München, 2nd July 1903

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn

Object type
Letter
Date
2nd July 1903 (source)
Sent location
München
Source location
DE,
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 153

Senders
  • Max Reger

Incipit
Meine sehr verehrten Herren!
Danke schön für Brief! Herr W. Klatte hat mir in Basel […]

Regesta
wusste nicht, dass Wilhelm Klatte um seine Mitarbeit bei einer modernen Harmonielehre bemüht sei • bezeichnet seine eigene Modulationslehre [Schriften A1] als »„schlagfertig“« • braucht Klattes Hilfe daher nicht • eine Harmonielehre auf Höhe der Zeit könne erst in 3 Jahren erscheinen, wenn seine eigene Modulationslehre bereits mehrere Auflagen hätte • möchte die Modulationslehre am 1. Oktober 1903 erschienen lassen • würde nur unter gewissen Bedingungen an Klattes Werk mitarbeiten • dankt für Rezensionsexemplare von op. 69 [Zehn Stücke] und op. 70 [Siebzehn Gesänge] • kündigt Penthesilea [Wolf-B4] an • hat noch keine Kenntnis von Band I bei[m Verlag] Scherl • möchte [Friedrich] Spitta wegen Abdruckrecht von Von Himmel hoch, da komm ich her [später WoO V/4 Nr. 1] als Beilage in Monatschrift kontaktieren • alle Rechte daran sollen beim E. verbleiben • verweist auf seine vertragliche Bindung dem E. gegenüber • wartet auf [Korrekturfahnen[ von der 1. Bachkantate [Wer nur den lieben Gott lässt walten Bach-H1] sowie Bach-Bearbeitung [Präludium und Fuge Es-Dur Bach-B7]
Remarks

gelocht


Publications

Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 172–174

1.

München, Wörthstr. 20
27. Mai 1903

Meine sehr verehrten Herren!
Danke schön für Brief! Herr W. Klatte hat mir in Basel kein Wort gesagt, daß er den Plan zu einer modernen Harmonielehre hat! u. er mich zum Mitarbeiter haben will!1 Ferner ist meine Modulationslehre resp. sind meine „Beiträge zur Modulationslehre“ [RWV Schriften A1] so klar u. knapp „schlagfertig“, daß Herr Klatte mir darin nicht zu helfen braucht, umso mehr, als ihm meine Prinzipien der Modulation zum größten Theile neu sein werden u. er sich da auch erst einarbeiten muß! Außerdem: eine moderne Harmonielehre, das ist ein Ding, an das ich mit Schaudern denke! Wenn das Werk wirklich modern, sogar „der Zeit vorausgehend“ sein soll, so dauert es 3 Jahre bis so ein Buch fertig ist, u. erscheinen kann! Das ist ein Zeitraum, in welchem meine Beiträge zur Modulationslehre längst erschienen u. mehrere Auflagen haben kann! Ich halte es also für das Beste, u. ich bin überzeugt, daß ich mich nicht täusche, wenn mein Büchlein am 1. Oktober 1903, also noch dieses Jahr erscheint!2
Wenn es Herr Klatte wünscht, bin ich gerne bereit an seiner Harmonielehre mitzuarbeiten; aber wie gesagt: dazu wären ausgedehnte mündliche Conferenzen mit Herrn Klatte nötig! Außerdem, wie schon oben gesagt, bei der ungeheuren Ausdehnung des Gebietes der modernen Harmonik, welches Gebiet sich durch einen gewissen Max Reger tagtäglich noch vergrößert, bedeutet es eine Riesenarbeit, eine Arbeit vor deren Umfang mir geradezu graust; ferner, so arrogant es klingen mag, – allein ich bin der „Schaffende“ – Herr Klatte müßte bei dem Harmonielehrbuch sich ganz in meine Anschauungen von Harmonik einleben!
Wie gesagt: Geben Sie meine „Beiträge zur Modulationslehre“ am 1. Oktober heraus; dann schreiben Herr Klatte u. ich das Harmonielehrbuch – u. das dauert bis das fertig ist, 3 Jahre! Geben Sie mir bitte baldigst Nachricht, ob Sie mit meinem Vorschlag einverstanden sind!
Meine „Beiträge zur Modulationslehre“ werden durch das Harmonielehrbuch von H. Klatte u. mir nicht im Geringsten „außer Kurs“ gesetzt, denn: die Prinzipien meiner Beiträge zur Modulationslehre sind so klar, so einleuchtend, daß es ein Ding der Unmöglichkeit ist, daß ich da meine Ansicht ändern kann, denn physikalische Gesetze bleiben sich ewig gleich!
Schreiben Sie also an Herrn Klatte wegen mir u. geben Sie mein Büchlein sicher am 1. Oktober 1903 heraus!
Herrn Straube bitte ich ordentlich in jeder Beziehung seiner schriftlichen Arbeiten zu drängeln!
Für Versendung der Recensionsexemplare op 69 u. 70 besten Dank!
Ich arbeite wie ein „Feind“, gönne mir keine Erholung; Penthesilea [RWV Wolf-B4 und -H1] erhalten Sie so bald, als ich nur irgend kann! Sicher noch im July!
Selbstredend können wir gar [nichts] besseres wünschen als wenn Herr Dr Louis u. die Herren, deren Sprachrohr er ist, es möglichst toll machen – die „Reaktion“ auf diese Gemeinheit u. Frechheit u. Verlogenheit wird dann desto toller ausfallen!
Scherl-Band 1 kenne ich nicht! Ich werde es mir ansehen! Wenn die Sache so ist, dann sende ich nichts ein! Er schreibt da nämlich Preise von 1000, 2000 u. 3000 Mark aus! Und so ein Preis wäre nicht von „Pappe“!
Außerdem dachte ich, daß es meinem Bekanntwerden nur förderlich sein würde, wenn ich da vertreten bin, da Scherl die Sache mit echt Scherl’scher Riesenreklame inscenieren wird! Wie gesagt, ich muß mir die Sache erst ansehen!
Heute werde ich an Prof. Spitta schreiben, daß ich die versprochene Beilage zur Monatsschrift für Gottesdienst u. kirchliche Kunst, (eine Bearbeitung des Chorals „vom Himmel hoch, da komm ich her“ [WoO V/4 Nr. 1]) nur dann geben kann, wenn Sie das alleinige Verlags-Handelsrecht d.h. das Vertriebsrecht davon haben u. nur die Erlaubnis hergeben, daß der Choral in meiner Bearbeitung als Beilage abgedruckt werden dürfe, d.h. alle Stimmen etc zur Aufführung nur bei Ihnen bezogen werden können! Sie sehen, wie ich Ihre Fahne hochhalte! Also, wenn Sie von Spitta Brief bekommen, dann wissen Sie Bescheid; ich schreibe heute an Spitta, daß dies Ihr Standpunkt ist u. ich durch Kontrakt ich in dieser Weise an Sie gebunden bin! Also, Sie wissen Bescheid u. geben Spitta keine andere Antwort (als ich an ihn schreibe) falls Sie Brief von ihm erhalten! Auf die 1. Bachcantate [RWV Bach-H1] und die Bachbearbeitung [Bach-B7] warte ich mit großen Schmerzen!
Nun schönste Grüße von meiner Frau und mir an Sie beide, Frau Lauterbach, Herrn u. Frau Straube
Ihr getreulichst ergebenster
Max Reger.


1
Eine solche Zusammenarbeit ist nicht nachgewiesen.
2
Die Verleger traten von dem Projekt zurück, sodass Regers Beiträge zur Modulationslehre letztlich im Oktober 1903 im Verlag C.F. Kahnt erschienen.
Object reference

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 2nd July 1903, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01008397.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.

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