München, 7th April 1903
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn
Berlin,
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz,
Musikabteilung,
Mus.ep. Max Reger 142
- Max Reger
Lauterbach & Dr Kuhn
Leipzig
Roßstraße 18 I
Meine sehr verehrten Herren!
Anbei sende ich an Sie als eingeschriebenen den größten […]
sendet mit eingeschriebenen Geschäftspapier am selben Tag den größten Teil der Korrekturen der Bearbeitung der Bachkantate Nr. 1 »Es ist das Heil uns kommen her« BWV 9 (B-H2) und das Manuskript des Arrangements für Klavier zu zwei Händen von Bachs »Präludium und Fuge Es-Dur« BWV 552 (Bach-B7) (vgl. Postbucheintrag)
- Präludium und Fuge Es-dur BWV 552 Bach-B7
- Kantate “Wer nur den lieben Gott lässt walten” BWV 93 Bach-H1
- Kantate “Es ist das Heil uns kommen her” BWV 9 Bach-H2
- Oratorium
- Ten Pieces op. 69
- Gesang der Verklärten op. 71
- Seventeen Songs op. 70
- Quintett c-Moll op. 64
Max Reger, Briefe an die Verleger Lauterbach & Kuhn. Teil 1 [1902–05], hrsg. von Susanne Popp, Bonn 1993 (= Veröffentlichungen des Max-Reger-Instituts, Bd. 12), S. 123–126
1.
München, Wörthstr. 20I
7. April 1903.
Meine sehr verehrten Herren!
Anbei sende ich an Sie als eingeschrieben den größten Theil der Korrekturen der Bachcantate No 1 [RWV Bach-H1]; der Rest folgt morgen sicher! In der heutigen Rolle finden Sie ein Arrangement für Klavier 2 händig von Bach Präludium u. Fuge zu 2 Händen (Original ist Orgel) [RWV Bach-B7] Ich bitte Sie sehr, das Arrangement sofort in Druck zu geben, da Herr Lütschg die Bearbeitung baldmöglichst braucht, da er es für nächste Saison aufs Repertoire nimmt! Gelt, also umgehend in Stich geben!
Als Honorar bitte mir 100 M (Einhundert Mark) gut zu schreiben – mit welchem Honorar Sie gewiß einverstanden sein werden!
Meine Karte, die ich gestern an Sie sandte, u. ich Ihnen meine Adresse: M. R. in Schneewinkl-Lehn bei Berchtesgaden, Oberbayern, mittheilte, werden Sie wohl erhalten haben; wir fahren Morgen Mittwoch früh dorthin! Ich nehme an Arbeit mit: die Korrekturen der Orgelstücke op 69 u. der Lieder op 70, welcher beiden Werke Korrekturen ich Ihnen dann in 14 Tagen spätestens senden werde; das ist meine Arbeit in den Osterferien, welche gründlichst erledigt wird.
An meinem „Chor der Verklärten“ [op. 71] arbeite ich fleißigst; ich glaube sagen zu dürfen, daß die Sache sehr gut wird. Sie erhalten die Partitur u. Klavierauszug sehr balde!
Apropos: Arbeitet Freund Straube nun fleißig an dem bewußten Artikel für die „Musik“! Er hat mir doch mehreremale fest versprochen, daß er den Aufsatz gerne während der Osterferien schreiben würde. Also, haben Sie bitte die Freundlichkeit, reden Sie dringendst mit Freund Straube! Nicht vergessen!
Gott sei Dank; hier mehren sich die Anzeichen, daß ich nicht komponiere weil ich die ungeheure Technik habe, wie so die Kritik oft zu sagen beliebt! Es ist geradezu zum Kranklachen, wenn man, wie ich von Herrn Max Arend z.B. oder Herrn Arthur Smolians Kompositionen durch genaue Kenntnis weiß, daß diese beiden Herren geradezu erbärmliche Kenntnisse haben als Musiker, dann liest, was diese Herren über mich schreiben! Weil sie diesen oder jenen Accord nicht begreifen d.h. weil sie viel zu wenig eben gelernt haben, deshalb kann meine Musik nur meiner Technik entsprungen sein! Das ist eine Logik, die das Ausstellen wert ist; aber solche Urtheile heb’ ich mir auf, damit man die Herren in hoffentlich recht baldiger Zeit recht gründlichst blamieren kann! Apropos: a discretion: Herr Zschorlich arbeitet an 2 Artikeln betreffend das Verhalten der Berliner Kritik gegen mich u. sollen beide Artikel in möglichst viele Zeitungen kommen!
Ganz recht; möglichst viel muß geschrieben werden!
Apropos: Wann erscheinen die Choralvorspiele op 67?
Nun noch eine Sache: Die Liederabende mit Hess hatten
1310 M Defizit, dazu
150 M Beitrag zu Liederabend Dessoir
1460.
Wie Sie wissen – u. wie Sie auch einverstanden waren, habe ich mich verpflichtet 150 M zum Liederabend Bergen am 3. März zu geben; haben Sie bitte die Güte, die 150 M zu senden an Herrn Bergen, München, Hirtenstraße 10. Also wären es
1310
150 Dessoir
150 Bergen
1610 M.
Diese 1610 M sind dann in 4 Jahren (à 400 M) abbezahlt u. danke ich ganz allerwärmstens für Ihre große, große Gefälligkeit, die 1610 M einstweilen für mich ausgelegt zu haben. Viel schönsten Dank für Sendung der 150 M an Herrn Bergen im Voraus.
Was ist’s? Haben Sie mit Herrn Straube nun gesprochen, wegen der Bach-orgelausgabe? Ist nicht möglich, es zu machen, daß selbe bei Ihnen erscheint?
Mein Quintett [op. 64] fängt an zu sitzen; zuerst haben die Herren geflucht natürlich — nun, da sie die Sache zu begreifen beginnen – nun sind sie Feuer und Flamme für das Werk; schimpfen mörderlich auf Schillings, Thuille, die nie so was zu schreiben vermöchten! Ich finde dieses Schimpfen in infinito gar nicht schön! Aber wo ist noble Gesinnung unter Musikern zu finden??? Leider sehr selten!
Bitte entschuldigen Sie freundlichst meine Schrift; allein wir sind mitten in den Reisevorbereitungen begriffen – also muß es sehr schnell gehen!
Bitte, theilen Sie mir mit, wann Herrn Straubes Hochzeit ist!
Wir müssen auf einige Tage fort; ich habe in der letzten Zeit zu sehr, zu sehr angestrengt gearbeitet, mir nicht die geringste Erholung gegönnt u. die Korrekturen von op 69 u. 70 müssen nun doch auch gemacht werden. Deshalb nehme ich sie mit!
Braungart war gestern hier, theilte mir Plan eines Oratoriums mit (einen ganzen Abend füllend) [RWV Anhang B9] Die Idee ist einfach grandios, noch nie dagewesen; der Plan ist von eminenter dramatischer Wirksamkeit; Und dafür, daß dieser Text in jeder Beziehung vollendet wird, dafür bürgt der Braungart; ich habe noch keinen Schriftsteller kennen gelernt, der so selbstkritisch ist! Ich bin aufs äußerste gespannt, wie die Sache sich macht, wenn Braungart ganz fertig ist; denn der Stoff ist absolut neu! Sie dürfen ebenfalls auf diese Sache aufs Höchste gespannt sein; der Stoff ist meiner ganzen Natur, wie „auf den Leib geschrieben“.
Mein „Gesang der Verklärten“ [op. 71] macht mir unendlich viel Freude; der Stoff ist auch da für mich so passend; ich hoffe zuversichtlich, damit Ihnen ein Werk geschaffen zu haben, das sich alle Concertsäle erobert!
Nun adieu! Bitte, beantworten Sie mir alle Angelegenheiten dieses Briefes recht genau! Empfangen Sie beide, meine sehr verehrten Herren, Frau Lauterbach, Herren Straube u. Oberamtsrichter Kunze
die herzlichsten, besten Grüße von meiner Frau u. mir
Ihr allzeit treuest ergebenster
Max Reger.
Auf Ihr Buch über Hugo Wolf freue ich mich sehr; morgen folgt der Rest der Korrekturen der 1. Bachcantate [RWV Bach-H1]! Manuskript der 2. Bachcantate [RWV Bach-H2] folgt sicher anfangs Mai; die 2. Bachcantate haben Sie schon honoriert! Nun schreiben Sie mir bitte recht balde ausführlich auf diesen Brief! Schönste, beste Grüße!
Object reference
Max Reger to Carl Lauterbach und Max Kuhn, Lauterbach & Kuhn, München, 7th April 1903, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01005286.html, last check: 21st November 2024.
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