München, 4.–12. December 1901

Max Reger und Philomena Katharina Reger to Adalbert Lindner

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Letter
Date
4.–12. December 1901 (source)
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München
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Incipit
Lieber Freund!
 Deinen Entschuldigungsbrief betreff Nichtkommen zum Orgelkonzert […]

Regesta
(erster Briefteil): akzeptiert - wenn auch bedauernd - Lindners Fernbleiben beim Orgelkonzert Karl Straubes [mit Werken von Reger am 9. 11. 1901] • gibt humorvolle Ratschläge den Weidener Liederkranz betreffend (zweiter Briefteil): erzählt, pro Abend zwei Konzerte zu besuchen • informiert darüber, dass die »Tantum ergo‘s« [Leicht ausführbare Kompositionen für verschiedene Vokalbesetzungen a cappella oder mit Orgelbegleitung op. 61] bei Siegel‘s Musikalienhandlung erscheinen werden • berichtet, dass wegen der Nervenkrankheit Otto Spitzwegs das Werk nicht rechtzeitig bei Jos. Aibl erscheinen konnte • kündigt ferner das Erscheinen der Orgelsonate d-Moll op. 60 und von Orgelstücken »à la op 59« [Monologe op. 63] bei Leuckart an • informiert darüber, mit den Verlagen André, Siegel, Ries u. Erler, Peters schon wegen einiger Stücke Kontakt zu haben • will - wegen seines gestiegenen Marktwerts - Spitzweg in Zukunft mehr zahlen lassen • listet Termine weiterer Reger-Konzerte auf • schwärmt von seinen Freunden Schillings, Hausegger und Braungart • wundert sich über die guten Kritiken von Göring und weist auf Kritik von Martin Krause in der Zeitschrift Die Musikwosche Nr. 44 hin • bittet um Liste der von ihm in der Stuttgarter Musikzeitung erschienenen Werke • erbittet Adressen von diversen Zeitungen • kündigt für Januar Komposition eines Werkes »für großes Orchester« an Zusatz Mina: erzählt kleinere Geschichten aus dem Münchner Alltag, u.a. auch von dem Schüler [Ernst] Boehe
Remarks

die Lcicht ausführbare Kompositionen für verschiedene Vokalbesetzungen a cappella oder mit Orgelbegleitung op. 61 erschienen im April 1902 bei Siegel, die Zwölf Stücke op. 59 schließlich im September 1901 bei Peters (nicht bei Leuckart), dieOrgelsonate d-moll op. 60 erschien im März 1902 bei Leuckart; das angekündigte Werk »für großes Orchester« könnte die - letztlich unvollendet gebliebene - Symphonie d-moll Wo0 I/8 sein

Referenced works

Publications

1.

München, Wörthstr. 35 I.
4. Dec. 1901

2.

Lieber Freund!
Deinen Entschuldigungsbrief betreff Nichtkommen zum Orgelkonzert habe ich erhalten; die Sache war schon recht unangenehm, daß es so kommen mußte; allein es war wohl nicht anders zu machen. Es war sehr scharf, daß Du nicht hier warst.
Wegen Abendreihe – na, na, so ’ne Frage! Lieber zu lebhaft als schleppen. Ist der Liederkranz etwa in stiller Auflösung begriffen? Aber wenn eben nichtpragmatische Musik so schlecht klingt, daß es pragmatische Ohren schlecht vertragen können, so schlage ich vor einen bürgerlichen u. einen pragmatischen Liederkranz zu gründen. Es wird sich sicher unter den pragmatischen Herren einer finden, der mal auf der Münchner Trambahn mit einem fuhr, der einen Vetter hatte, dessen Schwager in Ochsenfurt mal der großen Trommel aus Versehen im Rausch das Fell „einfiel“, u. infolgedessen muß doch dann der betreffende Dirigent des pragmatischen Gesangvereins ganz ausgezeichnete Vorbildung zum Leiter eines Gesangvereins haben. Man suche in Weiden nur nach u. wird gewiß solche Persönlichkeit finden!
Nun ist der 12. Dezember geworden – u ich komme erst zum Weiterschreiben; es sind ja jeden Abend fast 2 Concerte, u. da ich alle besuche, so komme ich wenig zur Erledigung von Correspondenz! Also die Tantum ergo’s etc. etc. werden als op 61 bei C.F.W. Siegel’s Musikalienhandlung (R. Linnemann) Leipzig, Dörrienstr. 13 erscheinen; da Eugen Spitzweg auf immer krank ist, vor ¼ Jahr nicht daran zu denken ist, daß er gesund wird, so hätte die Sache zu lange gedauert, bis die Tantum’s erschienen wären, denn Otto Spitzweg getraut sich allein nichts zu kaufen, da sein Bruder derartig nervenkrank ist, daß er zum Geschäfte nicht mehr zu brauchen ist! Meine Orgelsonate op 60 D moll wird bei Leuckart erscheinen, bei dem auch dann kleinere Stücke à la op 59 herauskommen! [Opus 63]
Leuckart hat vor ein paar Tagen gelesen in Urania, daß ich Orgelconcert [WoO I/7] schreibe – heute fragt er drum schon an; mit André in Offenbach (sehr reicher Verlag) ist ebenfalls angeknüpft; Siegel (R. Linnemann) will mehr haben; Ries u. Erler in Berlin sind auch so mit einer eigentümlichen Anfrage gekommen; sie wollten mein op 55 zur Ansicht haben (auf die Kritik in Leßmann No 49!) (die Du ja gelesen hast). Peters nimmt sicher wieder was Größeres! Bis dann Eugen Spitzweg wieder gesund ist – bis dorthin – nun muß er mehr zahlen – ich bitte das alles à discretion – aber bitte auch wirklich den Schnabel halten!
Im Januar (4.) singt Ludwig Hess mit meiner Begleitung u.a. 5-6 Lieder von mir; im Januar machen Loritz u. ich einen Boehe-Reger-Liederabend; Boehe ist sehr begabt; u. im März (1902) ist ein Abend, an dem Loritz je 6 Lieder von Schillings, Hausegger u. mir singt u. jeder der 3 Komponisten seine Lieder selbst begleitet! (Die Idee stammt von mir; ist doch famos!) Außerdem spiele ich meine Klarinettensonate bei Hösl’s Kammermusikabend. Eventuell gibt die famose Kölner Pianistin H. Schelle noch einen Klavierabend mit Brahms, Reger u. Liszt! Ausgehauen d.h. in Marmor werde ich auch schon d.h. ein Bildhauer hat mir angeboten meine Büste zu machen, die er dann in der Kunstausstellung aufstellen will! Kostet mich gar nichts!
Schillings, Hausegger, Braungart sind Prachtmenschen – ist so mein hauptsächlichster Verkehr neben Loritz! Ich wundere mich oft selbst, daß Dr. Goering sich so famos zu meinen Sachen stellt! Denn er ist sehr kritisch! Hast Du die Kritik von Martin Krause in Musikwoche über den Regerorgelabend gelesen? Steht in No 44! [Rezension]
Nun bitte: 1.) mir mitzutheilen was die Stuttgarter Musikzeitung im letzten Quartal von mir an Musik veröffentlichte; bitte Seitenzahl genau spezifizieren!
2.) sehr wichtig: die Namen der Redakteure von der bayerischen Lehrerzeitung, der katholischen Volkszeitung, der sämtlichen Redakteure der Schulblätter für die 8 Kreise (oder heißt’s Schulanzeiger!) Bitte überall Adresse! Ich muß das alles bis 10. Januar wissen, damit er wegen der Tantum’s genügend Radau gemacht werden kann! Mit Widmann u. Haberl setze ich mich selbst in Verbindung!
Wie geht’s immer in Weiden? Hoffentlich seid Ihr alle wohl!
Ich werde nun im Januar für großes Orchester schreiben [WoO I/8]! Es gibt immer was zu thun, dazu eine Masse Besuche, die zu mir kommen. Nun bitte ich Dich nochmals die 2 „Bitten“ mir sicher bis 10. Januar genauestens mitzutheilen! ich muß die sämtlichen Adressen sehr genau haben!

Nun leb wohl, feiere schön Weihnachten u. mit besten Grüßen an Dich, die Deinigen u. Gollwitzer,
Ogg Dein
Max Reger.

Ich lasse etwas Raum, damit Mama weiter schreiben kann. [folgt Zusatz von Philomena Reger]

Object reference

Max Reger und Philomena Katharina Reger to Adalbert Lindner, München, 4.–12. December 1901, in: Reger-Werkausgabe, www.reger-werkausgabe.de/mri_postObj_01007750.html, version 3.1.0-rc3, 20th December 2024.

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