München, 2nd June 1906
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn
Karlsruhe,
Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung,
Ep. Ms. 2710
- Max Reger
Meine Lieben!
Besten Dank für Brief; die Abzüge der Suite op 93 sind richtig in meine Hände gekommen […]
- Schlichte Weisen op. 76
- Serenade G-dur op. 95
- Suite im alten Stil op. 93
Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 2 [1905–10], hrsg. von Herta Müller, Bonn 1998 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 14), S. 141–143
Max Reger, Briefe zwischen der Arbeit. Neue Folge, hrsg. von Ottmar Schreiber, Bonn 1973 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 6), S. 67–69
Wilfried Jung, Der Künstlerbrief als Informationsquelle – am Beispiel Max Reger, Nürnberg 1970, S. 28
1.
[Gedruckter Briefkopf:]
Max Reger
München
Victor Scheffelstr. 10/III.
München, den 2. Juni 1906.
Pfingstsamstagabends!
Meine Lieben!
Besten Dank für Brief; die Abzüge der Suite op 93 sind richtig in meine Hände gekommen; ich werde nach Möglichkeit den 3. Satz der Suite für Violine u. Orgel balde bearbeiten und Euch senden! Die Abzüge op 93 selbst eilen ja am allerwenigsten; ich werde selbe nach den Abzügen der Serenade op 95 erledigen, damit die Serenade rechtzeitig am 1. September fertig wird im Druck! Soviel ich gesehen habe, fehlt in Suite op 93 sehr wenig! Bitte, sorgt dafür, daß ich die Abzüge von op 95 (der Serenade) recht baldigst erhalte! Das ist sehr wichtig!
Wegen Akademie - so seid da bitte ohne alle Sorgen; diesmal nehme ich mein Entlassungsgesuch für keinen Fall zurück! Am 15. July bin ich wirklich „Freiherr!“ Daß es u. U. sogar geschehen ist, mich an der Akademie festzulegen, damit ich möglichst wenig zum Schaffen komme, ist nicht mal so ausgeschlossen, wenn man bedenkt, daß Marsop, der intimste Freund von Schillings, Thuille, Louis etc. sich damit mir gegenüber brüstete, daß er bei Mottl sehr viel gethan hätte, daß ich an die Akademie berufen werde! Beinahe könnte man auf den Gedanken kommen, wenn man dies bedenkt! Übrigens hab' ich in Erfahrung gebracht aus sicherster Quelle, daß Bußmeyer den anderen Theorielehrern (also Thuille, [Viktor] Gluth, [Melchior] Sachs) versprochen hat, daß auch ich 18 Stunden zu geben hätte, wenn ich vorrücken wollte! Also müssen Thuille, Gluth, Sachs da gegen mich intriguir haben! - Mir gegenüber sagt jetzt Bußmeyer, daß er alles dran setzen würde, daß ich meine 12 Stunden doch beibehielte u. nicht 18 zu geben brauchte! Man sieht, der Mann lügt also! ganz gehörig!
Was Euch Anschütz schrieb, betreff Orchesterserenade, hat mich gefreut - aber warum sollte ich nicht die Suite op 93 spielen können im Gewandhaus, wenn dabei noch meine Serenade op 95 im Gewandhaus gemacht wird? Sollte das wirklich unmöglich sein? Ich werde in Bälde mit Dr Anschütz deshalb in Correspondenz treten! Na, wir wollen sehen! Es wird aber sehr gut sein, wenn Anschütz recht balde mit der „Suite“ bekannt gemacht wird! Bitte, besorgt das baldigst durch Straube!
Die Uraufführung ist nicht in Essen; wo die ist weiß ich nicht - d. h. noch nicht! Essen ist erst im November! Ich vermute wohl mit größtem Recht, daß Steinbach (Cöln) die Serenade op 95 so früh macht, daß er die Uraufführung hat!
Ja, das Tonkünstlerfest muß schrecklich langweilig gewesen sein! Der „Fortschritt ins Langweilige“ war da ganz entschieden zu constatieren!
Übrigens können wir bei der anerkannten Blamage in Essen nur uns freuen - je mehr der „fortschrittliche Deutsche Musikverein“ langweilig wird, desto eher haust die ganze Gesellschaft ab -; nächstes Jahr wird's sicher um kein Haar besser! Nur zu in dieser Tonart! Mehr können wir uns ja gar nicht wünschen! Bei dem tatsächlichen Mangel an wirklichen Talenten kann ja die Sache in einigen Jahren „tadellos“ im Sande verlaufen sein!
Anbei sende ich Euch die ersten 6 Schlichten Weisen zurück! Der Copist muß aber bedeutend vorsichtiger arbeiten; er hat z. B. sogar falsch in der Singstimme transponiert gehabt; ich habe alles verbessert! Bitte, sendet mir ja alle Schlichten Weisen, wenn er sie geschrieben hat!
Bei meiner Schwiegermutter geht es sehr, sehr langsam besser; meine Frau darf jetzt nicht hinfahren, da dies meine Schwiegermutter zu sehr aufregen würde!
Ich bin ganz selig, daß ich nun viel mehr schaffen kann! Meine Arbeitskraft ist vollständig wieder da! So ein Vormittag ohne Akademie u. ohne Stunden bringt mich allemal enorm vorwärts! Für jeden Fall wird mich die übernächste Saison mit einer gewichtigen Reihe von Werken jeder Art auf dem „Plan“ finden, daß verschiedenen Herrn Hören u. Sehen vergehen wird! Für die kommende Saison kann ich naturgemäß nicht so viel herausstellen, da ich ja bis 15. July „Amakedie“ habe! Aber dann soll die Geschichte losgehen!
Lackerle läßt die beiden „Onkels“ bestens grüßen; er ist frech wie immer, hat nur dummes Zeug im Kopf! Kurzum: ein Hund wird seinem Herrn immer ähnlicher!
Nun weiß ich nichts mehr! Morgen (Pfingstsonntag) mittags 1 Uhr fahre ich nach Saarbrücken! Mittwoch (6. Juni) nachmittags bin ich wieder in München! Bitte, schreibt mir so, daß ich Eure Nachricht vorfinde, wenn ich nach Hause komme!
Nun viel beste, herzlichste Grüße an Euch beide, meine Lieben, Frau Lauterbach, die Kindlein, Straube's
ganz Euer treulichster
Max Reger.
Gestern war Novello (London) bei mir, wollte absolut alle möglichen Werke von mir haben! So?!!!?
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Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 2nd June 1906, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01003758.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
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