Weiden, 3rd December 1900
Max Reger to Joseph Renner jun.
- Max Reger
Herrn Domorganisten, Komponist
Joseph
Renner jun.
Regensburg F 125
Sehr geehrter Herr!
Besten Dank für freundl. Brief u. Sendung Ihrer prächtigen c-mollSonate. […]
die Sonate für Orgel op. 45 von Joseph Renner (1868-1934) erschien ca. 1900 in Regensburg bei Gleichauf
Werner Huber, Leben und Werk des Regensburger Domorganisten und Komponisten Joseph Renner jun. (1868-1934). Ein Beitrag zum süddeutschen Spät-Cäcilianismus, Tutzing 1991 (= Eichstätter Abhandlungen zur Musikwissenschaft, Bd. 8), S. 227-29
Mitteilungen des Max-Reger-Instituts 17. Heft (1968), S. 18f.
Alt-Bayerische Heimat (Beilage zur Mittelbayerischen Zeitung) Nr. 6 (Juni 1966)
Neue Zeitschrift für Musik 100/3 (1933), S. 222
Max Reger, Briefe eines deutschen Meisters. Ein Lebensbild, hrsg. von Else von Hase-Koehler, Leipzig 1928, S. 84
1.
Weiden, Allee 22, 3. XII 1900.
Sehr geehrter Herr!
Besten Dank für freundl. Brief u. Sendung Ihrer prächtigen Cmoll Sonate. Ich habe das Werk eingehendst mir angesehen u. kann Ihnen zu dem Werke nur aufrichtigst gratulieren – so zwar, daß ich recht bald das Erscheinen der 3. Sonate erwarte! Ich tue daher mit größtem Vergnügen was ich kann! Für Fritzsch (Mus. Wochenbl.) kann ich leider nicht schreiben, da ich mit dem Herren in keinen Beziehungen stehe. Senden sie aber ein Exemplar an Fritzsch; [am rechten Seitenrand: »(an {dreifach unterstrichen:} Fritzsch senden!)«] das Orgelreferat ist da bei Herrn P. Gerhardt (Zwickau) in guten Händen. (Mus. Wochenblatt!). Sodann senden Sie bitte an Herrn Prof. Musikdirektor E. Rabich‚ Herausgeber der Blätter für Kirchen- u. Hausmusik, Gotha, und an Herrn Seminaroberlehrer Schnackenberg Plauen i.V.‚ Trockenthalstraße 36 je ein Exemplar; ich werde beiden Herren schreiben u. die Sonate bestens empfehlen; Schnackenberg schreibt für Neue Zeitschrift für Musik; schreiben Sie beiden Herren einige liebenswürdige Zeilen, wo Sie um Besprechung in den Blättern für Kirchen- u. Hausmusik (Rabich) und Neuer Zeitschrift für Musik (Schnackenberg) (nicht verwechseln) bitten und berufen Sie sich in beiden Briefen auf mich; auch bitte ich Sie an die Redaktion der Allgemeinen Musikzeitung (Otto Leßmann) u. Neue Musikzeitung (Stuttgart) je ein Exemplar zur Besprechung zu senden, aber bei diesen beiden [dreifach unterstrichen:] nichts von mir zu schreiben! (Politisch sein!) Ich selbst werde Ihre 2. Sonate für „Chorgesang“ und „Redende Künste“ besprechen! „Wie“, können Sie sich ja denken, nachdem ich Ihnen nur meine vollste Anerkennung über das Werk zolle.
Sodann: ist es Ihnen unangenehm (wegen Ihrer Stellung), wenn in „Monatsschrift für Gottesdienst u. kirchliche Kunst“ (ein streng evangelisches Blatt) ein Referat erscheint; auch dafür könnte ich schreiben! Bitte darüber um Nachricht!
Über die Kritik in Musica sacra würde ich mich an Ihrer Stelle nicht ärgern! Ob Herr H. der „krankhaften u. secessionistischen“ Richtung in der Musik wohlwill oder nicht, ist vollkommen gleichgültig! Es hat ihn ja niemand von uns um seine Ansicht gefragt!
Wir modernen Musiker verlangen mehr als diatonisches „Dreiklangsgemüse“ u wer nicht mitthun will oder gar die Sache bekämpfen will – den läßt man links liegen. Übrigens bedenken Sie doch, daß jene Zeitschrift doch ohne [dreifach unterstrichen:] jeglichen Einfluß auf unser Musikleben ist!
Geben Sie da einfach in Zukunft nichts mehr hin zum Besprechen – und fahren Sie feste u. unentwegt in der „krankhaften u. secessionistischen Richtung“ fort! Ich freue mich, in Ihnen einen Kollegen gefunden zu haben, der wie mir Ihre Cmollsonate beweist, über das hinausgeht‚ was schon längst, schon längst geschrieben ist! Aber „deutsch“ bleiben; nie das geringste Kompliment an die „Franzosen“ und „Engländer“! Die „Öltropfen Diatonie“ sind für jene gut, die schwach im Magen sind!
Es thut mir sehr leid, mich für Ihre prächtige Sonate, die mir als die schönste Sonate erscheint, was ich seit langem kennen gelernt habe, nicht sogleich revanchieren zu können! Aber sobald mein op 51 erscheint, sollen Sie sicher ein Exemplar erhalten! Nochmals bitte ich Sie, sich doch mein op 46 (Phantasie & Fuge für Orgel über BACH) zuzulegen! (Aibl‚ München). Ich wäre sehr gespannt, was Sie zu diesem Werke sagen würden – legen Sie sich’s also zu; sobald op 51 erscheint, sende ich Ihnen; bedaure nur lebhaftestens von op 46 kein Exemplar mehr zu haben. Lesen Sie Urania?
Zum Schlusse nochmals die Bitte, Sich von solchen Pressestimmen nicht im Geringsten beeinflussen zu lassen u. unentwegt weiter schreiten.
Bitte, senden Sie die Exemplare Ihrer zweiten Sonate so, wie ich Ihnen angab; wir wollen sehen, ob nicht baldigst dann andere Urtheile über Sie herauskommen.
Mit besten Grüßen und Händedruck
Ihr ergebenster
sehr beschäftigter
Max Reger
Ich werde diese Woche selbst wegen Ihrer Sonate an die Herren Rabich u. Schnackenberg schreiben; also senden Sie die Exemplare sofort nebst den Briefen ab! Lassen sie recht bald von sich hören u. senden Sie die Exemplare genauestens so wie ich Ihnen angab! (Bei Allgemeiner Musikzeitung, Neuer Musikzeitung u. Fritzsch sich [dreifach unterstrichen:] nicht auf mich berufen; dagegen bei Rabich u. Schnackenberg!
Object reference
Max Reger to Joseph Renner jun., Weiden, 3rd December 1900, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01007041.html, last check: 21st November 2024.
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