Maria Stona
Lyricist
- Lyricist
- –
1.
1.1.
Maria Stona1 wurde am 1. Dezember 1859 als Tochter der Großgrundbesitzer Josef und Maria Stonawski in dem im k.k. Herzogtum Ober- und Nieder-Schlesien gelegenen Dorf Strzebowitz (heute: Trebovice in Tschechien) auf einem kleinen Schloss geboren, das seit 1865 in Familienbesitz war. Die polnischstämmige Familie, die der evangelischen Minderheit angehörte, pflegte einen aristokratischen Lebensstil, und Marie heiratete 1880 den Zuckerfabrik-Besitzer Albert Scholz (1850–1905), dem sie nach Chropin (Chropyně) folgte. Ab 1887 wurden in der »belletristisch-musikalischen Zeitschrift« An der schönen blauen Donau einige Gedichte von ihr veröffentlicht; im selben Jahr erschien die Erzählung Presto prestissimo. Eine Reise in 288 Tagen. Akute Finanznöte des Ehemanns machten 1888 eine Rückkehr nach Strzebowitz notwendig, wo Scholz jedoch als Gutsverwalter wiederum eine unglückliche Figur machte. Um den finanziellen Ruin abzuwenden, wurde auf Drängen von Maries Vater die Scheidung forciert, die im Jahr 1900 rechtskräftig war.
Marie Scholz blieb in Strzebowitz, wo sie die Gutsgeschäfte nach dem Tod des Vaters 1910 alleinverantwortlich führte, und trieb – unter dem Namen Marie Stona bzw. (etwas später) Maria Stona – ihre Karriere voran: Anerkennung erhielt sie insbesondere für ihre beiden Gedichtbände Buch der Liebe (1888; bis 1901 drei Auflagen) und Lieder einer jungen Frau (1899), wobei sie in programmatischer Weise auf eine neue Sanglichkeit der Sprache zielte. “[E]s giebt die Lieder, die unwiderstehlich zum Singen zwingen und ich begreif’ es daß Tonsetzer darüber herfallen” schrieb der befreundete liberale Politiker und Philosoph Bartholomäus von Carneri über deren Lyrik.2 Unter der Prämisse einer Verküpfung von Kunst und Leben (“alle meine Lieder erlebt” 3) tragen insbesondere ihre Romane Der Rabenschrei. Roman einer Scheidung (1907), Rahel. Roman einer Mischehe (1909), Die wilde Wolhynierin (1922) und Vor dem Sturz (1934) autobiografische Züge.
Stonas umfangreiches Œuvre entstand zu großen Teilen auf dem Schloss in Strzebowitz, das zu einem “bemerkenswerten kulturellen Mittelpunkt Mitteleuropas” 4 avancierte. Bei zahlreichen Besuchen in Wien Ende der 1880er-, Anfang der 1890er-Jahre begann sie, “ein Beziehungsnetz zu den europäischen Intellektuellen und Künstlern” 5 zu knüpfen. Zu diesem gehörten neben von Carneri u.a. die Literatin Marie Eugenie delle Grazie, der darwinistische Philosoph Ernst Haeckel, die Pazifistin Bertha von Suttner und Theodor Herzl, Begründer des Zionismus und Redakteur der Neuen Freien Presse; ferner frequentierte Stona auch den Salon von Dora von Stockert-Meynert, einer Vorreiterin der Frauenbewegung. Auf Reisen nach Berlin kam sie in Kontakt mit dem Kreis »Die Kommenden«, der von Ludwig Jacobowski geführt und vom späteren Anthroposophen Rudolf Steiner weitergeführt wurde. Alle Intellektuellen verband eine pazifistische Grundsteinstellung sowie das Eintreten gegen den aggressiver werdenden Antisemitismus. Ab ca. 1900 etablierte Stona in Strzebowitz eine Salonkultur nach Wiener Vorbild, die neben Jacobowski u.a. der dänische Literaturwissenschaftler Georg Brandes sowie zahlreiche Persönlichkeiten des politischen und kulturellen Lebens der Region belebten.
Nach dem frühen Tod des engen Freundes Jacobowski Ende 1900, der Stonas Gedichte in der Zeitschrift Die Gesellschaft veröffentlicht hatte, gab die Dichterin die Gedenkschrift Im Lichte des Lebens heraus, an der sich u.a. Anna Ritter und Martin Boelitz mit Beiträgen beteiligten.
1906 heiratete Stona erneut, den österreichischen Journalisten Erasmus Kleinert, und bereiste mit “Ausnahme Großbritanniens das ganze kulturelle Europa” 6. Sie hegte Sympathien für den 1918 gegründeten tschechoslowakischen Nationalstaat, zu dem auch Strzebowitz gehörte, bis dieser nach Umsetzung des Münchner Abkommens von 1938 von den Nationalsozialisten besetzt wurde. Eine Hinwendung der betagten Literatin zur NS-Ideologie führte zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Tochter Helene Scholz-Zelezny, einer renommmierten Bildhauerin und Kosmopolitin. Maria Stona starb am 30. März 1944 in Strzebowitz. Bei Durchzug und Belagerung durch die Rote Armee im Frühjahr 1945 wurde das Schloss schwer beschädigt, die wertvolle Schloßbibliothek vernichtet. 1958 wurde es abgerissen.
1.2. As lyricist
Weitere Vertonungen
- Hans A. Cesek: Spielmannslied op. 21 (v: 1899)
- Hans Hermann: Dein! op. 46 Nr. 6 (v: 1899)
- Egon Kornauth: Hab’ einen Traum begraben (Titel: Leid) op. 1 Nr. 3 (v: 1913–17)
- Erik Meyer-Helmund: Ich liebe dich op. 75 Nr. 1 (v: 1889)
- Margarete Schweikert: Meine Lippen brennen so (1913?)
- Hans Zois: Spielmannslied op. 60 Nr. 2 (v: 1890)
1. Reger-Bezug
Reger lernte die Lyrik Maria Stonas über deren Gedichtband Lieder einer jungen Frau von 1899 kennen, der in seinem Besitz war und aus dem er Anfang 1900 Ach, Liebster, in Gedanken … als Opus 48 Nr. 4 vertonte. In der Folge gratulierte er der Pianistin Ella Kerndl “zu Ihrer Landsmännin der Frl. Maria Stona, die 2 Bändchen Gedichte herausgab! Alle Achtung vor dem schöpferischen Talent dieser Dame!” (Brief vom 16. April). Innerhalb der Opera 55 und 79c setzte Reger dann zwei weitere Texte der Dichterin in Musik. Ein Briefwechsel oder eine persönliche Begegnung ist nicht dokumentiert.
Object reference
Maria Stona, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_01911.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
Information
This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.