Weiden, 1st November 1899
Max Reger to Alexander Wilhelm Gottschalg, Urania
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
N.Mus.ep. 2575
- Max Reger
Hochgeehrter Herr Professor!
Gestatte mir, Ihnen meine Sonaten für die Violine allein (op 45) […]
- Carmen saeculare WoO V/2
- Sonate A-dur op. 41
- Vier Sonaten op. 42
- I. Sonata in F sharp minor op. 33
- Hymne an den Gesang op. 21
- Six Songs op. 35
- Sechs Intermezzi op. 45
- Five Songs op. 37
- Fünf Stücke zu Johanna Baltz’ “Castra vetera” WoO V/1
- WoO V/1
Der junge Reger. Briefe und Dokumente vor 1900, hrsg. von Susanne Popp, Wiesbaden 2000 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XV), S. 456f.
1.
Weiden, Oberpfalz, Bayern,
Allee 22, 1. November 1899.
2.
Hochgeehrter Herr Professor!
Gestatte mir, Ihnen meine 4 Sonaten für die Violine allein (op 41) zu senden u. Sie zu bitten, Sich das Werk gütigst durchsehen zu wollen! Es ist ein gar tolles Unterfangen von mir, zumal ich gar nicht Violinspieler bin; doch ist alles so ausgerechnet, daß es doch geht. Sehr schwer sind sie aber.
Von Herrn Hartung bin ich leider immer noch ohne Nachricht! Hoffentlich macht er op 21.
Nochmals besten Dank für gütige Sendung von 3 No 10; u. nochmals besten Dank für die Besprechung!
Fast fürchte ich, daß Sie etwas unwohl sind, da ich auf meine 2 letzten Briefe noch ohne Antwort bin; nehmen Sie meine besten u. herzlichsten Wünsche für Ihre Gesundheit entgegen.
Nun stecke ich tief in der “Festmusik” [WoO V/1 und V/2] für das IV niederrheinische Festspiel! Das macht eine heillose Arbeit, doch hoffe ich in 4 Wochen fertig zu sein!1
Alsdann geht es über neue größere Klavierstücke [Sechs Intermezzi op. 45], von denen 2 schon fertig sind.
Wegen einer Stellung, da bin ich noch ganz u. gar unschlüssig. “Billig” möchte ich meine Freiheit auch nicht verkaufen; u. es ist auch nicht leicht; sodann ist in unserer Kunst ja das Cliquenwesen sehr ausgebildet; es thäte mich schon reizen an irgendein größeres Konservatorium als Lehrer für Theorie anzukommen; aber wer engagiert denn da einen jungen Mann – da muß man zuerst durch Vettern- u. Basen empfohlen sein u. solche Verwandte habe ich nicht. In München ist z.B. an der Akademie für mich nicht die geringste Aussicht; ich war 1. nicht in München – u. sodann geht in München alles durch die Hände des Herrn Rheinberger, u. ich glaube nicht, daß letzterer mir freundlich gegenüber steht.
Vorläufig bin ich im elterlichen Hause u. habe da am meisten Ruhe zum Schaffen.
Wenn Sie Violinsonaten angesehen habe, so bitte ich ergebenst mir das Manuskript wieder zusenden zu wollen; ich besitze davon leider keine Abschrift mehr u. auch keinerlei Entwürfe davon; selbe werden allemal sogleich verbrannt.
Meine neuen Lieder op 35 u. 37 erscheinen früher als die Orgelsonate op 33. Werde mir erlauben Ihnen dieselben sogleich zuzusenden. Die Ihnen gewidmete Orgelsonate op 33 könnte man die romantische nennen; sie ist ganz abweichend von meinen anderen Orgelsachen; bin sehr neugierig, was Sie zu dem Werke sagen werden; hoffentlich erscheint es balde; Herr Aibl hat das Werk schon seit Anfang Juli. Sonst wüßte ich heute nicht viel Neues mehr; bei Breitkopf erscheint jetzt so viel, daß es einem Angst werden könnte – aber das Meiste ist derart, daß es besser ungedruckt bliebe. Was ist denn da eigentlich der Musik genützt, wenn jedes “Gedankchen” gleich gedruckt werden muß – u. wie oft diese “Gedankchen” verarbeitet sind. Hoffentlich fühlen Sie Sich stets sehr wohl
mit bestem Gruß
u. herzlichstem Dank
Ihr mit vorzüglichster Hochachtung
ergebenster
Max Reger.
Bitte ergebenst, mir [Papierecke abgerissen] Manuskript nach gütiger Durchsicht zurücksenden zu wollen!
Object reference
Max Reger to Alexander Wilhelm Gottschalg, Urania, Weiden, 1st November 1899, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006539.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.
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