München, 8th February 1902

Max Reger to Otto Spitzweg, Jos. Aibl

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Letter
Date
8th February 1902 (source)
Sent location
München
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Senders
  • Max Reger

Incipit
Hochgeehrter Herr!
Sie finden diesem Briefe beigelegt 2 Zeitungen mit Kritiken: 1.) […]

Regesta
übersendet zwei Zeitungskritiken sowie Auszüge unter anderem aus dem Illustrierten Salonblatt sowie der Neuen Zeitschrift für Musik und Blätter für Haus- und Kirchenmusik • weist auf Aufführungen von op. 57 [Symphonische Phantasie und Fuge] durch Karl Straube hin • rät davon ab, ein Arrangement der Tondichtung Also sprach Zarathustra von Richard Strauss für Klavier zu drucken • fragt sich, ob der Arrangeur das Werk überhaupt verstanden habe • hält die Einrichtung eines solch polyphones Werkes für Klavier ohnehin für fragwürdig • bietet an, dass die 16 Lieder op. 62 bei ihm abgeholt werden können und bittet um baldige Drucklegung • verspricht mit dieser Sammlung einen »großen Fortschritt gegen op 55« • ist stolz, nun »alle erdenklichen psychologischen Vorgänge« in Liedern ausdrücken zu können • berechnet ein Honorar von 600 Mark • gibt Konzerttermine mit eigenen Werken bekannt • verspricht die baldige Zusendung der Korrekturfahnen von op. 54 [Streichquartette g-Moll und A-Dur] • plant, diese Quartette dem Böhmischen Streichquartett anzubieten
Remarks

die Sechzehn Gesänge op. 62 wurden bereits im April 1902 gedruckt

Referenced works

Publications

1.

München, Wörthstr. 35I.
8. Februar 1902.

Hochgeehrter Herr!

Sie finden diesem Briefe beigelegt 2 Zeitungen mit Kritiken:
1.) „Gesellschaft“ Seite 169–181
2) Chemnitzer Zeitung (Fremdenzeitung)
blau angestrichen (über Op 57.)

Mit diesem Briefe sende per + Band an Sie ab in einer Rolle: 1.) Illustriertes Salonblatt (Seite Biographien über Herrn Loritz u. mich.) 2.) Neue Zeitschrift für Musik Seite 73. 3) Blätter für Haus- u. Kirchenmusik Seite 16. 4.) Sammler u. Allgemeine Zeitung, welch letztere beiden ich Ihnen hiermit bestens dankend retourniere!

Sie werden in No 6 Seite der Allgemeinen Musikzeitung (O. Lessmann) gelesen haben, was über mein Op 57 da geschrieben wurde! Nun: ob ich „zu Lebzeiten“ einen Interpreten finde: anbei liegt Voranzeige (op 57) Konzert Karl Straube in Berlin am 20. Februar; ferner spielt Straube op 57 bei der Organistenversammlung des Rheinlandes u. Westfalen am 4. April a.c.; ferner wird op 57 gespielt beim Festconcert anläßlich der allgemeinen deutschen Lehrerversammlung zu Chemnitz (Pfingsten a.c.)

––––––––––––––––

Zarathustra habe ich mir genauestens angesehen u. kann Ihnen nach bestem Willen nicht rathen, dieses Arrangement für Klavier à 2 mains zu drucken! Der Herr verrät da eine große Ungeschicklichkeit in der Übertragung von Orchestersachen für Klavier; abgesehen von den vielen, vielen Schreibfehlern, die in seinem Manuskripte sich befinden, ist aber so unspielbar, ferner dabei doch so wenig klingend gesetzt, daß ich manchmal arge Zweifel hegte, ob der Herr das Werk überhaupt verstanden hat! Das alles zu begründen würde mindestens 8 Seiten in Anspruch nehmen! Ein solches Werk zu arrangieren wirklich gut – ist sehr, sehr schwer u. scheint, nach dem was ich von Musik verstehe, der Herr dieser so eminent schweren Aufgabe überhaupt in keiner Weise gewachsen zu sein!

Überhaupt ist es ein sehr fragwürdiges Unternehmen, von dem eminenten „Farbenkünstler“ (bitte das nicht falsch zu verstehen!) R. Strauss ein Werk wie Zarathustra mit solch unglaublicher Polyphonie für armseliges Klavier (noch dazu zu 2 Händen zu übertragen.) Wollte man da einigermaßen ein Bild geben, so würde das so schwer, daß ich es nicht zu spielen vermöchte – u. ich bin „Notenfresser“!

Besten Dank für freundliche Übersendung der recht fragwürdig aussehenden Bierkarte aus Constanz, welche mir ein Herr sandte, der s.z. vor 11 Jahren bei Prof Dr Riemann mit mir war u. den ich seit 8 Jahren nicht mehr traf u. auch nichts hörte von ihm.

Haben Sie bitte die Güte, Ihren Ausgeher im Laufe des Montag (10. Febr.) zu mir zu senden; ich werde dann dem Herrn die Zarathustra-Sache geben nebst den neuen Liedern op 62. (Ich bin den ganzen Montag zu Hause.)

Wegen meiner 16 Gesänge op 62 so erlaube ich mir, Ihnen nun aber mitzutheilen, daß, wer diese neuen 16 Gesänge Op 62 bisher sah, nur einen wiederum großen Fortschritt gegen op 55 constatieren konnte; ich habe nun die Fähigkeit, alle erdenklichen psychologischen Vorgänge ganz erschöpfend in Liedern zu bringen, ganz erreicht. Alle Lieder resp 16 Gesänge op 62 sind praktisch mit Herrn Loritz u Hess schon ausprobiert.

Schon jetzt bitte ich Sie, selbe [dreifach unterstrichen:] baldmöglichst in Druck zu geben. Als Honorar schlage ich vor: 600 M; bitte, da 200 M abzuziehen, damit von Ihrem Guthaben von 650 M dann nur noch 450 M bleiben u. mir dann 400 M (Vierhundert Mark) freundlichst senden zu wollen.

Am 23. Februar 5 Lieder, am 27. Februar 9 Lieder von mir [dreifach unterstrichen:] hier! Am 14. u. 19. März je 5 Lieder in Frankfurt a/M; Herr von Hausegger macht noch I Romanze in G dur Op 50 No I diesen Winter hier; Lehrergesangsverein am 22. März; Clarinettensonate [op. 49 Nr. 1] im April.

Wie geht es Ihrem Herrn Bruder? Hoffentlich besser; bitte ihm stets meine besten Wünsche zur baldigsten vollen Genesung zu sagen.

Die Correkturen von Op 54 [Nr. 1 und 2] erhalten Sie bis nächsten Freitag (14. Febr.); ich schreibe Ihnen noch extra darüber. Ich werde die Quartette bei den Böhmen „unterbringen“.

Nochmals bitte ich Sie um freundliche Entschuldigung, wenn Zarathustra sowie die 16 Gesänge op 62 ich Ihnen nicht früher sandte – allein ich habe rasend, rasend zu thun!

In der bekannten Zeitschrift „Die Musik“ kommt im II. Quartal a.c. ein großer (12 Seiten stark) Aufsatz über mich.1

Mit besten Grüßen u. den herzlichsten Wünschen für die Gesundheit Ihres Herrn Bruder
Ihr
mit vorzüglichster Hochachtung
stets dankbarst ergebenster
sehr sehr beschäftigter
Max Reger.

Bitte dringendst, die Lieder resp 16 Gesänge op 62 [dreifach unterstrichen:] baldmöglichst in Stich zu geben. Besten Dank im Voraus.

Ich erwarte nächsten Montag den 10. Febr. sicher Ihren Ausgänger.

Ich habe schrecklich zu thun! Nochmals beste Grüße!


1
Dieser Aufsatz ist nicht nachweisbar. Im Februar 1904 erschien dafür ein vierseitiger Artikel von Richard Braungart.
Object reference

Max Reger to Otto Spitzweg, Jos. Aibl, München, 8th February 1902, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005627.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.

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