Weiden, 1st February 1899
Max Reger to Hans Koessler
Karlsruhe,
Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung,
Ep. Ms. 148
- Max Reger
Sehr geehrte Herr Vetter!
Nun ist endlich Klarheit in meiner Angelegenheit […]
stark angegilbt und gerissen
- Sonate g-moll op. 28
- Six Poems by Anna Ritter op. 31
- Fantasia on the Chorale “Freu dich sehr, o meine Seele!” op. 30
- Fünf Humoresken op. 20
- Hymne an den Gesang op. 21
- Five selected folk songs WoO VI/6
- Nine selected folk songs WoO VI/7
- Vier Spezialstudien für die linke Hand WoO III/13
Der junge Reger. Briefe und Dokumente vor 1900, hrsg. von Susanne Popp, Wiesbaden 2000 (= Schriftenreihe des Max-Reger-Instituts, Bd. XV), S.
Max Reger, Briefe zwischen der Arbeit, hrsg. von Ottmar Schreiber, Bonn 1956 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Heft 3), S. 86–88
1.
Weiden, Allee 22.
1. Februar 1899.
2.
Sehr geehrter Herr Vetter!
Nun ist endlich Klarheit in meiner Angelegenheit betreff meines Chores „Hymne an den Gesang.“ [Opus 21] Herr Sturm sandte mir vorige Woche alles zurück mit dem Bemerken, daß der Verein lieber wartet, bis der Chor gedruckt ist. (Dies letztere ist sehr bald der Fall.)
Herrn Sturm’s Brief an mich enthielt aber eine Bemerkung, einen Satz, worüber ich Ihnen – ich bitte à discretion – schreiben muß. Herr Sturm, dem ich schon in meinem 1. Briefe an ihn die offizielle Mittheilung machte, daß ich dem Lehrergesangverein meine 5 ausgewählten Volkslieder für Männerchor [WoO VI/6] widmen wollte u. den ich bat, dies den Herren des Vereins bekannt zu geben, schreibt mir also in seinem Briefe, der sehr lange auf sich warten ließ, (bis vorige Woche) folgendermaßen:
„Daß Sie dem Lehrergesangvereine Volkslieder gewidmet haben, überrascht mich umsomehr, da eine Vorlage derselben vor deren Drucklegen vor dem Verein nicht erfolgt ist.“
Ich gestehe Ihnen, hochverehrter Herr Vetter, [Einschub: »daß ich«] diesen Satz nicht [Einschub: »verstehe«]! Soll der Satz vielleicht so aufgefaßt werden, daß ich das Manuskript der Chöre zuerst dem Vereine gewissermaßen zur „Korrektur“ hätte vorlegen müssen! Oder wie sollte der Satz sonst verstanden werden! Abgesehen davon, daß es immerhin eine Ehre ist, wenn man bewidmet wird, sind meine Chöre derart gesetzt, daß sie selbst die strengste Kritik nicht zu scheuen brauchen. Überdies hätte Herr Sturm aus den ihm gesandten „Redenden Künsten“ so viel entnehmen können, daß er es mit mir als mit keinem Charlatan zu thun gehabt hätte, so daß also der Lehrergesangverein mit einer auch „unvorhergesehenen“ Widmung von mir aus keinerlei moralisches Risiko übernommen hätte. Dieses Vorherfragen- u. Vorlegen ist überhaupt nicht Mode. Ich habe bisher den Herren: Richard Strauß, F. B. Busoni, Fr. Lamond, Sam de Lange, Dr. Hugo Riemann, Prof. Hans Koessler, Theodor Kirchner, Dr. Carl Fuchs etc etc. Werke gewidmet, ohne vorher einen der Herren, deren Namen den besten Klang in der musikalischen, in der ganzen gebildeten Welt haben, um Erlaubnis zu fragen oder das betreff. Werk vorzulegen. Alle diese Herren bedankten sich in höflichster u. liebenswürdigster Weise bei mir für die Auszeichnung. Nur einmal machte ich eine Ausnahme – nämlich bei J. Brahms. Ich frug bei Brahms, der bekanntlich in Widmungsangelegenheiten sehr kritisch war, an u. vor mir liegt der in den liebenswürdigsten Worten gehaltene Antwortbrief J. Brahms’ an mich, u. entnehme ich demselben folgenden Satz: „Zudem gedenken Sie mir auch noch das schöne Geschenk einer Widmung zu gönnen. Aber eine Erlaubnis dazu ist doch nicht nöthig!“ Sie sehen selbst bei dem großen Brahms war eine Anfrage meinerseits überflüssig. Ich habe die Widmung „Dem Münchener Lehrergesangverein hochachtungsvoll gewidmet“ trotzdem auf dem schon längst gestochenen Titelblatte stehen gelassen u. glaube ich Ihnen hiermit einen Beweis geliefert zu haben, daß ich nicht so kleinlich empfindlich bin.
Die dem Lehrergesangverein also doch gewidmeten Volkslieder werden voraussichtlich diesen Monat erscheinen (Aibl) u. bitte ich Sie, Ihren Einfluß nun dahin geltend zu machen, daß der Verein sich diese Chöre anschafft u. singt. NB. Ich hatte Herrn Sturm einen Chor aus diesen Volksliedern „Ich hab die Nacht geträumet“ in Partitur seinerzeit mitgesandt. Herr Sturm fand es aber für gut, dies vollständig zu ignorieren. Bei Aibl werden von mir außer dem Hymnus an den Gesang [op. 21], den Volksliedern [WoO VI/6] u. Walzern (Klavier, vierhändig op 22) noch erscheinen: op 20 Fünf Humoresken für Klavier, Sonate (Gmoll) für Violoncell & Pianoforte [op. 28], Fantasie für Orgel über den Choral: Freu dich sehr, o meine Seele [Einschub: »op 30«], ferner Neun neue Volkslieder für Männerchor [WoO VI/7] u. wahrscheinlich 6 Lieder op 31 u. Vier Spezialstudien für Klavier. [WoO III/13] Ich freue mich sehr in Herrn Aibl, mit dessen Honorierung ich sehr zufrieden bin, einen so guten Verleger gefunden zu haben.
Hoffentlich geht es Ihnen sehr gut immer.
Bitte diesen Brief à discretion. Indem ich noch die besten Grüße von meinen Eltern hinzufüge
bin Ihr mit herzlichstem Gruß
ergebenster
Vetter Max Reger.
3.
[Quer am Rand und über Kopf:] Die neuen Neun Volkslieder [WoO VI/7] (ebenfalls bei Aibl) sind dem Regensburger Liederkranz gewidmet. Herrn Sturm habe ich noch keine Antwort gegeben. Ich warte bis die 5 Volkslieder [WoO VI/6] erschienen sind u. sende ihm dann die Partituren. Herrn Aibl theilte ich aber die ganze Sachlage mit. Besten Gruß! Schreiben Sie mir, bitte, balde, wieder!
Herr Aibl zahlt stets sehr gut u. prompt.
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Max Reger to Hans Koessler, Weiden, 1st February 1899, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01000164.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.
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