Luise Wolff
Correspondence
1.
1.1.
Louise Wolff wurde am 25. März 1855 als Tochter des K. und K. Militäroberrechnungsrats Johann Evangelist Schwarz und seiner zwanzig Jahre jüngeren Ehefrau Elisabeth in Brünn geboren.1 Der Taufname lautete Aloysia Wilhelmine. Ihre Jugend verbrachte sie in Wien, wohin ihr Vater versetzt worden war. Sie besuchte eine von Nonnen geleitete konfessionelle Schule, in der neben Handarbeiten auch Französisch unterrichtet wurde. Ihre theaterbegeisterten Eltern ermöglichten der Jugendlichen Konzertbesuche und unterstützten den Berufswunsch, Schauspielerin zu werden. Ihre Ausbildung erhielt sie bei Alexander Starkosch in Wien. Das erste Engagement führte sie nach Reichenberg (heute Liberec) in Böhmen, wo sie Hauptrollen, wie die Maria Stuart und die Thekla, in Friedrich Schillers Dramen Maria Stuart und Wallenstein spielte. Es folgte eine Verpflichtung nach Frankfurt/Oder. Auf dem Weg dorthin hatte Louise Schwarz in Berlin Station gemacht, um Kontakt zu Theateragenten zu küpfen. Bei einem abendlichen Theaterbesuch lernte sie dort ihren späteren Ehemann, den Konzertunternehmer Hermann Wolff kennen. Dem nur kurzen Engagement in Frankfurt folgte auf Empfehlung Heinrich Conrieds der Wechsel an das Nationaltheater in Berlin. Trotz dieser glänzenden Karriere gab sie die Theaterlaufbahn bereits vor ihrer Eheschließung mit Hermann Wolff auf, die im September 1878 stattfand. Aus der Ehe gingen die beiden Töchter Edith (1880-1961) und Lili (geb. 1885) hervor. Der Sohn Werner (1883-1961) wurde Dirigent. Hermann Wolff arbeitete damals in Teilzeit beim Verlag Bote & Bock und war darüber hinaus an der Berliner Börse tätig. 1880 lieh Hugo Bock seinen Mitarbeiter an Anton Rubinstein aus, um dessen Spanientournee als Manager zu betreuen. Im selben Jahr verließ Wolff Bote & Bock und gründete in Berlin sein eigenes Konzertbüro, das international operierte und zahlreiche namhafte Künstlerinnen und Künstler unter Vertrag nahm. 1902 starb Hermann Wolff überraschend, und seine Ehefrau, die bereits zuvor in alle organistorischen Belange eingeweiht war und ihren Mann geschäftsführend vertrat, wenn dieser sich auf Reisen befand, übernahm das Büro. Unterstützt wurde sie von ihren Schwagern Charles und Emil Wolff sowie dem langjährigen Mitarbeiter Hermann Fernow (1849-1917), später stiegen auch die beiden Töchter in die Unternehmung ein. Bereits während ihrer Ehejahre führt Louise Wolff ein gastfreies Haus mit guter Küche, das zahlreichen Künstlern angenehme und anregende Abendgesellschaften bot. Ihre offene, weltgewandte und einfühlsame Persönlichkeit erwies sich auch im Hinblick auf den Geschäftserfolg als ideal. Ihre Tochter Edith Stargardt-Wolff beschrieb ihre Mutter folgendermaßen: “Mit vielen Künstlern war sie persönlich befreundet, kannte ihre Eigenarten und Wünsche und fand auch mit neuen Erscheinungen leicht Kontakt. Es kam ihr zusattten, dass sie, wie ihr Mann, die französische und auch die englische Sprache fast wie ihre eigene beherrschte. Sie hatte die Begabung, Menschen individuell, ihrem Wesen entsprechend, zu behandeln. […] Meiner Mutter war es gegeben, nicht nur als Vermittlerin von Engagements geschickt zu fungieren, sondern darüber hinaus menschliche Beziehungen anzubahnen und Brücken zu bauen, wo Gegensätze der Auffassungen hindernd im Wege standen.”2 Als besonders fruchtbar erwies sich die Zusammenarbeit mit Arthur Nikisch im Zusammenhang mit den Philharmonischen Konzerten in Berlin. Das ab Februar 1901 lediglich sporadisch geführte Gästebuch veranschaulicht die gesellschaftliche Vernetzung von Louise Wolff auch nach dem Tod ihres Mannes. In dem Gästebuch sind die zentralen Künstlerpersönlichkeiten aus dem Musikbereich der damaligen Zeit versammelt, darunter die Dirigenten Arthur Nikisch, Felix Wiengartner, Leo Blech, Otto Klemperer, Bruno Walter, Ernest Ansermet, Erich Kleiber und Wilhelm Furtwängler, die Komponisten Richard Strauss, Eugen d'Albert, Franz Schreker, Alois Hába, Ferruccio Busoni, Sergej Rachmaninow, die Pianisten Edwin Fischer, Frédédric Lamond, Edouard Risler und Carl Friedberg, die Sängerinnen und Sänger Lola Beeth, Julia Culp, Elisabeth Rethberg, Fjodor Chaljapin, Joseph Schwarz und Carl Erb, die Geiger Bronislaw Huberman, Jascha Heifetz, Josef Szigeti, Fritz Kreisler und Yehudi Menuhin, Vertreter von Presse und Musikkritik, wie Theodor Wolff, Georg Bernhard, Adolph Weißmann, Hugo Leichtentritt sowie Fritzi Massary und Alma Mahler, ferner Diplomaten und Politiker.
Trotz der widrigen wirtschaftlichen Verhältnisse während des I. Weltkriegs gelang es Louise Wolff neben den Philharmonischen Konzerten eine weitere Reihe mit Orchesterwerken zu etablieren und hierfür Felix Weingartner als Dirigenten zu gewinnen. Nach dem Weltkrieg konnte sie die internationalen Kontakte wieder aufnehmen. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war es Louise Wolff unmöglich geworden, weiterhin jüdische Künstler unter Vertrag zu nehmen. Im April 1935 löste Louise Wolff die Konzertdirektion Hermann Wolff auf. Offenbar ahnte sie, dass ihre Töchter das Büro unter diesen politischen Umständen nicht würden fortführen können. Die im Herbst desselben Jahres erlassenen sogenannten Nürnberger Rassegesetze bestätigten dies. Am 25. Juni 1935, zwei Monate nach ihrem achtzigsten Geburtstag, verstarb Louise Wolff in Berlin.
1. Reger-Bezug
Regers erste nachweisbare Kontaktaufnahme zu dem Konzertbüro Wolff ist für den 22. Februar 1902 verbürgt. Der Brief ist verschollen, dem Postausgangsbuch ist zu entnehmen, dass es sich um ein Einschreiben handelte. Da Reger zwei Tage zuvor in einem Brief an seine Verleger Lauterbach & Kuhn nachfragte, “Haben Sie mit H. Wolf in Berlin alles geordnet? Wenn nur Wolf auch gehörig sich ins Zeug legte!!” (Brief vom 20. Februar 1903 an Lauterbach & Kuhn), ist davon auszugehen, dass auch sein Brief sich auf den bevorstehenden Liederabend mit Ludwig Hess im Beethoven-Saal der Berliner Philharmonie bezog.1. Zu diesem Zeitpunkt führte bereits Louise Wolff die Geschäfte und organisierte folglich auch das besagte Konzert. Während Reger in den Folgejahren Geschäftsbriefe weiterhin an den verstorbenen Firmengründer Hermann Wolff adressierte (dieser Teil der Korrespondenz ist größtenteils verschollen, reichte aber nachweislich bis 1912), entwickelte sich ab Dezember 1904 ein privater Briefverkehr mit Louise Wolff, der bis Ende 1906 nachvollziehbar ist. Hinzu kommt noch ein in unbekanntem Privatbesitz befindlicher Brief von Elsa Reger vom 13. Januar 1905. Mehrere umfangreiche Briefe Regers aus dem Jahr 1905 bezeugen seine große Hochachtung vor der Adressatin, für deren Freundlichkeit und Zugewandtheit er dankbar ist. Die Wertschätzung scheint gegenseitig gewesen zu sein. Wie sich Regers Dankesschreiben vom 1. März 1905 entnehmen lässt,2war Louise Wolff offenbar an der Wahl Regers für eine Zuwendung der Beethovenstiftung des Allgemeinen Deutsche Musikvereins beteiligt. Die Korrespondenzthemen sind musikpraktischer und intellektueller Natur. Reger berichtet von seinen neuen Kompositionen, äußert Wünsche zu bevorstehenden Konzertplanungen und Aufführungsmöglichkeiten sowie, geht auf Rezensionen und das Agieren von Personen des Musiklebens ein. Es hat mehrere private Treffen der Eheleute Reger mit Louise Wolff sowohl in deren Berliner Privathaus als auch in Graz gegeben. Dieses Treffen Anfang Juni 1905 in Graz anlässlich des 41. Tonkünstlerfestes des Allgemeinen Deutschen Musikvereins (ADMV) motivierte Reger offenbar zur Widmung der Nr. 29 aus dem zweiten Band der Schlichten Weisen op. 76 mit dem Titel Die Mutter spricht nach einem Gedicht von Sofie Seyboth an Louise Wolff. Am 12. Juli kündigte Reger ihr die Zueignung an: “In Graz erzählte ich doch, dass ich in einer meiner neuen "Schlichten Weisen" op 76 Band II (im September a.c. erscheinend) den Hochzeitsmarsch von Mendelssohn verwebt habe zur Charakterisierung des heiratslustigen Mädels, über welche Idee, Sie sich, sehr verehrte gnädige Frau, in Graz sehr amüsierten. Ich hab' diese neuen "Schlichten Weisen" vor wenigen Tagen in den Druck gegeben u. mir erlaubt, Ihnen dieses Lied mit dem Zitat von Mendelssohn zu dedicieren u. würde es mich sehr freuen, wenn Sie, sehr verehrte gnädige Frau, die Dedikation freundlichst annehmen würden, als ein kleines Zeichen meines herzlichsten Dankes!” (Brief Regers an Louise Wolff vom 12. Juli 1905) Darüber hinaus widmete Reger Louise Wolff noch die Volksliedvertonung Sonntag (Nr. 3) aus den im Sommer 1906 komponierten Fünf Gesängenop. 98.
Object reference
Luise Wolff, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_pers_00120.html, version 3.1.0, 23rd December 2024.
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