Leipzig, 30th December 1909

Max Reger to Philipp Wolfrum

Object type
Letter
Date
30th December 1909 (source)
Sent location
Leipzig
Source location
DE,
Karlsruhe,
Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung,
Ep. Ms. 1663

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Lieber Freund!
Nachdem ich hoffe, daß Du die Originalpartitur der „Nonnen“ erhalten hast, sende ich Dir anbei den Klavierauszug! […]

Regesta
hofft, dass er die Partitur der Nonnen [op. 112] erhalten habe und sendet den Klavierauszug • berichtet von der glänzenden Aufführung von op. 74 und 109 und ärgert sich über eine schlechte Kritik
Remarks
Referenced works

Publications

Max Reger–Philipp Wolfrum. Briefe und Dokumente einer Künstlerfreundschaft, hrsg. von Jürgen Schaarwächter, Stuttgart 2021 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XXV), S. 149f.

1.

Lieber Freund!

Herzlichen Dank für Deine freundliche Sendung und Widmung. Ich war 2 Tage über Land, sonst hätte ich gleich geschrieben. Bis Anfang März bin ich in der Lage, Dir Vorschläge für nächstes Jahr zu unterbreiten. Ich hoffe, daß Du uns getreu verbleibst. Der Finger ist noch eingekapselt, ich werde ihn aber in den nächsten 8 Tagen frei bekommen. Die Frankfurter schreiben mir, daß sie Dich aus- und für nächstes Jahr eingeladen hätten. Das lag gar nicht in meiner Absicht und ist mir sehr peinlich, daß Du meiner Klimperei halber Nachteile hast!

Neulich war Vincent d’Indy aus Paris hier – ein sehr patenter Mensch und Künstler. Wir sprachen viel von Dir. Ich hoffe, daß Du von ihm baldigst eine Einladung bekommst; er ist sehr maßgebend in Frankreich.

Zum Bachfest werde ich nun doch Marteau bitten. Offen gestanden: Wendling geigt zu viel in der Gegend umher, und „zieht“ infolge dessen zu wenig. Wir müssen aber gerade bei Bach darauf sehen.

Gestern lese ich in den hiesigen Blättern, daß Hasse ein II. Konzert in Chemnitz gegeben und dabei Deinen Prolog [op. 108] und Bruckners Achte „restlos künstlerisch ausschöpfte“. Als Solisten ließ er Straube für Liszt’s Variationen „Weinen“ kommen. Letzteres hätte der faule Strick wohl selbst besorgen können! Und ersteres riecht etwas stark nach Reclame. Ist das so sächsischer Usus?

Nun also nochmals tausend Dank und wärmste Grüße von Haus zu Haus bis auf weiteres!

Stets
Dein
alter
Wolfrum

Heidlbg
8/II 10.

2.

Leipzig, Kaiser Wilhelmstr. 68 I
30. Dec. 1909

Lieber Freund!

Nachdem ich hoffe, daß Du die Originalpartitur der „Nonnen“ [op. 112] erhalten hast, sende ich Dir anbei den Klavierauszug! Bitte, sei Du so gut, mir den Empfang der Partitur (Mnsrpt) zu bestätigen! – Gestern war hier Regerabend, in dem das Sevcikquartett meine beiden Streichquartette op 74 u. 109 glänzend spielten!

Heute früh erscheint eine direkt niederträchtige Kritik, geschrieben von einem Kerl, der bisher nicht wußte, wie er mir hinten reinkriechen soll – natürlich Jude! 1

Ja, ja, man macht „nette“ Erfahrungen. Aber Du weißt ja bei Goethe findet man alles; in diesem Falle citiere ich eine „berühmte“ Geschichte im Götz von Berlichingen.

Hoffentlich geht es Dir u. den Deinen recht gut.

Mit viel, viel besten, schönsten Grüßen u. Neujahrswünschen von Haus zu Haus
immer Dein alter
Reger


1
Reger bedient sich hier eines seinerzeit gängigen Klischees, blieb doch “auch im Kaiserreich, trotz öffentlich proklamierter Toleranz und Liberalität, die Feindschaft gegen die Juden als „Christusmörder“ im Denken der Menschen präsent. […] Es entsprach der Tradition der abendländischen Judenfeindschaft, das Judentum zum Inbegriff alles Negativen zu machen.” (Dietrich Kämper, »Antisemitismus im Berliner Musikleben des Kaiserreichs. Der Fall Max Bruch«, in Die Musikforschung 73. Jg. (2020), Nr. 4, S. 305f. bzw. 311.
Object reference

Max Reger to Philipp Wolfrum, Leipzig, 30th December 1909, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01002809.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.

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