26th April 1913
Max Reger to Fritz Stein
- Max Reger
Mein Lieber!
Ich habe die neue Sonate von Frl. Senfter selbst gesehen; also kann sie in Jena […]
Max Reger, Briefe an Fritz Stein, hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1982 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 8), S. 128f.
1.
Mein Lieber!
Ich habe die Sonate von Frl. Senfter selbst gesehen; also kann sie in Jena gemacht werden! Ich finde es unendlich komisch, daß Bischoff, der Nichtskönner, solche Vorbehalte macht. Wundervoll, grandios! Es ist ein großer Fehler im Deutschen Musikverein, daß solche Leute da eine Rolle spielen, weil sie zufällig mit Schillings oder Strauß bekannt sind. Sollte Frl. Senfter ihre Cellosonate in Jena machen wollen, so hab’ ich diese Sonate auch gesehen; selbige kann (statt einer Violinsonate) auch in Jena gemacht werden, da das Werk gut ist. – Wie lange ich zu dem Fest nach Jena komme, weiß ich nicht; ich vermute nur zum Triumphgesang [op. 126]; in die Generalversammlung gehe ich nicht; da werde ich niemals Einfluß gewinnen. Meine ganze Denkungsweise über Musik ist so gründlich verschieden von diesen Herren; ich bin nämlich ein Reaktionär aus Erfahrung geworden; darüber mündlich mal sehr ausführlich u. gründlich! Ich gehe einen ganz anderen Weg! – Von unseren Fürstlichkeiten wird niemand kommen; sind alle verreist; die medizinische Fakultät Berlin werde ich benachrichtigen, wenn das Datum der Triumphgesangaufführung feststeht; bt. Gera hoffe ich von Dir balde Nachricht zu erhalten.
Ich arbeite jetzt an op 127: Introduktion, Passacaglia u. Fuge (e moll) für Orgel; so! Das Werk ist klassisch durchsichtig; ich mache Front gegen alle „Verstiegenheit“, gegen alle „Überladung“ etc. etc. in jeder Beziehung. Das ist die „Frucht“ Meiningens; diese „Kur“ ist mir ganz famos bekommen und that sie nicht nur mir gut u. wäre sie sehr vielen notwendig!
Ich reise morgen Sonntag (27.) nach Bonn, spiele da u. bin am Mittwoch 30. April vormittags 11 ½ Uhr wieder in Meiningen. Deine jetzige Krankkeit ist „Saisonkrankheit“; ich, meine Frau haben sie gehabt; meine Frau kann sich nur sehr schwer erholen; auch in Leipzig hat es viele solcher Krankheitsfälle geben. Du mußt nur sehen, daß Du nicht zu früh aufstehst; recht gute Besserung!
Ich habe Seite 1, 2, 3, 4, 5, 6 dieses Briefes oben immer bezeichnet, damit Du Dich zurechtfindest in diesem „eigenhändigen huldvollen“ Schreiben.
Sonst ist nichts Neues zu vermelden!
Lass es Dir recht gut gehen; trink, iß, blase Fagott u. erfülle alle Pflichten, die Dir auferlegt sind, mit Liebe, Eifer u. Zuversicht in den Herrn! Und wenn dann Dein Fest vorbei ist, so spiele zu Deiner „geistigen Reinigung“ das 1. Präludium aus dem „Wohltemperierten Klavier!“
Beste schönste Grüße
von Haus zu Haus
Dein
alter Reger.
Object reference
Max Reger to Fritz Stein, 26th April 1913, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01008918.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
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