Schneewinkl-Lehn bei Berchtesgaden, 18th September 1903

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn

Object type
Letter
Date
18th September 1903 (source)
Sent location
Schneewinkl-Lehn bei Berchtesgaden
Source location
DE,
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 163

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Meine sehr geehrten Herren!
Mein op 72 Sonate für Violine u. Pianoforte, welches Werk […]

Regesta
kann Korrekturen der [Italienischen] Serenade von Hugo Wolf [Wolf-H4] wegen bevorstehender Hochzeit von [Bertha] von Seckendorff noch nicht zurücksenden • soll von einem Maler, der »bisher nur gekrönte Häupter gemalt hat«, [Hans Blitz] porträtiert werden • auch Modell der Büste von ihm [von Theodor von Gosen] ist fertig • dankt für die Zusendung von Abzügen von Liedern von Hugo Wolf • kann sie erst später durchsehen • hat noch keine Nachricht auf seinen Brief an [George] Augener [vgl. 10. 9. 1903] • sendet Partitur und Klavierauszug von Gesang der Verklärten op. 71 • verteidigt sich als Komponist, dem mehr als anderen »„auf die Finger gesehen“« wird • schlägt für op. 71 Gesamthonorar von 1400 Mark vor • 600 Mark für Violinsonate C-Dur op. 72 • Honorar zu Hugo Wolfs künstlerischem Nachlass [Schriften A3] wird später geklärt • auf allen seinen Werken soll »Aufführungsrecht vorbehalten« stehen • schlägt für künftige Orgelwerke Format der Schule des Triospiels [Bach-B8] vor • sendet auch 2 Verlagsscheine • bittet um Annonce in der Zeitschrift Sängerhalle bezüglich Männerchor.Bearbeitung der Sechs geistliche Lieder von Hugo Wolf [Wolf-B3] • [Anna] Hirzel-Langenhahn will Klavierpart bei Uraufführung von op. 72 in München spielen • Karl Straube soll Korrekturen von Schule des Triospiels durchsehen
Remarks

sendet am gleichen Tag per eingeschriebenem Geschäftspapier Partitur und Klavierauszug von op. 71 (vgl. Postbucheintarg)


Publications

Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 204–207

1.

Schneewinkl-Lehn
bei Berchtesgaden, 18. Sept. 1903.

Meine sehr geehrten Herrn!

Mein op 72 Sonate für Violine u. Pianoforte, welches Werk ich am 16. Sept. „eingeschrieben“ an Sie absandte, werden Sie wohl erhalten haben!

Wenn ich heute noch nicht die Korrekturen der Serenade [RWV Wolf-H4] von Hugo Wolf an Sie zurücksende, so liegt die Schuld nicht an mir – im Gegentheile morgen (19.) ist hier Hochzeit; meine Schwägerin, Baronesse v. Seckendorff verheiratet sich morgen – Sie können Sich also denken, daß ich in den letzten Tagen zu keiner richtigen Arbeit mehr komme; aber seien Sie überzeugt, daß Sie die Serenade, ein reizendes Werk, so bald als irgend nur möglich erhalten; so werde ich z.B. nächsten Sonntag den ganzen Tag daran arbeiten!

Bitte, geben Sie in Allgemeiner Musikzeitung nun recht gut obacht; da müssen baldigst die 2 Besprechungen von Herrn Walter Fischer über mein op 69 u. 70 erscheinen!

Nun werde ich hier wieder mal portraitiert; ein ganz hervorragender Maler,Note: Hans Blitz, gestorben wohl in den frühen 1920er-Jahren. Das Gemälde blieb unvollendet, Abb. siehe MIMRG, 2 (2001), Cover. ein Künstler allerersten Ranges, der so zu sagen bisher nur gekrönte Häupter gemalt hat, ist augenblicklich hier, ist, wie seine Frau mir sagte, rein verliebt in mich u. schließlich bat er mich, ich möchte mich von ihm malen lassen, was nun geschieht! Vor einigen Tagen erfuhr ich, daß das Modell meiner BüsteNote: Der Bildhauer Theodor von Gosen vollendete die Büste aus Muschelkalk noch im Herbst 1903. ganz ausgezeichnet gelungen sei!

Viel schönsten Dank für die Abzüge der Hugo Wölfe [RWV Wolf-B3], die ich wohl behalten darf; ich kann Ihnen heute noch nichts darüber schreiben, da ich wirklich noch nicht Zeit fand die Lieder durchzusehen; es soll aber selbstredend baldigst geschehen!

Betreff der Augener Sache hab’ ich nichts mehr gehört; er wird wohl an meinem zwar höflichen aber sehr bestimmten Brief gesehen haben, daß ich nicht der bin, den man so mir nichts dir nichts in die Tasche schieben kann! Die ganze Sache sollte nur ein Manöver sein, mir auf bequemste u. für ihn wohl außergewöhnlich billigste Art u. Manier ein Originalmanuskript abgeknöpft zu haben. Nun – darin hat er sich mal gründlichst getäuscht!

Anbei sende ich per eingeschriebenem Geschäftspapier an Sie ab: Partitur u. Klavierauszug meines op 71 „Gesang der Verklärten“ für 5 stimmigen Chor mit großem Orchester! Es sind also nun op 71 u. 72 in Ihren Händen! Ich schreibe Ihnen zu beiden Werken gar nichts weiter dazu, als eben: Sie wissen, daß ich Ihnen nur solche Werke liefere, welche ich gegen jede, auch die schärfste Kritik sehr wohl zu vertreten im Stande bin; Ferner bitte ich Sie, davon überzeugt zu sein, daß ich es ganz genau weiß, daß so zu sagen keinem lebenden Komponisten so sehr „auf die Finger gesehen“ wird als gerade mir u. ich in Folge dessen doppelt vorsichtig bin u. nur Solches Ihnen sende, von dem ich weiß, daß man „umsonst seine Zähne daran versuchen wird!“

Betreff der Honorierungsfrage gestatte ich mir Ihnen folgende Vorschläge zu machen u. hoffe ich sehr, daß Sie damit einverstanden sind, besonders nachdem Sie wohl aus dem bisherigen Verkehr mit mir die Überzeugung gewonnen haben, daß mir nichts ferner liegt, als Sie zu überfordern!

Für mein op 71 Gesang der Verklärten bitte ich Sie mir ein Honorar von 1400 M freundlichst gutschreiben zu wollen (für Partitur und Klavierauszug!)

Für op 72 Sonate für Violine u. Pianoforte ein Honorar von 600 M
also für beide Werke op 71 u. op 72 zusammen 2000 M
(Zweitausend Mark!)

Dabei gestatte ich mir Ihnen zu bemerken, daß Sie mir s.Z. ein Honorar von 20 M pro Seite angeboten haben; nun ergibt z.B. schon op 72 allein mindestens 46 Druckseiten in der Klavierstimme, was 46 x 20 M = 920 M Honorar ergäbe; ich dagegen erbitte für op 72 nicht 920 M sondern 600 M; u. mit 1400 M für op 71 werden Sie, nachdem Sie s.Z. mein op 67 mit 1620 M honoriert haben, sicher einverstanden sein, besonders um so mehr, wenn Sie Sich die Arbeit ansehen, die in op 71 steckt! Also haben Sie die Güte mir für op 71 u. 72 zusammen 2000 M (600 (für op 72) + 1400 (für op 71) = 2000 M) gut zu schreiben.

N.B. Wegen der Honorarfrage betreff meiner Arbeiten an Hugo Wolf’s Nachlaß lassen Sie Sich vorläufig kein graues Haar wachsen; ich werde Ihnen, wenn die Arbeiten alle erledigt sind, dann Vorschlag machen, von dem ich weiß, daß Sie damit sicher einverstanden sind.

Nun die Bitte, auf alle meine Werke stets den Vermerk „Aufführungsrecht vorbehalten“ drucken zu lassen; es ist dies unbedingt nötig! Ich gebe soeben alle (bei Aibl u. natürlich bei Ihnen erschienenen) meine Werke der Genossenschaft deutscher Tonsetzer als tantiemepflichtig an, damit wir (Sie u. ich) im Falle die Tantièmesache sich verwirklicht – dann den Nutzen haben! Aber es ist eben unumgänglich notwendig, daß der Vermerk: „Aufführungsrecht vorbehalten“ auf allen meinen Werken steht!

Apropos: Eine Bitte: bei zukünftigen Orgelwerken wird es sich als sehr praktisch erweisen, wenn Sie das Format wählen, das die Schule des Triospiels [RWV Bach-B8] hat!

Anbei finden Sie auch die 2 Verlagsscheine unterschrieben!

Apropos: Vergessen Sie nicht, meine Bearbeitungen für Männerchor der 6 geistlichen Chöre von Hugo Wolf [RWV Wolf-B3] in der „Sängerhalle“ zu annoncieren; die „Sängerhalle“ ist dasjenige Organ, das offiziell von so zu sagen allen deutschen, selbst den kleinsten Männergesangvereinen gelesen u. gehalten wird. Mir selbst würde es nicht schwer fallen in einigen Vereinen Aufführungen dieser Chöre zu vermitteln, wenn ich selbe hätte!

Nun weiß ich für heute nichts mehr; wir bleiben noch einige Tage hier; meine Adresse ist vom
27. September bis 30. September (incl.)
München, Wörthstraße 20 I
von 1. Oktober ab: München, Preysingstraße 1 bI.

Bitte also nach Freitag (den 25. Sept) ab alles nicht mehr nach Schneewinkl, sondern schon nach München, Wörthstraße 20I zu adressieren, da ich Sonntag den 27. Sept. in aller Frühe schon nach München reise; also mich am Sonntag (27. Sept) mich hier keine Post mehr erreichte!

Apropos: Mein op 72 (Sonate für Violine u. Klavier) erlebt die Uraufführung kommende Saison in München in den Kammermusikkonzerten der Frau Langenhan-Hirzel (Klavier) u. Herrn Konzertmeister Rettig; ich wollte zuerst selbst den Klavierpart spielen; allein Frau Langenhan ist von op 72 derart angethan, daß sie das Werk unbedingt selbst spielen will!

Nun bitte ich mir den Empfang meines op 71 (Gesang der Verklärten) baldmöglichst bestätigen zu wollen, wie auch den Empfang meines op 72, wofür ich Ihnen sehr verbunden wäre.

Ihnen beiden, meine sehr geehrten Herren, Frau Lauterbach, Herrn Oberamtsrichter Kunze, Herrn u. Frau Straube unsere schönsten Grüße
Ihr treulichst ergebenster
Max Reger.

Bitte drängeln Sie Herrn Straube feste, daß er die von mir durchgesehenen Abzüge der Schule des Triospiels [RWV Bach-B8] ebenfalls baldigst durchsieht; gelt, ich bekomme noch einen Abzug von der Schule des Triospiels mit dem von mir durchgesehenen Abzug!

Die Korrekturen der Serenade von Hugo Wolf [RWV Wolf-H4] folgen baldigst!

Object reference

Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, Schneewinkl-Lehn bei Berchtesgaden, 18th September 1903, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005359.html, last check: 22nd November 2024.

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