mannheim zappeln zu lassen« (Hermann Poppen, Erinnerungen an Max Reger, in Rhein-Neckar-Zeitung Heidelberg, 11. Mai 1948).
2
Harald Lönnecker, »„Sieg und Glanz dem deutschen Reich!“ Die akademischen Sänger im Ersten Weltkrieg«, in: Max Matter, Tobias Widmaier, Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, Jahrbuch des Deutschen Volksliedarchivs 50./51. Jg. (2005/2006), Münster u.a., S. 44
3
Ebda.

1. Reger-Bezug

Steins Kontakt mit Regers Musik entstand durch das Tonkünstlerfest des ADMV 1901 in Heidelberg, bei dem Karl Straube Phantasie und Fuge über B-A-C-H op. 46 spielte.1 1904 lernten sich beide in Leipzig bei verschiedenen Treffen im Straube-Kreis persönlich kennen. Nachdem Stein nach Jena berufen worden war, betrieb er dort die Verleihung der Ehrendoktorwürde an Reger, die 1908 anlässlich des 350-jährigen Jubiläums der Universität erfolgte. Zu den Feierlichkeiten hatte Reger eigens den 100. Psalm op. 106 und den Weihegesang (WoO V/6) komponiert; Stein brachte die Werke zur Uraufführung. In den Folgejahren vertiefte sich die Freundschaft – was auch darin zum Ausdruck kommt, dass Reger die Patenschaften für Steins Kinder übernahm.

Als Stein 1912 eine Symphonie C-dur von Friedrich Witt aufgrund missverständlicher Eintragungen als mögliches Jugendwerk Beethovens veröffentlichte, unterstützte Reger diese Publikation durch eine Bearbeitung der Symphonie für Klavier zu vier Händen (RWV Witt-B1). Umgekehrt erstellte Stein Ende 1912 den Klavierauszug zu Regers Römischem Triumphgesang op. 126, den er im folgenden Jahr in Jena beim Tonkünstlerfest des ADMV auch zur Uraufführung brachte.

Bezeichnend für das Vertrauensverhältnis zwischen Stein und Reger ist, dass Stein diesen mehrfach im Urlaub besuchte und ihm in kritischen Lebenssituationen beistand. So eilte er auf Bitten Elsa Regers im Sommer 1913 nach Kolberg, um Reger zumindest für den Moment von einer drohenden Überarbeitung abzuhalten. 1914 begleiteten die Steins Reger zu dessen Sanatoriumsaufenthalt nach Meran. Dieser dankte dem Ehepaar mit der Widmung des Hymnus der Liebe op. 136 und bedachte ihre beiden Kinder mit den Fünf neuen Kinderliedern op. 142.

Einfahrt ins Salzbergwerk Berchtesgaden am 31. August , von links: Hermann Unger, Margarete Stein, Fritz Stein, Max Reger. – Abgebildet in , S. 64.
Einfahrt ins Salzbergwerk Berchtesgaden am 31. August 1912, von links: Hermann Unger, Margarete Stein, Fritz Stein, Max Reger. – Abgebildet in Stein-Briefe, S. 64.

Auch nach Regers Tod trat Stein für ihn und seine Musik ein, nun verstärkt auch publizistisch. Von großer Bedeutung sind insbesondere seine Monographie Max Reger von 1939 und das über Jahrzehnte hinweg zusammengetragene und 1953 abgeschlossene Thematische Verzeichnis der im Druck erschienenen Werke von Max Reger. Außerdem bemühte sich Stein, die ab den 1920er-Jahren zum Teil weit verstreuten Manuskripte und Briefe Regers zu sammeln. Diesen Quellenforschungen entsprangen auch mehrere Uraufführungen und Veröffentlichungen bislang ungedruckter Werke, so des Requiems WoO V/9, dessen ersten Satz Stein 1938 zur Uraufführung brachte und der im Folgejahr erschien.


1
»Das Programm eröffnete ein unbekannter junger Organist vom Willibord-Dom zu Wesel mit […] dem opus 46 eines unbekannten, jungen Komponisten Max Reger. Die Hörer, zumeist aus Fachmusikern bestehend, und auch die Kritik standen dem scheinbar chaotisch entfesselten Sturm dieser mächtigen Tonfluten ratlos gegenüber. Auch wir Wolfrum-Schüler […] verstanden nicht die zwingende Formkraft dieser mit ungeheurer Kühnheit nach Ausdruck ringenden, chromatisch, modulatorisch und dynamisch scheinbar übersteigerten neuen Tonsprache. Wir hatten nur den unbestimmten Eindruck von etwas Elementarem, in seiner Naturgewalt zunächst Unfaßbarem.« (Fritz Stein, Der Freund und Vorkämpfer Max Regers. Erinnerungen an Karl Straube, in Neue Zeitschrift für Musik 114. Jg. [1953], Nr. 3 [März-Heft], S. 139).
Object reference

Fritz Stein, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_00095.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.

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