Oberaudorf, 7th September 1910
Max Reger to Hans Schuster
: Musikantiquariat Hans Schneider, Katalog 346, April 1995, Los 203
- Max Reger
Hans
Schuster
1.
Liebster Carl! Mit der so überaus freundlichen Dedikation der „alten Meister“, für deren Übersendung ich Dir hiermit gebührend danke, hast Du mir eine Riesenfreude gemacht! Ich hab’ 1.) mal in diesem Bande wieder gesehen, wie groß, wie groß diese alten Meister waren, sind u. bleiben, wie gegen diese urgermanische Kraft (selbst in der Grazie) all unser heutiger moderner Schwindel verpufft, 2.) kann ich als egoistischer Mensch den Band ausgezeichnet für meine Dienste gebrauchen, indem ich daraus noch kolossal viel lernen kann! Ich empfinde also diese Dedikation icht nur als eine ganz enorme Auszeichnung, die Du mir zutheil werden ließest, für die ich Dir zeitlebens aufrichtigsten Dank schulde, sondern vor Allem auch als einen Sporn, auf meinem Wege weiterzugehen d. h. nach Kräften bestrebt zu sein, auf der allein richtigen Basis der großen alten Meister Gutes zu bauen! Also herzlichsten, aufrichtigsten Dank! Auf den Brief des Herrn von Sponer bin ich sehr gespannt! So am 19. September oder wenn möglich früher – aber nicht später als 19. September wird bei Lauterbach u. Kuhn mein op. 86 eintreffen: Variationen und Fuge über ein Thema von Beethoven für 2 Klaviere zu 4 Händen. Ich glaube damit etwas geschaffen zu haben, das op. 81 [Bach-Variationen] an musikalischem Wert mindestens gleich steht! Es würde mich sehr freuen, wenn Dir diese krystallklare Musik gefallen würde! Da das Manuskript baldigst umgehendst in Druck gehen muß, so mußt Du schon so freundlich sein und sofort nach Empfang der Karte, die ich dir noch extra schreibe, zu L. u. K. gehen, damit Du mein neuestes „Kind“ gleich kennen lernst! Betreff der Brandenburgischen Concerte [Bach-B9] bin ich Dir für Deinen Wink sehr dankbar! Werde denselben befolgen.
Von Dr. Louis kann ich Dir wieder eine „schöne“ neue Geschichte erzählen: in der allerneuesten Zeit hat er doch in den N. N. etwas „manierlicher“ über mich geschrieben – nun wurde sein intimster Freund Dr. Istel zur Rede gestellt; warum Dr. Louis jetzt anders schriebe über Reger als früher; Dr. Istel erwiderte darauf, er könne aufs Bestimmteste versichern, daß Dr. Louis noch ebenso ablehnend gegenüber Reger dächte als früher, doch – jetzt schriebe er es halt nicht mehr. – Nun, das ist doch hochfein! Bitte erzähle diese niedliche Geschichte doch umgehendst den Herrn L. u. K.!
Petri schrieb mir, daß er mein op. 74 am 28. Dez. mache u. bot sich mir an, op. 74 Graz zu machen! Wold. Meyer schrieb mir einen ausführlichen Brief über op. 74! Morgen will ich mal an Wolfrum schreiben, ob es nicht möglich ist, daß er im Bachverein zu Heidelberg kommende Saison einen Regerabend macht! Ich weiß zwar nicht, wie Wolfrum zu mir steht, ob er vielleicht nicht schon lange von dem überall mächtig gegen mich intrigierenden Schillings-Thuille schon so gegen mich aufgehetzt ist, daß er nicht will! Nun – der Versuch wird mir auch gleich Klarheit geben, wie Wolfrum zu mir steht! Apropos: Kennst du nicht irgend einen oder mehrere Musikdirektoren in Westfalen oder Rheinland, die unmittelbar anschließend an Essen a. Ruhr (Regerabend der Mus. Gesellschaft) uns engagieren würden zu einem Regerabend! Die Mitwirkenden sind: Wald. Meyer-Quartett u. ich! (Mein Honorar 200 M pro Abend) Programm: op. 72, 77b op. 74! Vorm 6. Jan. kann die Sache nicht sein, da ich am 3. Jan. in Berlin Regerabend habe u. am 4. Jan. eine famose Altistin [Clara Rahn] begleite in Berlin die 6 Reger singt! Unmittelbar anschließend an Essen (6. Jan) wären so einige Abende in Westfalen u. Rheinland doch sehr schön! Wenn Du da was machen könntest, so wäre ich Dir sehr dankbar! – Denke Dir, von der bekannten Musikalienhandlung A. Böhme in Hamburg bekam ich Anfrage wegen meiner neuen Werke! Das ist doch fein!
Hat Dir Herr Hinrichsen mein op. 80 gegeben; ich ersuchte ihn darum! Hoffentlich finden diese so einfachen Stücklein Deinen Beifall! Hat Dir Herr Hinrichsen nicht das Manuskript meines op. 85 gezeigt?
Halt: ein großes Geheimnis gegen jedermann, auch gegen L. u. K. Von einer Serenade für 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Clarinetten, 2 Fagotten, 4 Hörner ist der 1. Satz (B dur) fertig; ein urfideles Ding! Simrock wird das Werk bekommen, das er gerne haben will! Aber silentium gegen jedermann!
Nicht wahr, der Herr von Sponer komponiert auch; ich sah mal ein Lied: „Schmied Schmerz“ von ihm in der „Musikwoche“ – das war ein sehr „fideler“ Schmerz!
Nun leb recht wohl, schreib mir recht balde wieder u. nimm nochmals allerherzlichsten Dank entgegen nebst den schönsten Grüßen von meiner Frau u. mir.
Dein Max Reger.
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Max Reger to Hans Schuster, Oberaudorf, 7th September 1910, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01006808.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.
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