München, 26th November 1902

Max Reger to Karl Straube

Object type
Letter
Date
26th November 1902 (source)
Sent location
München
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missing

Only known from: Transcript, Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung, Karlsruhe | Ep. As. 3826


Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Liebster Carl!
Vielen schönsten Dank für Deinen Brief; Du wirst unterdessen […]

Regesta
dankt für Brief • erkundigt sich nach dem Erhalt einer Gratulationskarte • gratuliert nochmals zur Verlobung und zur Stelle in Leipzig • hofft, dass der E. bei seiner Hochzeit weniger Schwierigkeiten [mit der Verwandtschaft] haben werden, als er selbst • kündigt an, dem Verlag in Hug in ca. 14 Tagen und drängt nochmals auf Zusendung des Materials [für die Pedalschule Anh. B9] bis Ende Januar • rät dem E. ab, ein Honorar für ein Konzert in München zu verwenden • bestätigt dem E., dass er als »unser bester lebender Organist« längst bekannt sei • befürchtet, dass der E. mit dem Konzert in München ein Defizit machen könnte • klagt über den »Stumpfsinn« der Organisten in katholischen Regionen • lästert über die Münchner Kritiker (allen voran Rudolf Louis) • hält die diesbezüglichen Verhältnisse in Leipzig für günstiger (»da würde ich an Deiner Stelle eine Unmasse von Orgelconcerten veranstalten«) • lästert über den Leipziger Organisten Homeyer • erinnert den E. daran, einen Reger-Artikel in Die Musik zu schreiben •dankt über Auskunft in Sachen [Hermann] Kretzschmar (»Ich bin es zu sehr gewohnt, meistens so ähnlich behandelt zu werden«) und freut sich über das Interesse des E. an seinen «50 Choralvorspiele[n]« [später: Zweiundfünfzig leicht ausführbare Vorspiele op. 67] • erzählt vom Besuch von [Martin] Boelitz • schwärmt von seiner Frau Elsa (»ich bin wie unter einem Glashause u. fühle ich mich sehr sehr wohl!«) • wünscht auch dem E. eine glückliche Ehe • bittet um Werbung für seine Werke in Elberfeld sowie um Zusendung von Kritiken • erwartet die Ankunft von Chamberlain
Remarks

das Projekt einer Pedalschule (Anh. B 9) wurde schließlich nicht realisiert


Publications

Max Reger, Briefe an Karl Straube, hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1986 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 10), S. 29f.

1.

München, Wörthstr. 20 I

Liebster Carl!
Vielen schönen Dank für Deinen Brief; Du wirst unterdessen unsere Gratulationskarte, die wir sofort nach Erhalt Deines Briefes schrieben, erhalten haben! Also wir (Elsa u. ich) freuen uns riesig über den so schönen Ausgang der Leipziger Sache u. senden beide unsere wärmsten, herzlichsten u. aufrichtigsten Glückwünsche zu Deiner offiziellen Verlobung u. wünschen Euch vor Allem, daß Eure Ehe eine ebenso friedvolle u. vom Innersten aus so schrankenlos glückliche werden möchte als unsere ist! Da Dein Herr Schwiegervater selbst Protestant ist und Deine Fräulein Braut, der wir sehr bitten, uns bestens zu empfehlen, ganz Deiner Ansicht ist, so ist ja zu hoffen, daß Du nicht jene Schwierigkeiten haben wirst als wir.
An Hug werde ich wegen der bewußten Sache in circa 14 Tagen spätestens schreiben; also schreibe Du Ihnen nicht extra. Gelt, aber anfangs Januar erhalte ich die Materialien sicher!
Deinen Antheil des Honorars würde ich an Deiner Stelle nicht auf ein Concert in München verwenden! Verstehe mich, bitte nicht falsch! Daß Du unser bester lebender Organist bist, das wissen diejenigen Leute hier, die so was wissen müßten, so wie so längst; u. für diejenigen, die diese Thatsache bis jetzt nicht wissen sollten, ist wirklich nicht schade! Das Concert würde wie ja nicht anders zu erwarten, mit großem Defizit abschließen; also warum 500-600M da hingeben, nachdem hier nie Aussicht vorhanden ist, daß selbst, wenn Du jeden Winter hier mehreremale concertierest – sich die Organisten aus Ihrem verdammten Stumpfsinn erheben! In katholischen Gegenden ist da nichts zu machen. Dein Ruf als erster lebender Orgelvirtuose steht zu fest, als daß Du es nötig hättest, Dir in den Neuesten Nachrichten von einem so überzeugungslosen Kritiker wie Dr.R.Louis diese Thatsache bestätigen zu lassen! Und was mich betrifft! – Nun – wer ich als Orgelkomponist bin – wer das wissen will, der kann sich in München davon überzeugen, wenn er sich meine Werke ansieht –; diejenigen, die das wissen wollen – wissen es bereits – u. die anderen – na – da ist nicht schade!
Ganz anders liegen die Verhältnisse in Leipzig! Abgesehen davon, daß Dir in Leipzig die Orgelconcerte, da Du doch selbst Organist an der Thomaskirche bist, sehr wenig Kosten machen werden, die doch größtentheils durch die Konzerteinnahmen getilgt werden – da würde ich an Deiner Stelle eine Unmasse von Orgelconcerten veranstalten – um den Leipzigern zu zeigen, was Orgelspielen heißt, nachdem der grandiose Faulpelz Homeyer alles in sanften Schlaf gesenkt hat! Da wäre ich Dir natürlich riesig dankbar, wenn Du da ein Regerorgelconcert machtest!
Nun, gelt, Du verstehst mich. Faß bitte meine Ansicht nicht falsch auf u. schreib mir darüber! Sodann noch die Bitte, den Artikel für die Musik ja nicht zu vergessen!
Besten Dank für Deine Mittheilung betr. Kretzschmar, welche selbstredend à discretion bleibt! Mich wundert die Sache sicherlich nicht! Ich bin es zu sehr gewohnt, meistens so ähnlich behandelt zu werden! Es freut mich aber sehr, sehr, daß Dir die 50 Choralvorspiele [op. 67] so gut gefallen u. bin Dir herzlichst dankbar, daß Du die Herren Lauterbach u. Kuhn sofort eines besseren belehrt hast! Also viel, viel Dank! Desto besser, wenn es nicht schwer war, den beiden Herren eine andere Meinung beizubringen! So ganz leicht ist die Sammlung allerdings nicht - aber doch annehmbar in der Schwierigkeit!
Boelitz war gestern ein Stündchen bei uns, dem wir natürlich sofort freudestrahlend von Deiner Berufung erzählten, worüber er sich auch mächtig freute! Da hast Du recht, mein Frauchen ist eine tapfere liebe, unendlich liebe Frau, die nur lebt für mich, um mir mein Leben zu einem schönen zu gestalten! Die Frau ist so gut, so engelsgut u. so rührend besorgt um mich; ich bin wie unter einem Glashause u. fühle mich sehr wohl! Wie gesagt, wir wünschen Euch herzlichst, das Eure Ehe ebenso schrankenlos glücklich wird, wie die unsere! Besseres vermag ich Dir gar nicht zu wünschen! Nun weißt Du wohl, wie mir zu Mute ist!
Bitte, wenn Du jetzt nach Elberfeld fährst, mache bei Dr. Haym ja möglichst viel Propaganda für mich! Gelt ja! Viel schönsten Dank im voraus u. sende bitte, bitte, mir ja baldigst alle Kritiken! Nun zum Schlusse unsere besten, herzlichsten, aufrichtigsten Glückwünsche dem Brautpaare u. die Bitte, auch in Eurem Glücke, was meine liebe, liebe Frau u. mich so aufrichtigst freut, auch unserer gedenken zu wollen!
Laß also recht bald u. sehr Ausführliches von Dir hören – bitte diesen Brief sehr genau zu beantworten!

Mit besten Grüßen von meiner Frau u. mir
stets herzlichst Dein Max Reger.

Chamberlain bis jetzt noch nicht eingetroffen!

Object reference

Max Reger to Karl Straube, München, 26th November 1902, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01007628.html, last check: 19th September 2024.

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