München, 13th May 1906

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn

Object type
Letter
Date
13th May 1906 (source)
Sent location
München
Source location
DE,
Karlsruhe,
Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung,
Ep. Ms. 2701

Senders
  • Max Reger
Recipients
Lauterbach u. Dr Kuhn
Leipzig
Rossstrasse 18

Incipit
Meine Lieben!
Anbei sende ich Euch „eingeschrieben“ in Rolle Satz I u. II in Partitur der Orchesterserenade […]

Regesta
übersendet die ersten beiden Sätze der Serenade op. 95, erläutert das Werk und gibt Anweisungen zum Stich • berichtet über Konzerte • Honorarfrage Suite im alten Stil op. 93 • erbittet die Übersendung eines Gedichtbandes aus der Bibliothek Lauterbach, da in diesem Gedichte zur Vertonung geeignet waren [später op. 97 und 98] • teilt mit dass [Felix] Mottl von der Serenade »riesig begeistert« ist
Remarks

sendet am nächsten Tag als eingeschriebenes Geschäftspapier das Manuskript des 1. und 2. Satzes von op. 95 (vgl. Postbucheintrag)

Referenced works

Publications

Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 2 [1905–10], hrsg. von Herta Müller, Bonn 1998 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 14), S. 129–132

Max Reger, Briefe zwischen der Arbeit. Neue Folge, hrsg. von Ottmar Schreiber, Bonn 1973 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 6), S. 65–67

1.

[Gedruckter Briefkopf:]
Max Reger
München
Victor Scheffelstr. 10/III.
München, den 13. Mai 1906.
Sonntag nachmittags!

Meine Lieben!
Anbei sende ich Euch „eingeschrieben“ in Rolle Satz I u. II in Partitur der Orchesterserenade in G dur op 95. Freund Straube, den ich mit dieser Karte benachrichtige, wird in den allernächsten Tagen zu Euch kommen und Euch mit dem Werke etwas vertraut machen! Wie Ihr schon aus der Partitur erseht, ist die Serenade Satz I u. II ganz dünn, licht, doch sehr raffiniert instrumentiert; es wird mir also kein Mensch bei diesem Werke den Vorwurf machen können, daß es zu gleichartig in den Klangfarben ist! Besonders bei den Hörnern hab ich ganz gehörig „aufgehellt!“ Betreff der Herstellung der Stimmen, so bitte ich Euch folgendes sehr, sehr wichtiges in der Stecherei zu sagen: Da „divisi“ Stellen in den Streichern fast gar nicht vorkommen, so bitte ich dringendst, bei den so wenigen Stellen, wo „divisi“ ist, diese Stellen nicht in den Stimmen auf zwei Systeme, sondern,wie in Partitur, auf ein System zu stechen; damit wird viel Raum gespart u. es bleibt doch alles sehr schön leserlich!
Sodann wegen der Stimmen 1. Violinen 2. Violinen, Bratschen u. Celli, die durchaus getheilt sind durchs ganze Werk! Es müssen da, wie in der Partitur steht, 2 erste, 2 zweite Violinstimmen, 2 Bratschenstimmen, 2 Cellostimmen gestochen werden! u. zwar so:
1.)I. Violine (a)Bitte genau so(ohne Sordinen)in Überschrift2.)I. Violine (b)die Stimmen!(mit Sordinen)(desgleichen bei II. Violine, Bratsche u. Cello.)
Also bitte da größte Vorsicht; 2 getrennte Stimmen für I. Violine, II. Violine, Bratsche u. Cello: (a ohne Sordinen
b mit Sordinen)
Bitte, schreibt mir umgehendst, ob Ihr betreff der Stimmen es so macht; so wie ich es vorschlage, ist es entschieden das Praktischste u. Nützlichste! Ich hab’ es mir sehr gründlich überlegt!
Sodann gebt ja in der Stecherei an, daß für alle Bläser, Harfe u. Pauke möglichst bequeme Umwendestellen gemacht werden! Bitte, habt die große Freundlichkeit, ja alles genauestens so zu machen, wie ich Euch in diesem Briefe so dringendst bitte!
Der 3. Satz (Andante sostenuto e semplice) der Serenade op 95 ist im „Rohbau“ in der Partitur ebenfalls fertig; Ihr erhaltet den 3. Satz so gegen 30. Mai spätestens! Für den letzten Satz hab’ ich schon die Themen (kurz u. lustig!) Der 3. Satz (Andante) wird der schönste langsame Satz, den ich jemals geschrie- ben habe! Die „Serenade“ wird ohne jeden Zweifel uns alle Orchester öffnen; das Werk ist so klar, dabei doch originell, muß jeder Zierde der Arche Noah sofort beim 1. Hören eingehen! Kurzum mit dieser Serenade wird die Regerbewegung ohne Zweifel wieder ein ganz gehöriges Stück vorwärts gebracht! Vor Allem ist – außer der viel bequemeren Herstellungsweise der Partitur u. Stimmen der Serenade op 95 – die Serenade op 95 technische für jedes Instrument viel, viel leichter; die Serenade kann keinem Orchester mittlerer Güte nur irgendwie technische Schwierigkeiten machen, so daß also Dirigent wie Orchester ihr Hauptaugenmerk auf möglichst feinen Vortrag des Werkes wenden können!
Ich werde morgen Siloti schreiben, daß wir die Serenade machen u. nicht Sinfonietta; de› mit Serenade führen wir uns glänzend ein! Sinfonietta dann nächstes Jahr! Es ist politischer so!
Apropos: den Regerabend in Petersburg mit op 78, 84, 81, 86 haben sie nun auch in Charkow (Südrußland) gemacht!
Zweifellos ist es, daß wir die Serenade nächstes Jahr sicher auf einem der Musikfeste (Cöln oder Düsseldorf) bekommen; denn Steinbach u. Buths werden ihre Freud’ an der Serenade haben!
Sodann hab’ ich jetzt erfahren, daß sich der Großherzog von Hessen mächtig für meine Werke interessieren soll! Er hat Befehl gegeben, daß meine sämmtlichen Werke für ihn angeschafft werden sollen!
Nun wegen der Honorarfrage der Suite op 93 (Suite im alten Styl) für Violine u. Klavier! Da schreibt Ihr: ich sollte nicht zu knapp Euch vorschlagen! Nun bin ich aber von wegen weil „nicht zu knapp“ so in Verlegenheit, daß ich Euch bitten muß, daß Ihr mir da einen Vorschlag macht!
Sodann noch eine große Bitte an Dich, mein lieber Lauterbach; als ich letzten August bei Dir in Gautzsch war, hattest Du in Deiner Bibliothek ein Gedichtbuch; so eine Sammlung von Gedichten aus der Rokoko=resp. Biedermeierzeit; auch die Ausstattung dieses Buches war so im Styl dieser Zeit gehalten! Da waren nun einige Gedichte zum Componieren drinnen; ich weiß allerdings nicht mehr, wie das Buch hieß; aber ich denke, daß Du es aus obiger Beschreibung schon erkennst; bitte, sei so gut, u. sende mir dieses Buch baldigst zu! (Leihweise!) Ich sende es Dir dann zurück, wenn ich die komponierbaren Gedichte daraus mir abgeschrieben habe – „ich spare ja dadurch eben wüste Gelder“!
Also Straube ist gebeten von mir, daß er baldigst zu Euch kommt, um Euch mit der Partitur bekannt zu machen! Wenn dann Straube bei Euch war, so gebt dann bitte die Partitur umgehendst in Stich u. gebt bitte in der Stecherei u. gebt alles, bitte, genauestens so an, wie ich Euch in diesem Briefe geschrieben habe!
Ich fahre noch heute (Sonntag abend) nach Stuttgart, spiele morgen (Montag) mit Wendling 84; Dienstag früh bin ich wieder in München! Ich lasse durch meine Frau morgen (Montag) die Partitur (eingeschrieben) u. diesen Brief an die Post bringen, damit Ihr Partitur u. Brief Dienstag früh schon habt! Bitte, schreibt mir umgehendst, ob Ihr die Partitur op 95 Satz I u. II richtig und unversehrt erhalten habt u. bitte schreibt mir baldigst genaueste Antwort auf diesen Brief! Bitte, packt die Partitur recht sorgfältig aus!
Nun viele allerherzlichste Grüße an Euch, beide, meine Lieben, Frau Lauterbach, die Kindlein, Straubes, dann Herrn Oberjustizrath Kunze u. schreibt mir bitte umgehendst ob Ihr die Partitur richtig u. unversehrt erhalten habt, beantwortet mir baldigst u. genauestens diesen Brief.
Ganz Euer treulichster
Max Reger.

Ich hab’ heute etwas viel geschrieben; nun geht die Hand nicht mehr recht gut; ich muß selbe noch sehr schonen! Beste Grüße von meiner Frau und mir an Euch alle!
Soeben habe ich Mottl die 2 Sätze der Serenade op 95 aus der Partitur vorgespielt, der riesig begeistert von dem Werk war, es entzückend u. hochoriginell findet; er hat sich das Werk auch in Betreff Instrumentation angesehen u. sagt, das müßte alles klingen u. alles herauskommen! Also hier u. in Wien macht er es sofort im 1. Concert.

Object reference

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 13th May 1906, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01003749.html, version 3.1.1, 31st January 2025.

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