München, 30th June 1902

Max Reger to Elsa Reger

Object type
Letter
Date
30th June 1902 (source)

Datierung nachträglich von fremder Hand

Sent location
München
Source location
DE,
Karlsruhe,
Max-Reger-Institut/Elsa-Reger-Stiftung,
Ep. Ms. 1738

Senders
  • Max Reger
Recipients

Incipit
Mein lieb, lieb, süß Bräutchen!
Viel, viel Dank für Sonntagsbrief u. Karte (Empfangsbestätigung des Paquetes) […]

Regesta
freut sich auf eine gleichberechtigte Ehe • freut sich, dass sie ihm 1 Stunde täglich die Korrespondenz abnehmen möchte • malt ihr die gemeinsame Zukunft aus • berichtet von Verträgen mit einem Leipziger Verleger [Lauterbach & Kuhn] • möchte eine Lebensversicherung abschließen • klagt, dass er in Bayern bekämpft wird • teilt mit, dass Braungart ihn besuchen wird und lästert über seine jüdische Frau
Remarks

handelt sich wohl um Lauterbach & Kuhn Verlag in Leipzig

Referenced works

Publications

1.

München, Wörthstr. 35 I. Montag abend 9 ¾ Uhr.

Mein lieb, lieb, süß Bräutchen!
Viel, viel Dank für Sonntagsbrief u. Karte (Empfangsbestätigung des Paquetes) Nun zu Deinem Brief! Ja, Liebling, so ists: ich sehne mich so rasend nach Dir, so unendlich, u gerade weil ich fühle u weiß, was Du mir sein wirst als meine Frau, sehne ich mich noch ärger nach Dir u. dem Tage, der uns vereint. Aber Liebling, glaub mir das Eine: ich überarbeite mich sicher [dreifach unterstrichen:] nicht! Glaub mir das u. sorge Dich nicht! Wenn Du mir treu bleibst, mich lieb behältst u mich immer lieber gewinnst, mir immer recht lieb schreibst, dann ist es ganz unmöglich, daß ich mich überarbeite! Gelt, das weißt Du u. sorgst Dich nicht mehr! Sieh, Liebling, ich weiß es freilich so gut, daß Du es so gut mit mir meinst, daß Du jetzt schon u. als meine Frau ja noch viel mir [=mehr?] doch nur mein Bestes willst, daß Du [dreifach unterstrichen:] nie mit kleinlicher Nörgelei mich quälen wirst – u. weil ich das weiß, deshalb folge ich auch Dir; Du bist nicht mein folgsames Weib, sondern alles überlegen wir gemeinsam u. so folgt keiner dem andern, sondern wir wollen eben immer das Gleiche! Gelt, Schatzi; so soll’s werden. Nein, Elsa, Alkohol trinke ich nicht! Darin werde ich Dir nie, nie Sorge machen! Ich weiß ja doch, wie schrecklich das Dir wäre mich so zu sehen! Nie, nie sollst Du das erleben!
So, auf das in „Schlummer spielen“ freust Du Dich so; meinst Du denn, ich freute mich u sehnte mich nicht so, so sehr darauf; u. wenn ich Dich nachher wachgeküßt habe – dann muß ich Dich halt wieder in Schlummer küssen! So lange bis Du schläfst! Gelt, Liebling! Ja, wenn der Bräutigam seiner Braut etwas verspricht, das soll sein wie ein Eid!
O, ich weiß, welch excellente Künstlerfrau Du wirst – ich weiß es – u. Du Liebling, wirst mit mir Hand in Hand, Herz an Herz, Mund an Mund meinen Weg gehen! Gelt! Ja, es ist recht, wenn Du als meine Frau wieder Aquarell malst! Wir können damit die Wohnung ausschmücken! Auf die Photographie von Dir von Trudel freue ich mich sehr! Hoffentlich kommt sie bald! Das Christus-Monogramm kostet nichts! Das wäre doch noch schöner, wenn ich mir von Dir das wiedergeben ließe.
Du höre, Liebling, mir fällt ein: wegen Trauung: da redest Du im November selbst mit meiner Mutter, und natürlich bin [dreifach unterstrichen:] ich dabei! Es ist das Einfachste! Vorher werde ich natürlich schon vorarbeiten – aber Dir gegenüber wird sie am ehesten nachgeben! Nun kommt, warum „Bruder Knicko“ gestern im Fasanengarten keine Ansichtskarte für Dich gekauft hat! Ich dachte, es gäbe da draußen keine u. nahm gewöhnliche Karte mit, da ich keine Ansichtskarte zu Hause hatte; draußen angekommen, gab es wohl welche – aber so miserabel, daß das Geld für solch einen Schund wirklich hinaus geworfen ist – und Dir macht doch das Freude, daß ich an Dich denke – ob es eine Ansichtskarte oder nicht ist, ist Dir doch schließlich egal – sondern die Hauptsache ist, daß ich Dir Nachricht sende! Natürlich wurde meine Weigerung, da so eine schlechte Karte zu kaufen mit unendlichem Halloh begrüßt! [Max] Ulrich zeichnete nachher die „Galloschenfigur“, welche ich sein soll! Weißt Du: fürchte ja nicht, daß ich knausere Dir gegenüber, wenn Du mein bist. Nein, ich hab Dich doch viel zu lieb! Ja, Elsa, Du mußt mich entschädigen für das, was ich entbehre, u ich weiß, wie unendlich lieb u süß Du mich entschädigen wirst!
Ja, die Zeit ist mir schrecklich bis Januar! Wenn ich auch daran denke, daß Du in 3 Wochen hier bist, ich vom 24. [Oktober] – 2. November, u. 23. – 29. December in Schneewinkl – ja, mein Lieb, trotzdem, trotzdem – ich sehne mich halt so nach Dir! O, Du machst mich ja so unendlich glücklich, wenn Du mich entschädigen willst fur mein Warten! Ich weiß wie lieb u gut Du sein wirst – u. je mehr ich das weiß u. fühle – desto mehr sehne ich mich nach Dir.
Wegen Papiere, die wir brauchen, erkundige ich mich ganz genauestens.
Ja, wenn Du auch jetzt schon mein bist – aber Du bist halt nicht bei mir! Das ist schrecklich, schrecklich! O, ich sehne mich ja so unendlich nach Dir. Dafur bin ich Dir ja so sehr dankbar, wenn Du mir den größeren Theil meiner Correspondenz abnimmst! 1 Stunde täglich genügt vollständig!
Straube kann zu unserer Hochzeit kaum kommen; die Reise kostet allein 100 M. Außerdem ist er durch seinen Dienst auch gebunden! Weißt, das geht nicht – u. würden mir zu viele Leute!
Weißt Du: Duldsamkeit – eigentlich die Grundidee des Christenthums – ist ja heutzutage ganz verschwunden! Frau Rosa wird über ihren Schwiegervater [Johann Baptist Ulrich] nicht Herr, dafür kenne ich den Mann zu Gute! Dem würde nur 1 Million Mark oder die Reitpeitsche imponieren. Wenn wir vereint sind, lassen wir uns Einmischungen von keiner Seite – sei es, wer es wolle, gefallen!
O, wie bin ich erst froh, wenn der Januar da ist – das ahnst Du gar nicht! Der Winter ist für uns kein Winter! Nein, mein süß, lieb Bräutchen! O, wie ich mich freue!
Ja, am 19. Nachmittags kommst Du sicher zu uns u. ich werde es schon so einrichten, daß wir sicher 1 Stunde ganz allein sind; richte es nur so ein, daß Du länger bei uns bleiben kannst u. daß ich abends am [dreifach unterstrichen:] 19. bei Euch sein kann; am 20. seid Ihr dann bei uns.
Warum ich die Korrekturbögen nochmals machen mußte – weil im 1. Abzug so viel Fehler waren – u. da mußte noch ein 2. gemacht werden! Ich habe selbe schon erledigt u. zurückgesandt!
Es ist klar, daß niemand von uns Deiner Frau Mama gegenüber etwas verlauten läßt.
Ja, lieb süß Bräutchen, ich bin ja so selig, wenn Du in 3 Wochen Deinen Arm um mich legst u. Dich an mich schmiegst, aber sieh, dann gehst Du wieder fort, u. ich sehe Dich bis Oktober nicht mehr! Weißt Du denn, wie schrecklich das mir dann ist, Dich so lange nicht zu sehen! Sieh, Liebling, es ist für mich so schwer, so schwer zu wissen: wir zwei haben uns so lieb, besonders ich Dich gar so unendlich lieb – u. nun soll u. muß ich noch bis zum Januar warten, bis Du mein und [dreifach unterstrichen:] immer bei mir bist – u. seh Dich nur im Oktober u Weihnachten. O, das ist schrecklich! Und da soll man nicht trübsinnig werden! Ja, Liebling, es ist so so so schwer für mich – alles in mir schreit so nach Dir!
Deine Symphonie [WoO I/8] – siegreich klingen – o, nein – sie klingt herb, hart, streng erbarmungslos! Dem Publikum wird sie zu „drohend“ sein!
Ach, ja sei recht lieb u. gut zu mir, wenn Du mein bist; ich kann’s gebrauchen! Traurig bin ich ja nicht mehr – aber mein Sehnen nach Dir wird immer u. immer ärger! Ja, ich denk ja dran, daß ich Dich in 3 Wochen in meine Arme schließen, Dich küssen darf, Dich an mich drücken – aber sieh, dann bist Du wieder fort, u. ich wieder allein mit meiner so rasenden Sehnsucht nach Dir! Du darfst mich später nie allein lassen – versprich mir das jetzt schon – ich hab’ Dich eben so lieb u. da mußt Du [vierfach unterstrichen:] immer um mich, bei mir sein! Gelt! Um mir braucht Dir nicht angst zu sein! Ich überarbeite mich [dreifach unterstrichen:] nicht! Sorge Dich, bitte, bitte, bitte, deswegen [dreifach unterstrichen:] nicht! Bitte [dreifach unterstrichen:] nicht! Ich klappe nach unserer Hochzeit nicht zusammen! 1.) 14 Tage Ferien u. dann hab’ ich ja eine Arbeitskraft für 3 Mann, u. bei solidem Leben kann ja nicht vorkommen, daß ich mich überarbeite u. zusammenklappe! Und sind wir vereint, dann bist ja Du [sechsfach unterstrichen:] immer u. immer bei mir – u. Deine süße Gegenwart macht mich so selig, daß ich mich nicht überarbeiten kann! Ich arbeite x von früh 8 Uhr bis Mittags 12 ¾ Uhr; um [dreifach unterstrichen:] 1 Uhr essen wir; von 2–6 Uhr arbeite ich wieder! Der Abend gehört dann ganz Dir! Ist’s [dreifach unterstrichen:] Sonntag so gehört Dir der ganze Nachmittag [dreifach unterstrichen:] u. Abend! Im Winter gehen wir wohl am besten von 1½–2½ Uhr spazieren! Dann arbeite ich bis 6½ Uhr! Gelt! Sind Konzerte, so muß ich schon um 6 Uhr zu arbeiten aufhören! Umziehen, essen! Im Sommer gehen wir dann abends nach dem Abendessen, das wir für gewöhnlich wohl um 7½ Uhr haben werden, spazieren – aber immer, immer [dreifach unterstrichen:] Arm in Arm! [siebenfach unterstrichen:] Bitte, erfülle mir diese letzte Bitte!
Heute hab’ ich nun mit dem Verleger aus Leipzig abgeschlossen:
Wir bringen zuerst 4 Bach’sche Cantaten [RWV Bach-H1]! Dann nach u. nach mehr; außerdem habe ich ihm zu Oktober a.c. 8 Lieder [Opus 66] versprochen, welche er mit 400 M honoriert! (ich schreibe diese 8 Lieder bequem in 8 Tagen. (Vor 3 Jahren (nicht ganz 3 Jahren) zahlte mir Aibl für 10 Lieder 200 M, jetzt erhalte ich für 8 Lieder 400 M; ein kleiner Unterschied.)
Weißt Du mein herzigs Lieb, ich sehne mich so nach Dir! O, so unendlich! Und Du mein Lieb, behalt mich lieb! Sieh, ich sehne mich so!
Gelt, die Bücher im Paquet hast Du gefunden! Bitte, lies sie!
Aber auszanken muß ich Dich: nun warst Du in Salzburg, hast mir was gekauft! Sieh, es macht mir ja viel, viel, viel herzinnigste Freude, wenn Du mir was schenkst! Aber Geld sollst Du nicht dafür ausgeben! Sieh, wie beschämt bin ich dann dadurch! Schau, Du verdienst Dir doch kein Geld, also warum gibst Du welches für mich aus! Sieh, wenn Du mir lieben, lieben Brief schreibst, das macht mich so selig! Nun sieh, u. ich, ich weiß ja jetzt gar nicht, wie ich mich revanchieren kann! Warum thust Du es dann? Freilich machst Du mir unendlich viel Freude damit! Aber thu es nicht mehr! Ein Kuß von Dir ist mir x [sinngemäß: mehr wert] als jedes Geschenk! Behalt mich lieb, u. sei nicht böse ob meiner Predigt! Ich will nur nicht, daß Du Dir meinetwegen Auslagen machst! Sind wir vereint, dann gehören wir uns ganz, ganz, ganz u. dann soll De[i]n Kuß, Dein Kuß mein süßester Lohn sein! Gelt, Liebling! Sieh, ich hab Dich halt so unendlich lieb!
Sei nicht böse, auf Seite 4 ist mir ein Klex passiert!
Du Liebling, weißt, worauf ich mich gar so freue – auf die Abende in unserem Nestchen! O, die werden so schön! Singen, lesen! Und beim Lesen, da lege ich beide Arme um Dich u. lesen wir gemeinsam aus dem Buche, gelt ja? Aber oft, oft gibt’s dann eine Lesepause, weil mein süß Frauchen mir schnell ein Kußi geben muß! Oder weil ich Dich nehme, an mich drücke u. lang, lange Dich, wortlos vor Glück, an mich presse! Ja, halbtodt drücke u küsse ich Dich! Und wenn Du müde bist, spiele ich Dich in Schlummer u. küsse Dich dann, wenn Du schläfst heiß zur „Guten Nacht“! Wenn Du dann darüber erwachst, darfst nicht böse sein, wenn ich vor Deinem Bette knie u. Dich ansehe u. Dich küsse – denn ich hab Dich zu unendlich, zu unendlich lieb! Dann muß ich Dich wieder in Schlaf küssen u. dann am Morgen wecke ich Dich wieder auf mit vielen, heißen Küssen! O ja, mein Liebling, ich weiß, daß Du mich noch sehr, sehr lieb gewinnst! Ich weiß das!
Und: wenn Gott auch unsern Bund nicht segnen sollte, uns kein Kindchen schenken würde, nie, nie, nie würde ich Dir deshalb einen Vorwurf machen! Im Gegentheile: immer liebevoller u. zärtlicher werde ich dann, um Dir es vergessen zu machen! Fürchte keinen Vorwurf von mir!
O, sieh, ich denke ja immer u. immer an Dich mit solch unendlichster Liebe u. Sehnsucht! Behalt mich lieb, schreib mir recht balde, recht balde wieder! Nun gute, gute gute Nacht! Träume Du von unserer gemeinsamen Zukunft, wie schön sie wird u. wie es noch kein Weib gegeben hat, das von seinem Mann so unendlich heiß u. zart geliebt wurde als Du von mir! Du bist mein u ich bin Dein. Gelt, Du bist mir gut u. schreibst mir balde, balde, balde wieder großen, großen lieben, lieben Brief; ich sehne mich ja so unendlich, so unendlich nach Dir! Und höre: all mein Schaffen, all mein Denken, all mein Leben, mein Sein bis der Tod mich von Dir nimmt – alles, alles ist nur Dir geweiht in herzinnigster, treuester, heißester Liebe von Deinem Max! Gute, Nacht; morgen früh schreibe ich weiter u. dann erhältst Du den Brief morgen abend, weil ich ihn selbst zur Post bringe u. schon um 5 Uhr aufstehe, damit Du ja den Brief rechtzeitig erhältst; es ist nun 11 ½ Uhr. Schlaf wohl! Behalt mich lieb!

Dienstag früh! Guten Morgen, mein Liebling; wie geschlafen? Hoffentlich hast Du keine Kopfschmerzen! Ich bin wütend über mich selbst: um 5 Uhr wollte ich aufstehen – um 7 Uhr schlief ich noch so feste – u. so erhältst Du diesen Brief anstatt heute abend erst morgen früh; das thut mir so, so, so leid; sei nicht böse mein Lieb, bitte, bitte. Aber weißt Du: ich werde es jetzt so einrichten, daß ich jeden Abend ein bißchen an Dich schreibe, dann kann ich Deine Briefe prompter beantworten! Gelt! Weißt, wir gehen abends jetzt immer 8–10 Uhr spazieren u komme ich dann erst so spät zum Schreiben.
Du, Liebling, bevor wir uns vereinen im Januar, lassen wir uns noch photographieren hier im November, wenn Du hier bist. Gelt! Sag mal: was sagst denn Du dazu: ich will mich vorher noch (also vorm Januar) in eine Lebensversicherung aufnehmen lassen! Ich denke vorläufig für 10 000 M; wachsen meine Einnahmen so, wie es zu erwarten ist, dann kann man die Summe ja nach u. nach immer noch erhöhen lassen! Ich würde für 10 000 M pro Jahr circa 300 M Prämie bezahlen! Das fällt uns nicht schwer! Wir nehmen da die 300 M, die ich jährlich von der Musikwoche beziehe! Es wird wohl ganz gut sein! Was meinst Du dazu?
Heute habe ich wieder was erfahren, betreffend Hoftheater – na, man ist hier in den leitenden Kreisen von einer Kurzsichtigkeit u. Engherzigkeit sonder Gleichen! Aber an wem gehts aus – nur am künstlerischen u. finanziellem Erfolge unseres Hoftheaters. Es ist wirklich zu dumm! Ich sehe immer mehr ein, wie sehr ich Recht habe, daß ich mich finanziell gänzlich unabhängig von diesen leitenden Kreisen resp einer „hohen“ bayerischen Staatsregierung stelle. Darüber mal mündlich! Ich sag’s ja, es gibt nichts, was in der Entwicklung der Menschheit mehr schadet als der Bureaukratismus, der besonders in Bayern so x herrscht!
Es ist ja auch wirklich lächerlich, wie man sich da mir gegenüber verhält! Anstatt daß man versucht einen Musiker von meinem Kaliber, der sich in so kurzer Zeit doch solch guten Namen gemacht hat, an sich zu fesseln – nein – nein – im Gegentheil – diesen bekämpft man! Ich kann mich mit R. Strauß trösten, dem sie es hier gerade so gemacht haben! Es ist wirklich erheiternd.
Aber uns zwei – Dich u. mich – ficht das nicht an, wir zwei werden unseren Weg gehen, gelt, Liebling! Und weißt Du, wenn es Dir später lieber ist, wenn ich eine Stellung annehme, dann sag es nur; bis in einigen Jahren hab ich sicher solchen Ruf, daß ich auf nur Stellungen ersten Ranges zu reflektieren brauche! Gelt, Schatz! Über alles dann mündlich; wir haben ja so unendlich viel mit einander zu bereden, u. weißt Du, worauf ich mich gar so sehr freue, wenn wir vereint sind, – das ist: daß wir zwei alles, alles einander sagen, nie einen Schritt unternehmen, den wir nicht gemeinsam beraten haben! Hand in Hand – so gehen wir unseren Weg; gelt, Liebling! Verzeih, da oben ist mir schon wieder ein Klex passiert; ich habe mein Tintenfaß frisch gefüllt, u. da tauche ich nun immer zu tief ein! Ja, u. weißt Du soeben fällt mir ein; wenn Ihr am 20. July bei uns seid, da thue ich dann Dein Bild (resp Deine 2 Bilder) in meinem Schreibtisch aufheben; es würde Deiner Frau Mama doch auffallen, wenn Deine Bilder an so exponierter Stelle auf meinem Schreibtisch stehen – ebenso verstecke ich die reizende Gruppe, welche Du mir s.Z. sandtest, weißt die Hahn- u. Hennengeschichte – es könnte sonst auffallen Deiner Frau Mama! Überhaupt hab ich diese reizende Gruppe immer fein aufgehoben, denn es könnte was passieren dran; ich benütze sie erst, wenn wir vereint sind u. ich den geschnitzten Rauchtisch dazu habe! Gelt, Liebling! Aschenbecher habe ich mir letzthin einen sehr netten für eine Mark gekauft; der kommt auf meinen Schreibtisch dann später! Am 20. July wird er aber benützt! Meine alten 2 Aschenbecher können wir ebenfalls noch benützen im Corridor! O, unser Heim wird nett; was wir brauchen x Küchensachen – kostet 1000 M; nun, wir kaufen uns dann alles im November! Gelt, da gehen wir gemeinsam einkaufen; gelt, Schatzl! Du, höre, wir gehen, dann aber immer Arm in Arm? Gelt, Liebling! Gelt, Bräutchen, diese Bitte erfüllst Du mir! Nicht wahr! Schau, Schatzi, das macht mich so glücklich, wenn ich Dich am Arme führen kann! – Heute nachmittag kommt Braungart zu mir; Schriftsteller; das ist ein sehr netter Mensch, der Dir auch gefallen wird. Ich bedauere nur seine Heirat: eine Jüdin – weißt Du, echt jüdisch mit gräßlichem Exterieur – u. noch dazu so dumm ist die Frau! Mir ist es unbegreiflich, wie dieser feine Mensch solch eine schreckliche Frau sich nehmen konnte! Die Frau ist gesellschaftlich absolut unmöglich! Schade für ihn! O, wenn ich da gegen die Frauen, welche Künstler sich wählen, dann Dich vergleiche – Schatzl, dann werde ich rasend stolz auf Dich! Ja, gewiß sehr, sehr sehr stolz werde ich da auf Dich! Weißt Du – aber – Du kennst mich ja – mit einer anderen Frau könnte ich ja gar nicht leben – das ginge bei meiner Natur nicht!
Nun leb wohl, schreib mir balde, balde wieder langen langen lieben u lieben Brief! Meine Eltern u. Schwester u ich senden Dir, Deiner Frau Mama, Berthel, Fräulein von Faßmann schönste Grüße! Du aber, mein süß Bräutchen, Dir sende ich viele, viele, viele, viele Küßi für Dein Mündchen, Äuglein, Stirne u Wangen, Haar, Händchen! Ich hab’ Dich gar so unendlich, so unendlich, so unendlich lieb u sehne mich so unendlich nach Dir! Gewiß freue ich mich ja so innigst auf 19. July, aber dann gehst Du wieder fort u. läßt mich alleine zurück! Sieh, Schatzl, das ist dann so [dreifach unterstrichen:] schrecklich für mich!
Jetzt sind es ja nur schöne Tage u. kannst Du so viel Ausflüge machen, gelt; schone Dich, hüte Dich vor Erkältungen – ich sorge mich ja so sehr um Dich! Leb wohl, mein Bräutchen, u. bleib mir gut u behalte mich lieb; gelt, Du bist mein u ich bin Dein! Nie, nie, nie läßt Du mich allein – denn ich hab Dich so lieb u. sehnte mich halb zu Tode, wenn Du später nicht immer bei mir wärest! Wenn ich nur ein Mittel wüßte, daß ich früher aufstehen kann – aber so schlaf ich immer bis um 7 Uhr so feste! Weißt Du auch, daß ich Dich so lieb habe? Gelt, Du schenkst mir Dein Herz u. bist mein!
Leb wohl, viel, viel Küßi! Meine heißen Gedanken u Küsse sollen Dich immer umschweben, immer, immer, u Dir stets eindringlichst sagen, daß ich lebe, Dich liebe, mich in solcher Sehnsucht nach Dir verzehre. Gelt, Du denkst an mich, bist mir gut u. schenkst mir Dein Herz. Immer u. immer Dein Max.

Mein Brief an Deine Frau Mama wird gestern abend wohl angekommen sein? Gelt? Leb wohl, viel viel Kußle; es umarmt Dich so heiß Dein Max. u. vergiß nicht, wie ich mich so unendlich sehne, Dich so liebe u. anbete. [vierfach unterstrichen:] Dein Max

2.

%

Object reference

Max Reger to Elsa Reger, München, 30th June 1902, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01004275.html, last check: 14th November 2024.

Information

This is an object entry from the RWA encyclopaedia. Links and references to other objects within the encyclopaedia are currently not all active. These will be successively activated.