Weiden, 14th September 1900

Max Reger to Richard Jung

Object type
Letter
Date
14th September 1900 (source)
Sent location
Weiden
Source location
privately owned

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Verehrtester Herr Jung!
Verzeihnung, wenn ich erst heute schreibe; allein ich […]

Regesta
stellt einem eingesandten a-cappella-Chorwerk des E. ein positives Zeugnis aus • gibt Verbesserungsratschläge (mit einigen Notenbeispielen) • schlägt unter anderem eine neue Schlusswendung vor • rät, alle Vortragsbezeichnungen in roter Tinte zu schreiben und auf jeden Fall separat Stimmenmaterial herauszugeben • bietet sich an, die Werke nach Einarbeitung der genannten Korrekturen an einen Verleger zu senden • befürchtet jedoch, dass kein Honorar zu erwarten sei • bittet, die zugesandten Reger-Chöre in Kirchenchören zu verbreiten • empfiehlt zudem die Opera 29 und 30 [Phantasie und Fuge c-Moll bzw. Choralphantasie »Freu’ dich sehr«] als effektvolle »Erholung« • bittet, sich an Hartenstein in Gera zu wenden • weist auf bevorstehende Publikation des Choralvorspiels »Wer weiß, wie nahe mir mein Ende!« [op. 67 Nr. 48] in der Novemberausgabe der Monatszeitschrift für Gottesdienst und kirchliche Kunst hin • bittet, dem Kantor auszurichten, sich auch andere Reger-Sonderdrucke aus dieser Zeitschrift zu besorgen • kündigt die Fertigstellung von Wachet auf, ruft uns die Stimme [Nr. 2 aus: Drei Choralphantasien op. 52] für den nächsten Tag an • klagt über Arbeitsüberlastung • richtet Grüße seiner Eltern und der Schwester aus
Remarks

Publications

1.

Weiden, bayerische Oberpfalz,
Allee 22, 14. 9. 1900.

Verehrter Herr Jung!
Verzeihung, wenn ich erst heute schreibe; aber ich hatte Besuch – u. kam nicht dazu! Nun aber schnellstens.
Also Ihr Chor hat mir recht gut gefallen! Wenn ich Ihnen Vorschläge zu einigen kleinen Änderungen mache, so fassen Sie das so auf, wie ich das meine: aufrichtigst.
Also a) Richard Jung (nicht R. Jung) schreiben;
b) Stimmen müssen sie auch haben!
Nun zum Chor selbst: Sie schreiben reinen a capella Satz; deshalb möchte ich Ihnen vorschlagen im Interesse eines glatteren Flußes der Stimmen folgendes: ad 1. Tenor ; ad 2.) den Vorhalt im Alt; es kommt mehr Fluß in die Sache!
Bei 2a die allerdings Gegenbewegungsoktaven zwischen Sopran & Baß würde ich vermeiden! Machen Sie es so im Tenor u Baß, wie ich es roth angegeben haben!
ad 3. das frei eintretende g im Alt wirkt störend; machen Sie lieber , wie ich roth vorgab.
ad 4.) den Vorhalt d im nächstfolgenden Amollaccord würde ich durch „Raufschlagen“ des Tenor , wie ich roth vorgab, vorbereiten!
ad 5. die Quinten zwischen Alt u Baß raus! Vielleicht so wie ich roth angab (f im Alt, c im Tenor.)
ad 6.) dies e f nebeneinander ist sehr hart klingend; es ginge, wenn eine entsprechende Fortsetzung käme – denn so gehen Sie gleich in 4 stimmigkeit über! Dagegen in der Männerchorausgabe geht die Stelle sehr gut!
Bitte also in der gemischten Chorausgabe ändern!
ad 7 ohne Terz den Septaccord – das klingt leer! nehmen Sie doch so im Sopran den Strich bei Tenor marc. (letzte Zeile 1. Seite) nicht machen!
ad 8 u. 9! Sie haben bei 8 Fdur – nun soll es sich steigern zu 9 – wo Sie wieder F dur haben: das wirkt zu wenig; nehmen Sie bei 9 lieber D moll!
ad 10 so möchten ich Ihnen folgenden Schluß da vorschlagen:

ad 9, 10 bitte in der letzten Zeile des ganzen Chores ebenso so machen!
Für die Männerchorausgabe gilt nun dasselbe. Nur ad 6 ist sehr gut! Es braucht dies auf der Verschiedenheit des Satzes für Männer u gemischen Chor!
Seien Sie nicht böse; ich meine es sehr aufrichtig; bitte, arbeiten Sie die Sache nun so um; bitte, alle Vortragszeichen mit rother Tinte. Gemischt[er] Chor- u. Männerchor auf 2 verschiedenen Bögen; jeder mit vollständigem Titel! Sodann Stimmen! Von Alt, Sopran, Tenor Baß – I II Tenor I II Baß je ein Exemplar, ich muß die Stimmen haben; ohne Stimmen kann ich nicht an den Verleger senden! Haben Sie nun die Sache so geschrieben, wie ich Ihnen aufrichtigst rathe, so bitte mir zu senden; ich sende es dann an Verleger!
Ob es nun möglich ist, etwas „Klingendes“ herauszuschlagen – bezweifle ich! Sie glauben u. ahnen nicht, wie unsere Verleger überlaufen werden. Ich könnte Ihnen sogar eine Reihe von guten Komponisten sagen, die dem Verleger sogar die Druckkosten ersetzen! à discretion! Glauben Sie mir, daß Fritzsch z.B. Honorare zahlt! Im Gegentheil! Aber ich werde thun, was ich kann! Anbringen thun wir es sicher – ob „klingend“ ist die Frage! An Herrn Nößler habe gesandt! Nochmals besten Dank!
Und nun, wie steht die Sache mit den Chorsachen! Hat Ihr Herr Kantor von den beiden geistlichen Sammlungen [WoO VI/13 und VI/14], die ich Ihnen kürzlich sandte, schon bestellt u eingeführt? Bitte, wenn der Herr Ihnen die Sachen zurückgegeben hat, dieselben nach u. nach den übrigen Herren (allen) Ihres Kränzchens zu geben u. selbe zu veranlassen, daß alle die beiden Sammlungen in ihren Kirchenchören einführen. Vielleicht werden Sie auch mit den Männerchören op 38 u den Volksliedern [WoO VI/6 und VI/7] Glück haben
Lassen Sie nur nichts aus!
Nochmals gestatte ich mir, Ihnen zu rathen, nach op 29 op 30 (Aibl) zu nehmen; das ist für Sie dann wie eine Art „Erholung“ u. doch sehr effektvoll! Sie haben ja Verzeichnis. Bitte um Nachricht, was Sie mit den beiden Sammlungen [WoO VI/13 und VI/14] u. den Männerchören erreicht haben! Was ist’s mit Hartenstein in Gera? Haben Sie da nichts erfahren?? Wenn nicht, so bitte, zur Gelegenheit an Herrn Hartenstein zu schreiben!
In der November No der Monatsschrift für Gottesdienst u. kirchliche Kunst erscheint von mir ein kleines Choralvorspiel („Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“)! [später: Opus 67 Nr. 48]
Bitte Ihrem Herrn Kantor zu sagen, daß die in der Monatsschrift erschienen[en] 2 Gesänge für 5–6 stimmigen Chor (August No) [später Opus 79f Nr. 11 und 14] jetzt in Sonderabdruck (Verlag: Vandenhoeck u Ruprecht, Göttingen) erschienen ist u. kostet das Exemplar 12 Pfennig[,] von 15 Exemplaren an 8 Pfennig; es gibt nur Partitur, keine Stimmen!)
Meine nächste Choralfantasie: [„]Wachet auf ruft uns die Stimme!“ [op. 52 Nr. 2] wird morgen wohl fertig werden. In Folge dessen gibt es abend viel zu thun! Auch hat mich der Besuch um mehrere Tage in der Arbeit zurückgeworfen!
Korrekturabzüge hätte ich zu erledigen – leider keine Zeit, so daß ich es auf Abends verschieben muß! Das ist sehr langweilige Arbeit!
Nun seien Sie nicht böse wegen meiner Korrekturen, die ich an Ihren Chören machte; ich meines es nur aufrichtigst u. kenne unsere Kritik!
Bitte arbeiten Sie also in der angegebenen Weise um u. senden mir dann die Sache; ich thue sodann, was ich kann!

Mit der Bitte möglichst viel immer für meine Werke zu thun u. der Bitte mich balde viel ausführlichen Brief zu schreiben
Ihr
mit besten Grüßen
ergebenster
sehr beschäftigter
Max Reger.

Meine Eltern u. Schwester senden Ihnen die besten Grüße. Wie geht es sonst? Gut!

Object reference

Max Reger to Richard Jung, Weiden, 14th September 1900, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01009165.html, last check: 21st November 2024.

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