Weiden, 14th January 1901

Max Reger to Otto Leßmann

Object type
Letter
Date
14th January 1901 (source)
Sent location
Weiden
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Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Sehr geehrter Herr!
Gestatten Sie vorerst den Ausdruck meines verbindlichsten Dankes […]

Regesta
bedankt sich für die Gastfreundschaft • schenkt dem E. die Partitur von Phantasie und Fuge über B-A-C-H op. 46 sowie seiner Tochter jene der soeben erschienen Lieder op. 48 • berichtet darüber, dass man op. 46 für sehr schwer oder gar unausführbar hält, obwohl schon einige Organisten diese Komposition gespielt haben • weist darauf hin, dass Organisten Liszt gespielt haben müssen, ehe sie an seine »Elefanten« gehen können • »Ich gehe sogar soweit zu behaupten, daß die Orgel für die extremste Chromatik geradezu das berufenste Instrument ist!« • erbittet Noten für Werkbesprechungen • ist dankbar, ein Lied in der Beilage der Allgemeinen Musikzeitung veröffentlichen zu dürfen und macht auf die neuen Lieder op. 51 aufmerksam • versinkt in Arbeit • legt Verzeichnis seiner Werke sowie Kritiken bei
Remarks

Brief zuvor an Otto Grüters adressiert


Publications

1.

Weiden, Allee 22, bayerische Oberpfalz1901.

2.

Sehr geehrter Herr!

Gestatten Sie vorerst den Ausdruck meines verbindlichsten Dankes für die so überaus freundliche u. liebenswürdige Aufnahme, welche Herr Loritz u. ich bei Ihnen fanden. Es hat mich ungemein erfreut, mit Ihnen u. den hochverehrten Ihrigen einen so schönen Abend verleben zu können. Nochmals herzlichsten Dank!
Ich gestatte mir nun, Ihnen für Ihre Privat –Musikbibliothek mit diesem Brief mein op 46 Phantasie u Fuge für Orgel über B A C H zusenden, mit der Bitte das Heft freundlichst entgegen zu nehmen; ferner erlaube ich mir für Ihre sehr verehrte Fräulein Tochter meine vor Kurzem erschienenen 7 Lieder op 48 diesem op 46 bei zupacken ebenfalls mit der Bitte, Fräulein Tochter möchte die Noten freundlichst entgegennehmen. (Op 46 u 48 hat Ihnen Herr Spitzweg schon vor 1/4 Jahre zur Besprechung zugesandt – u. bitte ich nochmals die Noten heute Ihrer Privatbibliothek einzuverleiben.)

Wegen Op 46 gestatte ich mir, da das Werk immens schwer ist, u. man in Bayern dasselbe für unausführbar erklärt, daß der Ihnen wohlbekannte Organist Herr Karl Straube das Werk schon aus dem Manuskript öffentlich gespielt hat, daß in nächster Zeit es Herr R. Frenzel in Schneeberg in Sachsen öffentlich spielen wird – u. ich eine Reihe von Volksschullehrern in Sachsen weiß, die das Werk mit großem Eifer studieren. Allerdings – ich stehe da ganz extrem links mit solcher Orgelmusik – doch freut es mich Ihnen mitteilen zu können, daß ich schon eine nette Organistengemeinde habe, die mit wahrem Feuereifer meine Orgelsachen (op 27, 29, 30, 40 I II, 33, 46) studieren u. immer in vorzüglicher Weise öffentlich zum Vortrag bringen! Das Schwerste in jeder Beziehung ist op 46. In Berlin weiß ich bis jetzt noch keinen Organisten, der diese Sachen macht – dafür in kleinen Städten genug! Ein blinder Organist fängt nun auch an die Sachen zu studieren – also müssen sie wohl ausführbar sein! Guter Wille – u. die Fähigkeit auf die Schreibweise Mendelssohns u. seiner Epigonen verzichten zu können, ist da die Hauptsache! Allein unsere Staatsanstalten für Orgel stehen ja leider Liszt als Orgelmeister noch sehr unfreundlich gegenüber – u. Liszt muß einer gespielt haben, ehe er an meine „Elefanten” gehen kann! Straube wird Ende März dieses Jahres im Kaimsaale zu München ein Orgelconzert mit nur Reger bringen, um den Herrschaften in München den Beweis zu liefern, daß die Sachen doch spielbar sind.

Ich gehe sogar so weit zu behaupten, daß die Orgel für die extremste Chromatik geradezu das berufenste Instrument ist! Man soll sich nur Bach und Liszt ansehen – allein leider sehen sich unsere Organisten lieber Mendelssohn (den ich sonst hochverehre) u. seine Epigonen an; auch ist die Einwirkung Guilmaut‘s u Widor‘s auf unsere Orgelmusik keineswegs eine gute zu nennen! Hier vor Allem müssen wir deutsch bleiben! Nun habe ich Sie genug damit aufgehalten.

An Renner schreibe ich heute noch, daß er Ihnen seine Cmoll Orgelsonate sofort zusendet; in den nächsten Tagen werde ich mir sodann erlauben, Ihnen über dieses Werk Besprechung zu senden. Um gleich die Besprechungen zu berühren, so gestatte mir die Bitte, mir die neuen Sachen freundlichst zu senden zu wollen; auf ein l0 Pfundpaquet gehen eine Masse Noten; es versteht sich, daß ich die Besprechungen nach bestem Willen u. Können erledigen werde.

Wo Talent u. Streben vorhanden, nach Kräften fördernd – über hervorragende Novitäten längere Referate – u. gegen Ignoranz scharf. Ich denke, diese Prinzipien werden Ihnen nicht unangenehm sein, u. sehe ich also in Bälde Ihrer freundlichen Sendung entgegen. Für wirkliche Novitäten bin ich im höchsten Grade empfänglich u. freue mich jedes mal aufrichtigst auf ein Werk zu stoßen, dessen Schöpfer den Mut hat seine eigenen Bahnen zu wandeln! Nur vorwärts – ist darin meine Parole!

Es interessiert Sie vielleicht zu wissen, daß ich der Güte meines so idealgesinnten Verlegers, des Herrn Spitzweg die sämtlichen Orchesterpartituren von R.Strauß (mit Ausnahme des „Heldenleben”) verdanke u. ich diese Partituren stets eifrigst studiere.

An Herrn Spitzweg habe ich von Ihrem so liebenswürdigen Entgegenkommen, ein Lied von mir als Beilage zu Ihrer hochgeschätzten Allgemeinen Musikzeitung zu bringen u. für welches so freundliche Entgegenkommen ich Ihnen nochmals allerherzlichsten Dank sage, geschrieben u. wird er sicher einverstanden sein. Es erscheinen in Bälde bei Herrn Spitzweg 12 Lieder op 51 von mir, u. werde ich mir nach Erscheinen dieser Lieder darum sofort gestatten, Ihnen daraus ein einfaches Lied von 2 Seiten vorzuschlagen. Aber vor Allem nochmals allerherzlichsten Dank!

Nun zum Schlüsse nochmals meinen verbindlichsten, herzlichsten Dank u. die Bitte die Noten freundlichst entgegen zu nehmen u. die Lieder Ihrer sehr verehrten Fräulein Tochter übergeben zu wollen u. mich der hochverehrten Ihrigen bestens zu empfehlen

Ihr

mit besten Grüßen
u. vorzüglichster Hochachtung
ergebenster
Max Reger

3.

Ich habe so viel dringende Arbeit vorgefunden, daß ich sehr um Entschuldigung bitten muß u. zu verzeihen wenn dieser Brief "Presto" geschrieben werden mußte; Korrekturen etc. etc.; Sachen die alle schleunigst erledigt werden müssten! Aber länger kann ich mit meinem besten Danke auch nicht warten.
Die Rückreise war nicht allzu angenehm; von Berlin nach Leipzig Personenzug. Wir mußten in Leipzig 3 Stunden warten; in Hof 1 1/2 Stunden warten – sodaß statt 10 Stunden daraus über 15 wurden!

In Op 46 liegt ein Verzeichnis meiner bisher erschienenen "Verbrechen gegen Harmonie und Kontrapunkt".

Auf meine Sammlung von Bach'schen Orgelchoralvorspielen [RWV Bach-B4] für Klavier übertragen erlaube ich mir, Ihnen beizufügen mit der Bitte selbe Ihrer Bibliothek einverleiben zu wollen.

Anbei eine Kritik aus Allgemeiner Zeitung; ich habe erst vor einigen Tagen erfahren daß ein Hr Dr Croyer selbe geschrieben hat; der Herr ist mir unbekannt! Sodann noch eine aus Rheinisch–Westfälischer Zeitung, die über Lieder geht, die J Loritz am 10. Jan. in Berlin u. am 9.I. bei Ihnen abends nebst anderem sang.

Object reference

Max Reger to Otto Leßmann, Weiden, 14th January 1901, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01000201.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.

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