Wilhelm Weigand
Correspondence, Lyricist
- Correspondence, Lyricist
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1.
1.1.
Wilhelm Weigand 1 wurde am 13. März 1862 als Wilhelm Schnarrenberger in Gissigheim im Main-Tauber-Kreis geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters, des Landwirts Wilhelm Schnarrenberger, und der Neuverheiratung seiner Mutter, Rosalia Hellinger, wuchs er bei seiner Großmutter Magdalena Schnarrenberger, geborene Weigand, auf. Er besuchte das Gymnasium in Wertheim und ergriff zunächst, “nicht aus freien Stücken”2, sondern auf Betreiben seiner Familie, zunächst den Lehrerberuf, den auch sein Onkel Josef Schnarrenberger ausübte. Er arbeitete u.a. ab 1881 als Musik- und Gesangslehrer in Tauberbischofsheim und in der Folge auch als Hauslehrer in Brüssel, Paris, Berlin, begleitend zum Studium der romanischen Sprachen und der Kunstgeschichte. 1888 nahm er mit gerichtlicher Wirkung den Nachnamen seiner Großmutter an, möglicherweise in Opposition zu seinem Onkel und auch in Reverenz an den Kurmainzer Amtskellner Friedrich Weigand, einem Protagonisten der Aufständischen im Deutschen Bauernkrieg (1524–1526).3 Im selben Jahr vollendete er, noch in Berlin, als literarischen Erstling den Roman Die Frankenthaler, der sein erfolgreichstes Buch bleiben sollte.4 Er erschien zu Weigands Lebzeiten in zahlreichen, immer weiter umgearbeiteten Ausgaben, so noch 1943 in der Reihe Soldatenbücherei des Oberkommandos der Wehrmacht (Bd. 41).
Ab 1889 lebte Weigand in München; ab 1891 im Stadtteil Bogenhausen. Das großstädtische Leben wurde zunöchst durch die Mitgift seiner Frau Thora Hermann finanziell abgesichert.5 Er widmete sich seinen literarischen Arbeiten und wirkte ab 1896 in der Bayerischen Staatskommission für den Ankauf neuer Kunst. Im November 1899 wurde nach dem Vorbild von Wien, Berlin und Stuttgart der Münchener Hugo Wolf-Verein gegründet, dem neben Weigand als erstem Vorsitzenden unter anderem der Dirigent Bernhard Stavenhagen, der Schriftsteller Michael Georg Conrad, der Musikschriftsteller Arthur Seidl und die Komponisten Hermann Teibler und Wilhelm Mauke angehörten.6 Nach einem Hugo-Wolf-Abend von Dezember 1899 wandte sich der Verein der zeitgenössischen Musik im Allgemeinen zu und organisierte die Münchner Erstaufführung von Gustav Mahlers zweiter Sinfonie im Oktober 1900.7 Kurz darauf wurde er in Münchener Gesellschaft für moderne Tonkunst unbenannt,8 konnte bis zu seiner Auflösung Anfang 1902 aus finanziellen Gründen jedoch nur mehr drei weitere Konzerte mit Liedern und Kammermusik von Wolf, Peter Gast, Reger (siehe Reger-Bezug), Adolf Sandberger, Hans Pfitzner und Hermann Bischoff veranstalten. Weigand hatte sein Vorstandsamt bereits im November 1901 zur Verfügung gestellt.9 Im Jahr 1904 gründete Weigand zusammen mit Paul Nikolaus Cossmann und Josef Hofmiller die interdisziplinäre Kulturzeitschrift Süddeutsche Monatshefte, “die vor allem die süddeutschen Kulturinteressen und, als Organ großen Stils, ein Gegengewicht gegen gewisse Zeitströmungen, wie sie von Berlin ausgingen, wirken sollte.”10 Zur Mitarbeit konnten der Verleger Georg Müller, der Maler Hans Thomas, der liberale Politiker Friedrich Naumann, der Komponist Hans Pfitzner und der Musikschriftsteller Paul Marsop gewonnen werden. Weigand, der auch Eigenkapital für die Zeitschriftengründung eingesetzt hatte, fungierte als Herausgeber der Zeitschrift. Jedoch bereits “im Laufe des ersten Geschäftsjahres” geriet er in nicht näher benannte “unliebsame Meinungsverschiedenheiten” mit “den anderen Gründern”11 und kündigte, ebenso wie Müller, die Teilhaberschaft an der journalistischen Unternehmung. 1905 trat Cossmann Weigands Nachfolge aus Herausgeber an.
1910 wurde Weigand zum Professor für Bildende Künste ernannt.12; 1912 heiratete er nach dem frühen Tod seiner ersten Frau 1901 die Notarstochter Emmilie Schwabenthan; die Inflation sollte dem Paar ihres Vermögens berauben.13 Im Münchner Literaturbetrieb hingegen war Weigand nicht ohne Einfluß. Unter anderem wurde er Ende 1926 in den Literaturbeirat der Stadt München berufen, der unter dem Vorsitz Thomas Manns wirkte, und ab 1928 auch den bis heute existierenden Dichterpreis (später Literaturpreis) der Stadt München vergab.14 In nationalsozialistischer Zeit wuchs sein öffentliches Ansehen als Schriftsteller. 1942 erhielt Weigand den (ebenso bis heute vergebenen) Johann-Peter-Hebel-Preis und wurde Ehrenbürger der Universität Heidelberg. Ein Jahr später wurden ihm in München der Literaturpreis der Hauptstadt der Bewegung sowie in Würzburg der Rückert-Preis als Mainfränkischer Kunstpreis für Schrifttum und Dichtung verliehen. Zwei Jahre nach dem zweiten Weltkrieg wurde er zum Ehrenbürger seiner Heimatstadt Gissigheim ernannt.15 Weigand starb am 20. Dezember 1949 in München.
In einer Würdigung zum 70. Geburtstag des Literaten im März 1932 ist in den Münchner Neuesten Nachrichten zu lesen: “Das Schaffen Wilhelm Weigands umfaßt alle literarischen Gattungen und bildet eine ganze Bibliothek, von der vieles vergriffen und manches noch nicht veröffentlicht ist.”16 In der Tat war Weigand “ein absoluter Vielschreiber”17; in einem Werkverzeichnis sind 92 Nummern dokumentiert.18 In seiner Frühzeit trat er insbesondere mit historischen Dramen, darunter dem deutschen Trauerspiel Florian Geyer (1901) hervor, die eher “Lesedramen”19 darstellen und selten auf die Bühne gebracht wurden. In seinem ersten, noch in Berlin entstandenen Roman Die Frankenthaler (1. Auflage 1889), an dessen Erfolg er nie mehr anknüpften konnte, sah Weigand selbst “vielleicht eine unbewusste Reaktion gegen meine großstädtische Umgebung.”20 Ein idealisiertes, ländliches Tauberfranken als “Ausweichen in eine „bessere Vergangenheit“”21 sowie die Spannungen, in denen die Landbevölkerung in Zeiten der Industrialisierung geriet, blieben Leitthemen regional verankerter Werke wie der Sammlung Weinland. Novellen aus Franken (München/Leipzig 1915) sowie der Romane Die ewige Scholle (Berlin 1927) und Die Gärten Gottes (Leipzig 1930). In seinen betont antimodernistischen Publikationen beleuchtete Weigand “Aspekte des „Volk ohne Raum-Denkens“”22, die sich gut ins nationalsozialistische Kulturbild einpassen ließen.
Weigand pflegte selbst ein völkisches Denken und “propagierte die Rückkehr zur heimischen Scholle”23. Seine Positionierung im Müncher Kulturleben war überdies von zahlreichen Gegnerschaften geprägt: Das 1919 konzipierte und 1935 im NSDAP-Zentralverlag herausgegebene dokumentarische Pamphlet Die rote Flut. Der Münchener Revolutions- und Rätespuk 1918/19 verbindet eine Abrechnung mit der politischen Linken mit zügellosem Antisemitismus. Ein gespanntes Verhältnis hatte Weigand auch zu den modernistischen Künstler- und Literaturkreisen der Schwabinger Bohème um Otto Julius Bierbaum, Frank Wedekind und Walter Heymel.24
Im Kontrast zu diesen Originalwerken steht Weigands umtriebiges Wirken als Romanist und Vermittler französischer Kultur. Er verantwortete unter anderem als Mitherausgeber eine achtbändige historisch-kritische Ausgabe der Gesammelten Schriften von Michel de Montaigne (München 1908–1915), über den er auch eine Biografie schrieb (München 1911), eine 15-bändige Ausgabe der Gesammelten Werke von Stendhal (München 1921–23) und eine sechsbändige Ausgabe der Gesammelten Werke von Gustave Flaubert (München 1923).
1.2. As lyricist
- Anton von Webern, Sommerabend, Nr. 5 aus Acht frühe Lieder (1901–1904)
- Richard Stöhr, Auf den Höhen, Nr. 1 aus Sieben Lieder op. 14 (1907)
- Joseph Haas, Auf den Höhen, Nr. 3 aus Vier Gesänge op. 24 (1909)
- Felix Weingartner, Rosen, Nr. 1 aus Fünf Lieder op. 46 (1909)
1. Reger-Bezug
Wahrscheinlich traten Weigand und Reger im Herbst 1900 in persönlichen Kontakt. Dokumente hierzu fehlen aber. Anlass dürfte ein Konzert der Münchener Gesellschaft für moderne Tonkunst (vormals Münchener Hugo Wolf-Verein) gewesen sein, deren erster Vorsitzender Wilhelm Weigand war. Im Rahmen des internen, d.h. nur für Vereinsmitglieder veranstalteten Liederabends am 6. Dezember 1900 im Kleinen Kaim-Saal kamen neben Liedern von Hugo Wolf, Hans Pfitzner, Peter Gast, Siegmund von Hausegger und Adolf Sandberger auch Glückes genug op. 37 Nr. 3 und andere Vertonungen des in München noch kaum bekannten Max Reger zur Aufführung.1 Die Reger-Lieder sang vermutlich der Tenor Josef Loritz, der drei Tage später bei einen eigenen Liederabend im Hotel Bayerischer Hof ebenfalls Reger-Lieder im Programm hatte. 2 Gewiss hatte Reger im Vorfeld des Konzertes Kontakt mit dem Verein und vermutlich auch zu dem 1. Vorsitzenden Weigand, persönlich haben sich Reger und Weigand zu dieser Gelegenheit aber noch nicht kennengelernt, da Reger noch in Weiden lebte und nicht nach München anreiste. Der nächste verbriefte Kontakt fand im Spätjahr 1903 statt, als Reger für die Mitarbeit bei der in der Gründungsphase befindlichen Zeitschrift Süddeutsche Monatshefte gewonnen werden konnte, deren erster Herausgeber Weigand war. Für das erste Heft des neuen Periodikums steuerte Reger den Aufsatz (Februar 1904) bei. In der November-Ausgabe der Monatshefte desselben Jahres erschien Regers Minnelied (später op. 76 Nr. 21) als Musikbeilage beisteuern. Reger kommunizierte im Zuge der Veröffentlichung dieser Beiträge nicht mit Weigand, sondern mit den Redakteuren Josef Hofmiller und Paul Nikolaus Coßmann. Es entwickelte sich auch eine persönliche Bekanntschaft insbesondere mit Hofmiller, aber mit Weigand.3
Als Eröffnungsstück seiner Achtzehn Gesänge op. 75, die im November/Dezember 1903 entstanden, wählte Reger mit Merkspruch ein provokantes, mottoartiges Gedicht von Weigand aus der Sammlung In der Frühe (Leipzig 1901) als Textvorlage aus. Weitere Vertonungen von Weigand-Texten gibt es bei Reger nicht, auch scheinen Reger und Weigand nach 1904, als Letzerer als Herausgeber der Monatshefte ausschied, den Kontakt nicht weiter gepflegt zu haben.
Object reference
Wilhelm Weigand, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_00613.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
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